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    Clara Zetkin – Vorbild im Kampf gegen Kapitalismus und Patriarchat

    Am 5. Juli ist Clara Zetkins 167. Geburtstag. Sie war überzeugte Kommunistin und Mitgründerin der proletarischen Frauenbewegung. Ihr Beitrag zum Befreiungskampf der Arbeiter:innen und Frauen macht sie bis heute zu einem Vorbild. – Ein Kommentar von Ruby Pfeifer

    „Die Frau hat darum für ihre volle Emanzipation nur von der sozialistischen Partei etwas zu erwarten. Die Bewegung der bloßen ‘Frauenrechtlerinnen’ kann in einzelnen Punkten gewisse Vorteile erzielen, sie kann jedoch nun und nimmer die Frauenfrage lösen.“ Clara Zetkin hatte es schon erkannt – und auch heute ist die Frauenfrage noch nicht gelöst. Noch immer haben Millionen Arbeiterinnen mit den Folgen von Wirtschaftskrisen und Kriegen zu kämpfen.

    Zetkin lebte von 1857 bis 1933 und erlebte damit nicht nur den Ersten Weltkrieg und seine Vorbereitungen mit, sondern auch die Zeit der Revolutionen – sowohl in Russland, als auch die gescheiterten Revolutionen in Deutschland. Sie war eine Vorreiterin der Frauenbewegung und beteiligt an vielen Kämpfen, von deren Erfolgen Arbeiterinnen noch heute profitieren. Mit dem gleichen Kampfgeist setzte sie sich auch gegen ungerechte Kriege und für den Sozialismus ein.

    Krieg für alle – auch für Frauen?

    Während die Kriegsvorbereitungen des Ersten Weltkriegs selbst in Teilen der Arbeiter:innenbewegung für Kriegsbegeisterung sorgten, wandte Zetkin sich gemeinsam mit wenigen anderen Kommunist:innen bereits sehr früh gegen die Kriegstreiberei der herrschenden Kapitalist:innen. Sie stellte damit die grundsätzlichen Interessen der Arbeiter:innen in den Vordergrund, während sie gleichzeitig auch die Frage der Frauenbefreiung unermüdlich auf die Tagesordnung setzte.

    Auch viele Jahre später sind Parallelen zur damaligen Zeit sichtbar: Die Einstimmung der deutschen Bevölkerung auf den nächsten Krieg ist heute in vollem Gange. Laut unserem Kriegsminister Boris Pistorius wird sich Deutschland in 5 bis 7 Jahren wieder im Krieg befinden und es werden keine Mühen gescheut, die Arbeiter:innen für diesen Krieg zu begeistern.

    Gerade in Zeiten von Krieg und Krise ist es unsere Aufgabe, unsere eigenen Interessen mindestens ebenso laut auf die Straße zu tragen wie viele Arbeiter:innen vor uns. Und mit ihnen auch Clara Zetkin. Heute wird die Wehrpflicht für Frauen mit Gleichberechtigung begründet. Damals war es Zetkin, die inmitten des Ersten Weltkriegs einen Frauenkongress gegen den Krieg einberief und damit die Verbindung des Kampfes um die Frauenbefreiung mit dem Kampf gegen imperialistische Kriege auf die Tagesordnung setzte.

    Bürgerlicher Feminismus oder Frauenbefreiung?

    Es war Zetkin, die sich für einen „Internationalen Frauenkampftag” einsetzte, einen Tag, der speziell die im Patriarchat begründete Ungleichbehandlung von Frauen thematisierte. Und während sich dieser anfangs noch rein auf das Wahlrecht für Frauen beschränkte, erkannte sie bald, dass der Kampf für die Befreiung der Frau weit mehr beinhalten muss. Damit wurde sie zu einer vehementen Kritikerin der bürgerlichen Frauenbewegung, die sich allein auf Änderungen im kapitalistischen System verließen.

    Damals waren die Forderungen der bürgerlichen Feministinnen das Wahlrecht für Frauen oder die freie Wahl des Berufs. Und während diese Forderungen eine breite Unterstützung verdienten, erkannte Clara Zetkin auch ihre Begrenzungen. Sie wandte sich gegen die vermeintliche Möglichkeit einer Abschaffung des Patriarchats im Kapitalismus und erkannte, dass es sich auch um eine Frage des ökonomischen Ursprungs handelte. Während es heute in Deutschland keine Frage mehr ist, ob Frauen wählen oder arbeiten gehen dürfen, besteht das Patriarchat noch immer. Heute sind es Debatten über eine Frauenquote in Parlamenten oder mehr Sichtbarkeit von Frauen, die der bürgerliche Feminismus als vermeintliche Lösung gegen patriarchale Unterdrückung bietet.

    Was Zetkin damals bereits erkannt hat, müssen wir heute aufgreifen: Wir müssen den Klassenstandpunkt der Arbeiterinnen hervorheben, anstatt den Kampf um die Befreiung der Frau von den Klassenwidersprüchen zu lösen und uns in Kleindebatten zu verlieren. Denn das Patriarchat wird nicht verschwinden durch eine Gesetzesänderung, die jederzeit rückgängig gemacht werden kann. Der Ursprung liegt nicht etwa in der Sprache oder der Sexualisierung von Frauen, er liegt in der ökonomischen Basis, dem Kapitalismus, der mit dem Patriarchat aufs engste verwachsen ist.

    Es war ein Teil ihres Kampfes, die Frage der Frauenbefreiung in die Reihen ihrer eigenen Partei zu tragen und dort zu vertreten. Auch dort fanden ihre Positionen anfangs wenig Anklang. Die Frauenbefreiung wurde als Nebensächlichkeit deklariert. Die Einführung des Internationalen Frauenkampftags setzte sie anfangs gegen den Willen ihrer männlichen Genossen durch. Unter ihrer Redaktion entwickelte sie die Zeitschrift „Die Gleichheit“, die sich speziell an die proletarischen Frauen widmete, in der sie den Standpunkt der Arbeiter:innenklasse vertrat und die sie gleichzeitig als politische Schulungsmöglichkeit speziell für Frauen nutzte.

    Clara Zetkin kämpfte für eine befreite Gesellschaft, gegen die Unterdrückung und Ausbeutung von Arbeiter:innen. Sie wurde als unermüdlich beschrieben, in all ihren Arbeitsbereichen. Diese Eigenschaft müssen wir heute aufgreifen, genau wie ihre Fähigkeit, die Verbindung zwischen verschiedenen Kämpfen aufzuzeigen. Denn auch heute werden wir die Befreiung der Gesellschaft nicht an der Wahlurne erkämpfen, die Frauen werden sich nicht durch mehr weibliche Ausbeuterinnen befreien und der Faschismus kann nicht durch rechtere Positionen der anderen bürgerlichen Parteien gestoppt werden.

    Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 88 vom Juli 2024 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

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