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    Blamage für die Regierung: Intel baut doch nicht in Magdeburg

    Jetzt also doch nicht. Obwohl der Baubeginn zuletzt für dieses Jahr angekündigt war, deutet nun alles darauf hin, dass die angekündigten beiden großen Chip-Fabriken vom US-Konzern „Intel” in Madgeburg nie gebaut werden. – Ein Kommentar von Paul Gerber

    Gestern, am 16. September, hat der Chef des Konzerns Intel verkündet, dass der Baubeginn sich um mindestens zwei Jahre verzögern werde und dabei zugleich angedeutet, dass es vielleicht auch nie dazu komme. So sagte Pat Gelsinger bei dieser Gelegenheit offenbar, dass die „Nachfrage“ über die Zukunft des Projekts entscheiden werde.

    Da größere Teile der deutschen Wirtschaft in den letzten Monaten dahinsiechen und Computerchips nun einmal von anderen Kapital-Eigner:innen zur weiteren Verarbeitung eingekauft werden, ist es aber um eben diese Nachfrage in absehbarer Zeit nicht gut bestellt. Unter anderem die Ankündigung der ersten Werksschließungen in der Geschichte von VW dürfte hier ein für Intel warnendes Zeichen gewesen sein, denn die moderne Autoindustrie wäre ein wichtiger Abnehmer für den US-Konzern.

    VW: Droht die erste Werkschließungen der Konzerngeschichte?

    Für die Bundesregierung ist der Einstieg in den Ausstieg von Intel ein unangenehmer Nackenschlag: Immerhin war die geplante Fabrik – mit knapp 10 Milliarden Euro in Aussicht gestellten Subventionen – in den letzten Jahren zur Antwort schlechthin der Ampel-Koalition auf die Frage geworden, wie sie die schwächelnde Wirtschaft auf Vordermann bringen wolle.

    Dass Finanzminister Lindner die Situation am schnellsten nutzte, um wenigstens der eigenen Kernwählerschaft zu gefallen, und sogleich forderte, die freigewordene Milliardensumme nunmehr zum Stopfen von Löchern im Haushalt zu nutzen, zeugt sicher von einem bemerkenswerten Opportunismus. Es kann aber keinesfalls verdecken, wie hilf- und machtlos jede Regierung – unabhängig von ihrer politischen Ausrichtung – unter kapitalistischen Verhältnissen am Ende den Kapitalist:innen selbst gegenüber steht.

    Das Debakel um die Intel-Fabriken macht in grellen Farben deutlich, wo die strengen Grenzen einer kapitalistischen Demokratie verlaufen, nämlich da, wo der Kapitalismus selbst so richtig beginnt. Mit der Ökonomie ist also gerade der wichtigste und grundlegendste Teil des gesellschaftlichen Lebens schon mit dem deutschen Grundgesetz vollständig vor dem Zugriff des Volkes „geschützt“.

    Und hierbei geht es nicht darum, dass die Regierung zu links oder zu rechts, oder ihre Minister:innen zu korrupt sind. Andersherum, selbst die korruptesten Minister:innen können gegenüber einem Konzern wie Intel tatsächlich nicht viel mehr tun, als ihm mit immer höheren Subventionssummen in Milliardenhöhe die Einladung, doch bitte in Deutschland zu investieren, zu vergolden.

    Anders gesagt: Solange die heilige Kuh des kapitalistischen Privateigentums nicht angetastet wird, bleibt die deutsche Regierung wie in jedem anderen kapitalistischen Land durch die Kapitalseite erpressbar.

    Intel hatte so schon die Zusage für mindestens ein Drittel der Investitionskosten in Magdeburg gesichert. Jeder der erwarteten 3.000 dauerhaften Arbeitsplätze am Standort hätte somit die Staatskasse 3 Millionen Euro gekostet.

    Aber in Zeiten, in denen die Konkurrenz in der Chipbranche Intel gegenüber die Nase vorn hat und das Unternehmen Verluste einfährt, reichen eben auch diese enormen Summen nicht. Und genau solche Situationen werden wir in der sogenannten „freien“ Marktwirtschaft immer wieder erleben.

    Ohne Zweifel werden auch alternative, sozialistische Gesellschaftsentwürfe auf die Produktion von Chips angewiesen sein und diese auch organisieren. Der Unterschied wäre nur eben, dass im einen  Falle die Erweiterung oder Einschränkung der Produktion stets vom Kapital und seinem Profitstreben abhängen wird, im anderen aber die Produktion unabhängig von Schwankungen am Markt stattfindet, weil sie notwendig für den Rest der Industrie im eigenen Land ist.

    • Paul Gerber schreibt von Anfang bei Perspektive mit. Perspektive bietet ihm die Möglichkeit, dem Propagandafeuerwerk der herrschenden Klasse in diesem Land vom Standpunkt der Arbeiter:innenklasse aus etwas entgegenzusetzen. Lebensmotto: "Ich suche nicht nach Fehlern, sondern nach Lösungen." (Henry Ford)

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