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    „Zeitenende statt Zeitenwende?“ – Bundeswehrverband macht Druck nach Haushaltsentwurf

    Die neuesten Entwürfe für den Bundeshaushaltsplan 2025 sorgen für Kontroversen. Der Grund: Der Etat für das Verteidigungsministerium steigt „nur“ um 1,2 Milliarden Euro an. – Ein Kommentar von Anna Müller.

    Nach der Vorstellung des Bundeshaushaltsplans 2025 fängt sich die Ampelregierung wieder reichlich Kritik ein. Scholz und Lindner schmücken sich mit ihren neuesten Ideen, die ihrer Ansicht nach weit weg von Sparsamkeit sind.  „Es handelt sich mitnichten um einen Sparhaushalt. Die Höhe der Investitionen zeigt das“, gibt sich Lindner selbstsicher. Und damit liegt er auch nur zum Teil falsch. Der Verbandsvorsitzende der Bundeswehr Wüstner bewertet die Lage jedoch genau andersherum.

    Etwa 52 Milliarden fließen allein in die Bundeswehr, eine „Rekordinvestition“, wie Scholz sie nennt. Dafür wird an anderer Stelle genauso hart eingespart. Eine Milliarde weniger für humanitäre Hilfe im Ausland, die das Aufstocken des Verteidigungsetats um 1,2 Milliarden Euro fast ausgleicht. Doch damit gib sich der Bundeswehrverbandsvorsitzende nicht zufrieden.

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    André Wüstner schießt scharf gegen den Plan und die schlappen 52 Milliarden für das Militär. Er gibt zu bedenken, dass man sich in Zukunft beim Thema Sicherheit eventuell nicht mehr auf die USA verlassen kann, weswegen Deutschland selbst über ein stärkeres Militär verfügen muss. Zudem gebe es die „gefährlichste Sicherheitslage seit dem Fall des Eisernen Vorhangs“.

    Im Zuge dessen fordert er, „das Parlament [müsse] massiv nachsteuern“, ansonsten heißt es für uns „Zeitenwende – Zeitenende“. Der momentane Etat werde „keinesfalls der aktuellen Bedrohungslage und erst recht nicht Deutschlands Verantwortung in der Welt gerecht“, so Wüstner weiter. Unter „Nachsteuern“ verstehen und beziffern Wüstner und Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) weitere 6,7 Milliarden.

    Gesetze und Geld für die Bundeswehr

    Wirft man einen Blick auf die Realität in der BRD, merkt man kaum etwas von einer Politik, die nicht alle Möglichkeiten nutzt, um die Bundeswehr zu stärken. Egal ob Geldmittel oder Gesetze, um Deutschland endlich wieder „kriegstüchtig“ zu machen, gibt es kaum etwas, was die Bundesregierung nicht in Betracht ziehen würde.

    In Bayern soll die Zivilklausel nun per Gesetz abgeschafft werden. Konkret bedeutet das, dass Hochschulen zur Kooperation mit der Bundeswehr verpflichtet werden, d.h. Militärforschung und Jugendoffiziere an den Unis, kein kommunales Mitspracherecht bei militärischen Bauprojekten – das Gesetz zur Förderung der Bundeswehr in Bayern ändert Gesetzestexte an vielen Stellen zugunsten der Militarisierung.

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    Zudem sind die Menschen bereits an die regelmäßig wiederkehrenden Debatten zum Thema Wehrpflicht gewohnt. Diese ist auch alles andere als weit weg, wenn man sieht, wie Politiker:innen planen, die Reserve um fast eine Million Personen aufzustocken. Laut NATO-Plänen sollen knapp 100.000 Soldat:innen für die aktive Armee rekrutiert werden – und das alles bis spätestens 2031.

    Auch finanziell müssen sich die Kriegstreiber vor nichts bangen. Denn auch wenn der Etat im Haushaltsplan „nur“ um 1,2 Milliarden steigt, sichert das Sondervermögen weiterhin genug Geld für Waffen und Munition. 2024 wird der Militäretat durch das Sondervermögen um 19,2 Milliarden Euro verstärkt – auch kommendes Jahr wird es solche Investitionen geben. Wie hoch diese sein werden ist noch nicht bekannt. Doch Olaf Scholz will das Zwei-Prozent-Ziel der NATO einhalten, das vorsieht, jährlich zwei Prozent des Bruttoinlandprodukts (BIP) – also etwa 80 Milliarden Euro – in das Militär zu investieren.

    Auch wird das gesellschaftliche Klima immer weiter aufgeheizt und die Kriegspropaganda tritt offen zu Tage. Vor allem das Motiv der Verteidigung Deutschlands vor dem „wahnsinnigen“ Putin, der sofort einmarschieren würde, sollte man die Aufrüstung auch nur eine Sekunde pausieren, wird gerne in Reden von Politiker:innen aufgegriffen.

    Militarisierung nicht gefährdet

    Es zeigt sich also, dass die Militarisierung alles andere als unterfinanziert ist und Boris Pistorius nicht „einmal mehr“ hängen gelassen wird, wie Wüstner es bezeichnete. Die Bundeswehr ist international aktiv, um die deutschen Interessen durchzusetzen – ob die Fregatte Hessen im Roten Meer im Einsatz gegen die Huthis oder deutsche Waffen auf russischem Kriegsgebiet im Auftrag der NATO.

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    Die Bundesregierung stellt sich dem natürlich nicht in den Weg, sondern hat sich in den letzten Monaten besonders fleißig darin gezeigt, Waffen zu liefern, Gesetze auszubauen und Kriegspropaganda in die Bevölkerung zu tragen.

    So braucht sich auch kein Verbandsvorsitzender der Bundeswehr vor der Vernachlässigung des Militärs zu fürchten. Schlussendlich werden dank des Zwei-Prozent-Ziels vermutlich 80 Milliarden Euro auf dem ein oder anderen Wege in die Aufrüstung fließen. Ob davon ein Großteil Haushalts- oder Sondervermögen-finanziert ist, braucht ihn nicht zu interessieren.

    Auch davon, dass sich die Bundesregierung im Zweifelsfall nicht davor scheuen wird, im Haushaltsplan 6,7 Milliarden mehr für die Bundeswehr zu geben, ist auszugehen. Und Gesetzesänderungen zugunsten der Armee werden wohl nicht erst wieder mit der Einführung der Wehrpflicht auf der Tagesordnung stehen.

    • Autorin bei Perspektive seit 2024. Schülerin aus Oberfranken, interessiert sich für Klassenkämpfe weltweit und die Frauenrevolution. Denn wie Alexandra Kollontai damals schon erkannte: Ohne Sozialismus keine Befreiung der Frau – ohne Befreiung der Frau kein Sozialismus!

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