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    Gegen den Zaun um den Görlitzer Park! – Ein Interview mit Görli 24/7

    In der vergangenen Woche gab es von Montag bis Sonntag kreative Aktionen rund um den Görlitzer Park in Berlin Kreuzberg. Perspektive war vor Ort und hat den vielfältigen Protest gegen einen geplanten Zaun um den Park begleitet. Ein Interview mit Flo Grünbaum von der Initiative Görli 24/7.

    Hallo Flo! Kannst du uns etwas darüber erzählen, was Görli 24/7 ist und was ihr vorhabt?

    Wir sind Görli 24/7, ein Zusammenschluss aus Menschen, die den Görlitzer Park lieben. Wir haben uns zusammengefunden, weil wir gegen die geplante Umzäunung um den Görlitzer Park kämpfen. Einerseits bringt er nichts, um die Probleme wie Drogenhandel, Ausgrenzung und Obdachlosigkeit zu lösen. Andererseits ist er rassistisch gegenüber vielen Migrant:innen, die den Park als Raum für Erholung, Kultur und Freizeit nutzen. Der Zaun bedeutet keine Hilfe, sondern Ausgrenzung von Betroffenen aus der „Vorzeigegesellschaft“.


    Wie kommt die Aktionswoche so an?

    Positiv ist, dass es eine gute Zusammenarbeit verschiedener Bündnisse gibt. Von Görli Zaunfrei bis zu uns (Görli 24/7), die aufgrund der Unabhängigkeit auch radikalere Positionen vertreten können. Aus dem Viertel gibt es grundsätzlich viel Zuspruch. Das war auch in der Aktionswoche schön zu sehen. Viele Menschen sind zusammengekommen und haben etwas hereingetragen. Ein Café in meiner Nachbarschaft hat z.B. Flyer verteilt und ausgelegt, und viele meiner Nachbar:innen sind hier bei den Aktionen gewesen.

    Am Dienstag gab es einen sogenannten Sozialgipfel. Hier sind viele Anwohner:innen zu Wort gekommen und konnten ihre Forderungen stellen. Zu den Forderungen gehören beispielsweise eine kostenlose Gesundheitsversorgung für alle, Arbeitsberechtigungen für alle, und Konsumräume für suchtkranke Menschen. Viele Menschen hier haben nämlich keine Krankenversicherung. Und wer Drogen verkauft, hat in der Regel keine Arbeitsberechtigung.

    Wir haben eine kreative Aktionswoche gesehen, in der auch ziviler Ungehorsam auf spielerische Weise geübt wurde. Sind das Mittel, die auch erwogen werden, wenn die legale Initiative nicht ausreicht?

    Widerstand ist vielschichtig und das zeigen wir hier, glaube ich, auch. Dazu gehören Demos, Klagen vom Bezirk gegen die Stadt Berlin sowie die kreativen Aktionen, die wir heute im Park erlebt haben. Transparente und Schilder malen, Gedichte schreiben und Musik sind Bestandteil unseres Protests. Aber selbstverständlich auch ziviler Ungehorsam. Alle Formen des Widerstandes sind legitim und hier vereint.

    Inwiefern beeinflusst der Rassismus in unserer Gesellschaft den Görlitzer Park?

    Die Festung Europa ist auch nichts anderes als ein Zaun. Zumindest erfüllt sie die gleiche Funktion, denn beide „Zäune“ sind Formen von rassistischer und sozialer Ausgrenzung. Uns geht es darum, eine offene Gesellschaft zu werden, und wir kämpfen auch dafür, dass das menschenverachtende Sterben im Mittelmehr gestoppt wird. Das gehört natürlicherweise zusammen.

    Nicht die Messer töten

    Geschätzte 1,2 Millionen Euro, um den Zaun zu bauen, und jährlich 800.000 Euro Personalkosten, um ihn zu bewachen – Was würdet ihr mit dem Geld machen?

    Berlins Bürgermeister Kai Wegner hat im letzten Jahr viel Geld für soziale Einrichtungen gestrichen. Als Erstes sollten wir die Kürzungen rückgängig zu machen. Benötigt werden hier vor Ort speziell 24 Stunden zugängliche Konsumräume für suchtkranke Menschen. Außerdem würden wir das Geld in bezahlbaren Wohnraum und einen besseren Zugang zur Gesundheitsversorgung stecken, sodass alle Menschen angemessen versorgt werden können. Die Bedürfnisse der Menschen hier tatsächlich zu decken, ist ein sehr langfristiges Ziel, aber es ist der einzige Ausweg, der die Probleme löst, statt sie zu ignorieren oder an den Rand der Gesellschaft zu drängen.

    Wie seht ihr die Zukunft eures Protests?

    Es gab am Montag im Rahmen der Aktionswoche ein Programm, an dem man sich rückblickend mit dem Kampf um den Erhalt des Tempelhofer Feldes beschäftigt hat. Hier im Kampf um den Görli sind neben der Nachbarschaft auch viele Leute dabei, die um das Tempelhofer Feld gekämpft haben. Wir möchten Menschen aufzeigen, wie wichtig öffentliche Räume sind – beispielsweise auch für Menschen, die zusammen feiern wollen und dafür nicht in einer Bar teure Getränke zahlen können.

    Und wir möchten zeigen, dass darum erfolgreich gekämpft werden kann. Denn sollte der Görli-Zaun tatsächlich gebaut werden, bin ich mir sicher, dass er nicht stehen bleibt.

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