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    Lieferdienst Flink: Profite steigern durch mehr Arbeit auf weniger Schultern

    Wir alle erleben derzeit eine der tiefsten ökonomischen Krisen und Verwerfungen seit Langem. Nach einer ausgedehnten Phase der Niedrig- oder Nullzinspolitik haben jetzt die großen Zentralbanken in Amerika und der EU die Zinsen wieder angehoben. Das Geld, das bisher so billig war und mit dem die Banken und Spekulant:innen nur so um sich werfen konnten, wird jetzt teurer, und der Kredit zieht sich zusammen. Je höher der Flug, desto tiefer der Fall. Das lässt sich gerade beim deutschen Lieferdienst-Start-up Flink beispielhaft beobachten.

    Nachdem einige Finanzspritzen das Unternehmen bisher am Leben erhalten und große Monopole wie Deliveryhero, Carrefour und Rewe Anteile erworben haben, muss Flink nun erneut um Geld und damit auch seine Existenz bangen. Laut dem Manager Magazin geht die aktuelle Finanzierungsrunde mit einem erheblichen Rückgang bei der Belegschaft einher: Im letzten Jahr sollen rund 8.000 Mitarbeiter:innen gegangen sein. Das entspricht etwa 40% der Belegschaft, die damit von 21.000 auf nur noch 13.000 geschrumpft sein soll.

    Es ist klar, dass für diese Menschen, die nun in einer Zeit von Rekord-Inflation und Massenentlassungen arbeitslos sind, der Höhenflug nur ein leeres Versprechen war. Und für die verbliebenen Mitarbeiter:innen bedeuten die Massenentlassungen einen rasanten Anstieg der Arbeitsbelastung.

    Ein Lieferant von Flink in einer Großstadt Nordrhein-Westfalens berichtete Perspektive schon häufiger von den Umstrukturierungen, die sich bei Flink vollzogen bzw. gerade vollziehen:

    Zum einen wird die App, die die Fahrradkuriere auf ihren privaten Handys installieren müssen, um arbeiten zu können, ständig aktualisiert. Mit einem der jüngsten Updates wurde z.B. eingeführt, dass die Lieferaufträge nicht mehr eigenständig durch die Fahrer:innen aufgenommen werden können, sondern dass das Computersystem die Aufträge automatisch zuteilt. Das führt dazu, dass die Fahrer:innen unmittelbar nach der Rückkehr von der letzten Lieferung eine neue Lieferung zugewiesen bekommen. Es gibt also keine Pausen mehr zwischen den Lieferungen, die eine folgt auf die nächste.

    “Man erkennt sehr schnell, dass an allen Ecken und Enden gespart wird.” – Ein Interview über die Arbeitsbedingungen bei Flink

    Uns wurde berichtet, dass in der Stadt teilweise nur eine oder zwei Fahrer:innen für die Spätschicht in den letzten Stunden des Arbeitstages eingeteilt sind. Das führt dann automatisch dazu, dass die wenigen Lieferant:innen bis tief in die Nacht durch die Stadt gehetzt werden. Mit genügend Mitarbeitenden wäre ein geregelter Ladenschluss durchaus machbar, dann müsste der Konzern aber mehr Löhne zahlen.

    Die Lieferdienste sind ein gutes Beispiel für unser kaputtes Wirtschaftssystem. Sie widerlegen die Lüge, der Kapitalismus fördere Innovation und Erfindergeist. Bei Flink haben wir es am Beispiel mit einem Unternehmen zu tun, das Leute auf Fahrrädern durch die Gegend schickt, um Waren an Kund:innen zu liefern.

    Es mag sein, dass es einen großen Markt für diesen Service gibt – schließlich ist es bequemer und einfacher, zu bestellen als selbst einkaufen zu gehen. Das Geschäftsmodell von Flink und vielen anderen dieser „hippen“ Start-ups beruht jedoch einzig und allein auf der Verdrängung anderer Unternehmen im gleichen Markt, auf dem Aufbau einer Monopolstellung und auf Deals mit großen Unternehmen wie Rewe.

    Ebenso wenig innovativ ist es, die Zahl der Mitarbeitenden massiv zu senken und die Last auf die Übrigen zu verteilen. Für das Streben nach Maximal-Profit werden tausende Menschen auf die Straße gesetzt, während die übrigen Lieferant:innen unter miserablen Bedingungen, ohne vollständige Schutzkleidung oder mit kaputten Bremsen und defekter Beleuchtung durch die Stadt hetzen müssen. Es ist an der Zeit, dass sich die Menschen zusammenschließen – für ein Wirtschaftssystem, das nicht der Profitmaximierung dient, sondern den Bedürfnissen der Mehrheit.

    • Schreibt seit 2019 für Perspektive-Online. Lebt im Bergischen Land und arbeitet als Informatiker. Seine Kommentare handeln oft von korrupten Eliten und dem deutschen Imperialismus. Lieblingszitat: „Wenn der Mensch von den Umständen gebildet wird, so muss man die Umstände menschlich bilden. “ (F. Engels)

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