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    „Wir müssen tausende Stimmen schaffen“ – Interview mit zensiertem red. media

    Am Dienstagvormittag sind die Social Media-Kanäle des Medienprojekts „red.media” von Meta gesperrt worden. Auch die Email-Kommunikation wurde unterbunden. Wenige Tage zuvor hatte US-Außenminister Blinken ein Vorgehen gegen vorgeblich russisch gesteuerte Medien angekündigt. Perspektive Online hat mit Hüseyin Dogru von red.media gesprochen.

    Mehrere eurer Kanäle wurden zensiert. Wie groß ist das Ausmaß? Wie wurden das Abschalten eurer Website und die Zensur eurer Social Media-Kommunikation begründet?

    Bis jetzt wurden unsere Instagram– und YouTube-Kanäle ohne jegliche Vorwarnung und Begründung gelöscht. Auf beiden Kanälen hatten wir 426.000 Follower.

    (Anm. d. Red.: red.media hat nach eigenen Angaben auch keinen Zugriff mehr auf die eigenen Email-Konten)

    Was sagt ihr zu den Vorwürfen, dass ihr russisch finanziert seid?

    Wie schon in unserer Presseerklärung klar kommuniziert wurde: Wir weisen solche Vorwürfe kategorisch zurück!

    Nach Ansprache von US-Außenminister: Meta und Google sperren „red.”-Accounts

    Wie bewertet ihr das Vorgehen gegen eure Plattform politisch?

    Wir können hier über die Zensur von uns reden – aber Tatsache ist, dass es nicht nur um uns geht: Es wird hier ein Präzedenzfall geschaffen, um zukünftig jegliche kritischen Medien oder Journalist:innen mundtot zu machen. In der Vergangenheit wurden wir oder andere als Propaganda-Kanäle gelabelt. Andere wurden als Fake News abgestempelt. Diese niedrigschwellige Repression war im Vergleich zu heute in den Augen derjenigen, die uns heute angreifen, ausreichend, um solche Einschnitte medial und gesellschaftlich akzeptabel zu machen. – Die Welt ist nicht mehr dieselbe.

    Wir stehen vor einem möglichen Krieg zwischen zwei imperialistischen Blöcken. Und es müssen neue Ängste und Feindbilder geschaffen werden, um von den eigentlichen Problemen hier abzulenken. Während in Deutschland eine politische Transformation in Richtung Faschismus stattfindet, Angriffe auf Migrant:innen jeden Tag zunehmen und Nazis in Deutschland immer offener auftreten können, spitzen sich die sozio-ökonomischen Widersprüche zu, und die Menschen kämpfen täglich ums Überleben. Der ‚Russe’, der ‚Israelhasser’, der ‚böse Muslim’ oder der ‚Migrant’, dem laut Merz die Schuld an allem zugeschrieben wird, wird als Quelle der Probleme dargestellt.

    Die Menschen hierzulande sollen keine Möglichkeit haben, das System anzugreifen, zu kritisieren oder infrage zu stellen, um die gesellschaftlichen Verhältnisse auf den Kopf zu stellen.

    Diese Taktik, die Arbeiterklasse und die gesamte Gesellschaft zu spalten, ist nichts Einzigartiges in Deutschland, noch ist sie exklusiv etwas, das nur in Deutschland passiert. Dies geschieht ebenso in Russland, China, der Türkei, den USA usw., damit diejenigen, die dieses System am Leben erhalten wollen, keine Opposition gegen sich haben.

    Was sind die nächsten Schritte zur Verteidigung von kritischer Berichterstattung und Pressefreiheit?

    Es ist wichtig, dass Menschen überall auf der Welt sich organisieren. Wir müssen unsere eigenen Medien und Kommunikationskanäle schaffen. Es ist auch von großer Bedeutung, dass unabhängige, kritische und fortschrittliche Medien zusammenarbeiten und beginnen, sich zu koordinieren. Wir müssen nicht eine, sondern tausende Stimmen schaffen.

    Die Proteste gegen den Völkermord in Palästina haben gezeigt, dass der deutsche Staat und die hiesigen Medien Hand in Hand gleichermaßen Akademiker, Studierende, Professoren, Schüler:innen und Arbeiter:innen kriminalisiert haben – und das nur, weil sie sich nicht dem Narrativ gebeugt haben, das den Völkermord in Palästina direkt oder indirekt unterstützt. Es ist fast ein Jahr vergangen, seit Gaza sich aus dem Gefängnis befreit hat.
    Diese 12 Monate haben uns einen kleinen Einblick gegeben, was sie bereit sind zu tun, um ihr Narrativ und ihre Interessen durchzusetzen.

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