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    Pistorius’ neuer Wehrdienst: Was steckt dahinter?

    Kriegsminister Boris Pistorius hat seine Pläne für einen „Neuen Wehrdienst“ vorgestellt. Was bedeutet das? Und wie können wir uns wehren? – Ein Kommentar von Julius Strupp

    Am Mittwoch hat Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sein Modell „Neuer Wehrdienst“ in der Bundespressekonferenz vorgestellt. Zuvor hatte es viele Diskussionen über eine mögliche Wiedereinführung der Wehrpflicht gegeben. Diese habe jedoch nie zu Debatte gestanden, sie würde schlicht nicht „den Gegebenheiten, die wir heute haben“ entsprechen, so Pistorius jetzt in Berlin.

    Stattdessen soll nun der „Neue Wehrdienst“ eingeführt werden. Dieser lässt sich zu folgenden Eckpunkten zusammenfassen:

    • Voraussichtlich ab Sommer 2025 sollen alle 18-Jährigen einen Musterungsbrief erhalten, in dem sie zu ihrer Sportlichkeit, Haltung zur Bundeswehr, Interessen etc. befragt werden. Für Männer soll die Beantwortung verpflichtend sein, für Frauen nicht.
    • Die am besten Geeigneten werden dann ausgewählt und zu einer verpflichtenden Musterung eingeladen.
    • Danach kann eine Verpflichtung auf 6 – 23 Monate erfolgen, wobei Vergünstigungen für eine längere Dienstzeit angeboten werden sollen.
    • Ziel ist es, so zunächst 5.000 neue Wehrdienstleistende zu gewinnen, wobei diese Zahl mit den Jahren wachsen soll. Diese sollen laut Pistorius dann nach ihrem Dienst in die Reserve überführt werden.
    • Daneben soll auch die Wehrerfassung wieder eingeführt werden, also aufgezeichnet werden, wer wann Wehrdienst geleistet hat und wie mobilisierbar ist, wer im Kriegsfall wehrpflichtig wäre usw. „Wir könnten in einem Verteidigungsfall nicht einmal mobilisieren“, so Pistorius zur Begründung.

    Doch keine Wehrpflicht?

    Was steckt hinter dem neuen Wehrdienst?

    In den Tagen vor der Verkündung des „Neuen Wehrdiensts” waren Widersprüche innerhalb der Regierung offensichtlich geworden. Dabei hatte offensichtlich Olaf Scholz eine rote Linie gegen eine Wiedereinführung der Wehrpflicht in dieser Amtszeit gezogen, die man wohl eher einer künftigen CDU-Regierung überlassen will. Pistorius hatte dagegen betont, dass es „ohne Pflichtbestandteile“ nicht gehen werde, nachdem zuvor an die Öffentlichkeit gedrungen war, dass er vor allem auf Freiwilligkeit setzen wolle.

    Als Hintergrund des neuen Modells nannte Pistorius vor allem zwei Beweggründe. Zum einen sei eine Wiedereinführung der Wehrpflicht schlicht aufgrund der eingeschränkten Kapazitäten der Bundeswehr nicht möglich, zum anderen wolle man die neuen Wehrdienstleistenden nicht zum Erreichen der Rekrutierungsziele, sondern zum Auffüllen der Reserve nutzen.

    Beides passt damit zusammen, dass die Bundeswehr vor allem mittel- und langfristig breiter aufgestellt werden soll, um sich auf einen möglichen Krieg mit Russland vorzubereiten. Genauso passt es mit der Salami-Taktik der Bundesregierung zusammen, die nicht auf einen Schlag, sondern mit langsamen, nadelstichartigen Angriffen arbeitet.

    Die langen Vorbereitungen des Klassenkampfs von oben

    Ziel dieser Politik bleibt es jedoch, die Bundeswehr langsam, aber sicher zu verbreitern und jetzt die entsprechenden Strukturen und Soldat:innen dafür heranzubilden. Am Ende dürfte ein Wehrdienst stehen, bei dem die „Pflichtbestandteile“ deutlich mehr im Vordergrund stehen.

    Was tun gegen Wehrdienst und Musterung?

    Die Bundesregierung hat nun endgültig den langsamen Weg zur Wehrpflicht eingeschlagen. Für viele von uns Jugendlichen ist das aber nicht der Weg, den wir gehen wollen. Wir wollen nicht als Soldat:innen für deutsche Waffenkonzerne kämpfen, nicht auf andere Jugendliche schießen, um die Konflikte der Reichen auszutragen. Und Pistorius lässt keinen Zweifel daran, dass das die Zukunft ist, die er für uns vorsieht.

    Wenn wir es nicht soweit kommen lassen wollen, müssen wir schon jetzt anfangen, Widerstand gegen die schleichende Mobilmachung der deutschen Imperialisten aufzubauen. Organisieren wir Kampagnen und Aktionen gegen die Musterung an unseren Schulen und Unis, reden wir mit unseren Mitmenschen!

    Denn der Musterungsbrief kann für Pistorius und Co. auch nach hinten losgehen: Nämlich dann, wenn der Moment kommt, an dem Jugendliche sich mit der Bundeswehr beschäftigen und zu dem Schluss kommen, dass sie nicht für deutsche Profite morden wollen. Vielleicht kommen ja auch einige auf die Idee, die ersten Musterungsbriefe zu ignorieren. So oder so ist klar: Deutsche Bank oder Rheinmetall können keinen Krieg führen, wenn wir nicht mitmachen.

    • Autor bei Perspektive seit 2019, Redakteur seit 2022. Studiert in Berlin und schreibt gegen den deutschen Militarismus. Eishockey-Fan und Hundeliebhaber. Motto: "Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt."

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