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    Studie: Missliche Lage für ungewollt Schwangere in Deutschland

    In Deutschland herrschen große Defizite beim Umgang mit ungewollt Schwangeren vor. Probleme existieren besonders in der Versorgung und Betreuung. Doch auch in anderen Ländern werden erkämpfte Rechte wieder abgeschafft.

    Am Mittwoch, den 10. April, wurden die Ergebnisse des Projekts „Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer“ (ELSA) veröffentlicht. Diese zeigen erhebliche Mängel in der Versorgung ungewollt Schwangerer in Deutschland auf. Insbesondere die Bereiche Versorgung und Information sind betroffen. Gefördert wird das von sechs Universitäten durchgeführte Projekt vom Bund.

    Grundsätzlich sind Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland nach §218 des Strafgesetzbuchs mit Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren strafbar, für die schwangere Person selbst mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr. Unter bestimmten Voraussetzungen bleibt der Eingriff jedoch straffrei: Demnach muss ein vorheriges Beratungsgespräch stattgefunden haben, der Eingriff durch Ärzt:innen erfolgen und seit der Empfängnis dürfen nicht mehr als zwölf Wochen vergangen sein.

    Aus diesen Voraussetzungen ergibt sich, dass die schwangere Person – die sich ohnehin in einer Ausnahmesituation befindet – zusätzlich noch unter Zeitdruck steht, in dem kurzen Zeitraum alle notwendigen Termine – von der Feststellung der Schwangerschaft über Beratungspflicht bis zur Abtreibung selbst – zu organisieren und wahrzunehmen. Dem voraus und einher geht die Information über all dies, die regelmäßig in Eigenregie geleistet werden muss.

    Erschreckende Ergebnisse der Studie

    Laut der ELSA-Studie leiden sechs von zehn Frauen darunter, dass die Informationen nicht einfach so zur Verfügung stehen. In den südlichen Bundesländern, Bayern und Baden-Württemberg ist dieser Mangel erheblicher als in den Stadtstaaten. Mehr als vier von zehn Frauen mussten mehr als eine Klinik anrufen, um einen Termin für einen Schwangerschaftsabbruch zu erhalten.

    Neben der direkten medizinischen Versorgung fehlen Angebote für eine umfassende Nachsorge: Psychische Folgen und Stigmatisierung belasten die Betroffenen über den eigentlichen Abbruch hinaus weiter. Zwar wurde schon im Bundestag über ein Verbot der sogenannten „Gehweg-Demonstrationen” vor Beratungsstellen diskutiert, zum jetzigen Zeitpunkt versammeln sich jedoch weiter – noch ganz legal – konservative Abtreibungsgegner:innen und belasten die Schwangeren zusätzlich.

    Weltweite Verschärfung des Schwangerschaftsrechts

    Jedoch sind nicht nur in Deutschland die Umstände eines Schwangerschaftsabbruchs belastend: Im Nachbarland Polen ist die Abtreibung nur nach einer Vergewaltigung oder einem Inzest überhaupt straffrei. Selbst bei schweren Fehlbildungen darf dort nicht abgetrieben werden. In der Folge der verschärften Reglungen sind in den vergangenen Jahren mehrfach Frauen gestorben, weil die Kliniken trotz Komplikationen den Schwangerschaftsabbruch nicht durchführen wollten.

    Erst diesen Monat legte der neue polnische Präsident Duda sein Veto gegen ein Gesetz ein, das die „Pille danach“ für Minderjährige rezeptfrei erlaubt hätte. Zwar hat die neue Regierung progressive Änderungen in dem Gebiet versprochen, die drei Koalitionspartner finden jedoch nun schon seit Monaten keine Einigung – zulasten der betroffenen Frauen.

    Arizona: Gesetze aus dem Jahr 1864

    Ähnlich düster sieht es in Teilen der USA aus: So hatte das Oberste Gericht des südwestlichen Bundesstaates Arizona entschieden, dass ein Gesetz aus dem Jahr 1864 mit Reglungen über den Schwangerschaftsabbruch wieder in Kraft tritt. 1864 hatten Frauen in Arizona kein Wahlrecht, und es tobte ein Bürgerkrieg um die Frage der Sklaverei im Land. Wenig überraschend verbietet das rückständige Gesetz Schwangerschaftsabbrüche vollumfänglich, solange nicht das Leben der Frau in Gefahr ist – sogar bei Vergewaltigung oder Inzest.

    Seit dem Urteil des amerikanischen Verfassungsgerichts 2022 sind Abtreibungen mittlerweile in 16 der 50 Bundesstaaten wieder illegalisiert worden. Frauen müssen erhebliche Wege und strafrechtliche Verfolgung auf sich nehmen, um ihr Recht auf Abtreibung einzufordern. Teilweise werden in manchen US-Staaten sogar Uber-Fahrer:innen, die Schwangere aus besagten Gründen für den Eingriff in andere Bundesstaaten bringen, wegen Beihilfe zur Abtreibung bestraft. Bis zu dem Urteil galt Arizona noch als ein Zufluchtsort für Schwangere aus umliegenden Bundesstaaten.

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