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    Wohnungskrise: Firmen bauen keine Sozialwohnungen mehr

    Die Krise auf dem deutschen Wohnungsmarkt spitzt sich weiter zu. Trotz hoch gesteckter Ziele der Bundesregierung werden zu wenig neue Wohnungen gebaut. Dies betrifft vor allem Sozialwohnungen. Kapitalvertreter:innen beklagen, dass diese zu wenig Rendite abwerfen würden.

    Die Bundesregierung hatte sich bei ihrem Antritt 2021 hohe Ziele für den Wohnungsbau gesteckt: Unter der Ampel sollten jedes Jahr 400.000 neue Wohnungen entstehen, 100.000 davon sollten sozial gefördert sein.

    Von diesen Zielen ist die Regierung jedoch inzwischen meilenweit entfernt: So wurden laut dem Statistischen Bundesamt im Jahr 2023 gerade einmal 294.000 neue Wohnungen gebaut – und damit nochmals weniger als im Jahr zuvor. Grund dafür war vor allem eine massive Krise im Bau- und Immobiliensektor, die sich bereits Anfang vergangenen Jahres in einem Beinahe-Crash auf dem Markt für Immobilienkredite angekündigt hatte.

    Bankenkrise: Platzt als nächstes eine Immobilienblase?

    Angesichts jahrelanger Nullzinsen waren bis etwa 2019/20 riesige Mengen an Kapital in Immobilien geflossen. Danach sorgte das Zusammenwirken von steigenden Zinsen, teurem Bauland und massiv gestiegenen Materialpreisen für ein böses Erwachen in der Baubranche, bei den Wohnungskonzernen und den sie finanzierenden Banken. Im November letzten Jahres wurde gemeldet, dass der Bau von Wohnungen um 30 Prozent eingebrochen war. Im Januar sprachen Vertreter:innen der Bauindustrie gar von einem drohenden Abbau von 10.000 Arbeitsplätzen in der Branche — dem ersten seit der großen Wirtschaftskrise von 2008/09.

    Zahl der Sozialwohnungen seit langem rückläufig

    Wie das Handelsblatt jetzt berichtet, ist auch der Bau staatlich geförderter Wohnungen für sozial benachteiligte Gruppen inzwischen mancherorts zum Erliegen gekommen. 2023 wurde nur knapp die Hälfte der von der Ampel vollmundig angekündigten 100.000 Sozialwohnungen gebaut. Die Zahl bereits bestehender Sozialwohnungen ist sogar seit langem rückläufig. Während es 1990 noch rund 2,9 Millionen Sozialwohnungen in Deutschland gegeben habe, seien es im vergangenen Jahr nur noch 1,072 Millionen gewesen.

    Die Zeitung zitiert verschiedene Vertreter der Immobilienbranche, die vor allem zu niedrige Renditen für die Entwicklung bei Sozialwohnungen verantwortlich machen. Der Vorstandschef des Münchener Immobilienunternehmens Wertgrund etwa beklagt eine Rendite beim Bau geförderter Objekte, die inzwischen „bei lediglich zwei Prozent“ liege. Ein Investment lohne sich nach Angaben eines Baufinanzierers dagegen erst bei einem Gewinn von vier bis fünf Prozent. Felix von Saucken vom Immobiliendienstleister Colliers wird hier ganz deutlich: „Niemand wird Sozialwohnungen bauen, wenn er damit kein Geld verdient.“

    Die Renditen locken Immobilienfirmen dagegen bei Prestigebauten in großen Städten. Diese bringen hohe Mieteinnahmen – und wirken damit auch als Preistreiber für die Mieten in schon bestehenden Häusern. Damit verschärft sich – gerade für Arbeiter:innen im Niedriglohnbereich – die Lage auf dem Wohnungsmarkt massiv: „normale” Wohnungen oder Häuser werden für sie unbezahlbar, während Sozialwohnungen nicht ausreichend zur Verfügung stehen.

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