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      Die USA erwägen, das Abfeuern von US-Waffen auf Russland zu erlauben

      Auch wenn die USA einer der wichtigsten Waffenlieferanten an die Ukraine sind, galt bislang eine rote Linie – das ukrainische Militär darf amerikanische Waffen nicht auf russisches Gebiet schießen. Doch nun will Außenminister Blinken laut offiziellen Stimmen diese rote Linie aufweichen. Im Zuge der russischen Offensive auf Charkiw werden Rufe nach Eskalation auch in anderen NATO-Staaten lauter.

      Russlands Offensive auf Charkiw

      Vor etwa zwei Wochen begann der russische Staat seine Offensive auf Charkiw. Charkiw liegt im Nordosten der Ukraine und ist mit seinen 1,5 Millionen Einwohner:innen nicht nur eine große Metropole, sondern auch ein wichtiges (militärisches) Industriezentrum. Schnell konnte das russische Militär bereits erste Geländegewinne erzielen. Am 23. Mai wurden durch die russischen Angriffe auf die Stadt mindestens vier Menschen getötet, zumindest laut Angaben des Militärgouverneurs von Charkiw.

      Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nahm dies zum Anlass, erneute Waffenlieferungen von seinen westlichen Verbündeten zu fordern. Er betonte dabei den derzeitigen Mangel an effektiver Flugabwehr. Auch einige westliche bürgerliche Kommentator:innen sehen die militärische Lage der Ukraine zunehmend pessimistisch und die Waffenlieferungen der NATO-Staaten als von Anfang an unzureichend.

      Westliche Waffenlieferungen für Angriffe auf Russland

      Seit Beginn des Krieges im Februar 2022 gehören die USA zu den stärksten Waffenlieferanten an die Ukraine. Eine vom US-Präsident Joe Biden gezogene rote Linie wurde dabei bisher jedoch nie überschritten: die Ukraine dürfe die gesendeten Waffen nicht in russisches Territorium schießen.

      Laut einem Bericht der New York Times könnte diese Linie allerdings bald überschritten werden. Nach einem Besuch von US-Außenminister Antony Blinken in Kiew soll dessen Ministerium nun an einem Vorschlag arbeiten, der Ukraine das Beschießen russische Raketen- und Artillerieabschussplätze knapp hinter der Grenze zu erlauben. Dies wurde der Times von in den Verhandlungen involvierten Beamt:innen bestätigt. Diese geben die Charkiw-Offensive als einen motivierenden Faktor an, da die Ukraine dieser bisher nur in geringem Ausmaß und mit nicht-amerikanischen Drohnen und Waffen entgegnen konnte.

      Der Vorschlag wurde Biden bisher noch nicht vorgelegt, und auch das Außenministerium äußert sich bislang nicht. Allerdings deuteten einige vage Anmerkungen des US-Kriegsministers Lloyd Austin darauf hin, dass das Verbot von Angriffen auf russisches Territorium im Falle russischer Bomberflugzeuge aufgeweicht werden könnte: „die Dynamik ist etwas anders, was Luftangriffe angeht“. Das Vereinigte Königreich hingegen, ebenfalls ein NATO-Staat und Waffenlieferant an die Ukraine, hat seine eigenen Restriktionen bereits aufgegeben. Ihre „Storm Shadow“-Marschflugkörper dürfen nun zum Beschuss russischen Gebiets verwendet werden. Des Weiteren behauptet das britische Verteidigungsministerium, über Beweise für chinesische Waffenlieferungen an Russland zu  verfügen.

      Wie kriegsbereit sind die NATO-Staaten und ihre herrschenden Klassen?

      Ob Biden möglichen Angriffen auf russisches Gebiet zuzustimmen wird, bleibt abzuwarten, sei er doch laut den befragten Beamt:innen in der Vergangenheit eher „vorsichtig“ gewesen, was eine Eskalation des Konfliktes anbelangt. Nicht alle Teile der amerikanischen herrschenden Klasse sind sich über das Maß der Eskalation im Ukrainekrieg einig. Manche plädieren dafür, sich stattdessen auf einen militärischen Konflikt mit China zu konzentrieren.

      Die USA haben bisher auch abgelehnt, ukrainische Truppen innerhalb der Ukraine auszubilden. Sollten nämlich Ausbildende dort von Russland angegriffen werden, wären die USA eventuell genötigt, sich direkter in den Krieg zu involvieren. Allerdings bezeichnete der Vorsitzende des „Vereinigten Generalstabs” – ein militärisches Beratungsgremium für den US-Präsidenten und das Verteidigungsministerium – die Ausbildung von Truppen innerhalb der Ukraine als unausweichlich.

      Auch der französische Präsident Emmanuel Macron plädierte mehrmals, das Senden von NATO-Truppen in die Ukraine nicht auszuschließen. Ähnliche Rufe kommen aus Estland und Litauen. Auch der deutsche Imperialismus wird nicht kriegsmüde: So meldete der deutsche Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) einen Mehrbedarf von 3,8 Milliarden Euro für Militärhilfe an die Ukraine an. Zwar wurden für dieses Jahr bereits 7,1 Milliarden Euro bewilligt. Die Gelder wurden seitdem jedoch bereits ausgegeben oder verplant.

      Imperialistischer Stellvertreterkrieg in der Ukraine

      Die steigende Eskalation der NATO-Staaten dürfte darin begründet sein, dass sich davon eine Eindämmung oder sogar das Aufhalten des russischen Vormarschs erhofft wird. Kritische Stimmen merken jedoch an, dass die steigende Kriegsbereitschaft nicht im tatsächlichen Interesse der Ukrainer:innen steht. Stattdessen sei der Ukraine-Konflikt ein Stellvertreterkrieg zwischen zwei imperialistischen Mächten – Russlands und der NATO. Beide sehen die Ukraine dabei als Schlüsselstaat für die Durchsetzung ihrer eigenen ökonomischen und geostrategischen Interessen.

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