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    Heute wieder: Schafft Rote Hilfe!

    Am 1. Oktober 1924 wurde die Rote Hilfe Deutschland gegründet. Vor ihrer Zerschlagung durch die Nationalsozialisten zählte die, der Kommunistischen Partei Deutschland nahestehende Solidaritätsorganisation über eine halbe Million Mitglieder. – Ein Kommentar von Mohannad Lamees.

    „Für Recht und Freiheit bin ich gefangen, in tiefen Kerkern sperrt man uns ein, warum soll ich gefangen sein?” – dieses Arbeiter:innenlied wurde von politischen Gefangenen in den 1920er Jahren gesungen. Vor allem in der Novemberrevolution 1918, während der Erhebungen gegen den Kapp-Putsch 1920 und in den Märzkämpfen in Mitteldeutschland 1921 füllten sich die Gefängnisse des bürgerlichen Staats mit revolutionären Arbeiter:innen.

    In Solidarität mit den revolutionären Gefangenen organisierten sich in Deutschland ab 1921 auf Initiative der KPD-Komitees Aktivist:innen in verschiedenen Städten und Regionen. Um die Gefangenen und ihre Familien mit Hilfsleitungen zu unterstützen, sammelten vor allem Arbeiterinnen, die im Volksmund schnell „Bettelfrauen” genannt wurden, Spenden. Die Hilfe kam dabei nicht nur dem Umfeld der KPD, sondern auch Arbeiter:innen der USPD und SPD zugute. Außerdem organisierten die Komitees rechtliche Hilfe für die Gefangenen.

    Nachdem bereits 1922 – angeregt durch einen Beschluss der Kommunistischen Internationale – die Internationalen Rote Hilfe (IRH) ins Leben gerufen wurde, gründete sich zwei Jahre später, am 1. Oktober 1924, die Rote Hilfe Deutschland. Bereits zuvor hatte die IRH die Komitees finanziell unterstützt und zum Beispiel 1923 – während des Verbots der KPD nach dem Hamburger Aufstand – diese vor einer völligen Zerschlagung bewahrt.

    Bereits am 18. März 1923 rief die Internationale Rote Hilfe den Jahrestag der proletarischen revolutionären Erhebung in Frankreich und der Errichtung der Pariser Kommune zum Kampftag in Solidarität mit politischen Gefangenen aus. Auch heute wird dieser Tag von revolutionären Kräften auf der ganzen Welt in Erinnerung gerufen, um der eingekerkerten Aktivist:innen und politischen Gefangenen zu gedenken.

    Mehr als nur Antirepression

    In den Folgejahren wuchs die Rote Hilfe Deutschland – deren Bekanntheit unter den Arbeiter:innen auch durch die Arbeit ihrer Vorsitzenden Clara Zetkin stieg – zu einer Organisation mit über einer halben Million Mitgliedern heran. Bemerkenswert war vor allem, dass die Rote Hilfe gerade auch für Arbeiter:innen, die zwar mit der KPD sympathisierten, ihr aber nicht als Mitglieder angehörten, eine wichtige Anlaufstelle wurde.

    Die Rote Hilfe schafft rote Hilfe

    Der Schwerpunkt in der politischen Arbeit der Roten Hilfe lag dabei längst nicht mehr nur auf der klassischen Antirepressionsarbeit: In den 1930er Jahren hatte sich die Rote Hilfe vielmehr zu einer gesamtgesellschaftlichen Solidaritätsorganisation entwickelt und erhielt in ihren Kämpfen gegen den Abtreibungsparagrafen 218 oder für die Kunstfreiheit auch prominente Unterstützung, zum Beispiel von Albert Einstein, Kurt Tucholsky, Käthe Kollwitz oder Erich Mühsam.

    Obwohl die Rote Hilfe 1933 von den Nationalsozialisten erst verboten und bis 1936 durch die Gestapo vollständig zerschlagen worden war, ist sie bis heute ein herausragendes Beispiel dafür, wie kommunistische Prinzipien und Überzeugungen durch eine ansprechende und zugängliche politische Praxis große Teile der Arbeiter:innenklasse erreichen und begeistern konnten. Mit ihrer Politik blieb die Rote Hilfe nicht bei einer rein karitativen Arbeit für gefangene Arbeiter:innen oder einer rein juristischen Arbeit stehen, sondern verband die Hilfe für politische Gefangene mit dem Kampf für die proletarische Revolution.

    Heute hat die 1975 wieder gegründete Rote Hilfe genau diese politische Klarheit eingebüßt und existiert vor allem als reine Unterstützungsorganisation für von Repression betroffene linke Aktivist:innen. Auch wenn genau diese Hilfe angesichts der immer weiter zunehmenden Unterdrückung revolutionärer und fortschrittlicher Kräfte in Deutschland bitter nötig ist – genau so notwendig ist es heute, wieder eine politisch klar positionierte, solidarische Massenbewegung wie in den 1920er und 1930er Jahren aufzubauen.

    Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 91 vom Oktober 2024 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

    • Seit 2022 bei Perspektive Online, Teil der Print-Redaktion. Schwerpunkte sind bürgerliche Doppelmoral sowie Klassenkämpfe in Deutschland und auf der ganzen Welt. Liebt Spaziergänge an der Elbe.

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