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      Mit Vollgas in den „Sozialstaat”

      Die FDP hat kurz vor ihrem Bundesparteitag in Berlin einen Zwölf-Punkte-Plan veröffentlicht. Dieser möchte die letzten Reste des Sozialstaates zerlegen und sorgt für rege Diskussionen innerhalb der Ampelregierung. Letztlich üben sich jedoch alle Parteien in Angriffen auf unseren Lebensstandard. – Ein Kommentar von Rudolf Routhier

      Noch vor dem Start ihres 75. Bundesparteitags in Berlin hat die FDP mit ihrem Zwölf-Punkte-Plan einen neuen Vorschlag für einen weiteren Abbau des Sozialstaats entwickelt. Am 22. April wurde der Plan „zur Beschleunigung der Wirtschaftswende“ vom Präsidium der Partei beschlossen.

      Der Zwölf-Punkte-Plan strebt unter dem Deckmantel von Bürokratieabbau einen weiteren Abbau des Sozialstaats im Sinne der Konzerne an. Zentrales Thema ist dabei unter anderem das Bürgergeld. Dieses angeblich fortschrittliche Vorzeigeprojekt der Ampelregierung sollte das sogenannte „Hartz IV“-Modell ablösen, blieb allerdings weit hinter allen Erwartungen zurück.

      Die FDP fordert darüber hinaus weiterhin stärkere Sanktionen für Empfänger:innen von Arbeitslosengeldern. Damit steht sie jedoch nicht allein da: Ähnliches wurde schon von der CDU und selbst innerhalb der Ampelregierung vorgeschlagen.

      Deutschland – Land der (unbezahlten) Überstunden

      Eine weitere Forderung ist das Ende der Rente mit 63 Jahren. Statt nach jahrzehntelanger Arbeit in Ruhestand gehen zu können möchte die FDP, dass „finanzielle Anreize“ geschaffen werden: aus Rentner:innen soll also auch noch das letzte bisschen Profit herausgequetscht werden. Insbesondere Menschen, die körperlich anspruchsvolle Arbeit verrichten und häufig früher in Rente gehen müssen, sollen so künftig benachteiligt werden.

      Auch sollen Arbeiter:innen durch steuerliche Vorteile zu vermehrten Überstunden animiert werden. Doch schon jetzt ist Deutschland ein Land der überbordenden Überstunden: Laut Angaben des Instituts für Arbeitsmarkt und Berufsforschung wurden im vergangenen Jahr rund 1,3 Milliarden Überstunden akkumuliert, was bedeutet, dass jede:r Beschäftigte durchschnittlich 31 Stunden mehr arbeitete, als in seinem Arbeitsvertrag festgelegt war. Alarmierend ist dabei, dass etwa 40 Prozent dieser Überstunden unbezahlt blieben. Darüber hinaus warnen Experten eindringlich vor den gesundheitlichen Risiken, die mit übermäßiger Mehrarbeit einhergehen können.

      Neben diesen Forderungen enthält der Plan der FDP auch die Abschaffung des Lieferkettengesetzes, das für sichere Arbeitsbedingungen entlang der Lieferketten deutscher Unternehmen sorgen soll. Das Gesetz ist zwar bereits in seiner jetzigen Form kaum mehr als heiße Luft. Aber selbst ein leeres Versprechen der deutschen Politik für guten Arbeitsschutz geht der FDP scheinbar schon zu weit.

      Politik für oben statt für unten

      Der Plan der FDP ist somit besonders in seiner Aggressivität auffällig. Jedoch sollte bei aller berechtigten Kritik nicht vergessen werden, dass zentrale Forderungen des Programms – wie die schärferen Sanktionen beim Bürgergeld – so auch schon von den anderen Parteien gefordert wurden.

      Beim Bürgergeld drohen noch mehr Sanktionen

      Eine Alternative zur FDP stellen die anderen Parteien der Bundesregierung somit nicht dar. Letztendlich geht es auch ihnen um die Interessen der Konzerne – geeint sind sie in einer Politik der zunehmenden Angriffe auf den Lebensstandard der Arbeiter:innenklasse. Der Zwölf-Punkte-Plan der FDP unterscheidet sich in der Hinsicht lediglich dadurch, dass er diesen Umstand besonders offensiv ausspricht.

      • Perspektive-Autor seit Sommer 2022. Schwerpunkte sind rechter Terror und die Revolution in Rojava. Kommt aus dem Ruhrpott und ließt gerne über die Geschichte der internationalen Arbeiter:innenbewegung.

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