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    Freispruch für Freiburger Aktivistin – Palästina-Solidarität bleibt kein Verbrechen

    Seit dem 7. Oktober ist ein verschärftes Vorgehen des deutschen Staats gegen Palästina-solidarische Proteste zu beobachten. Der Freispruch einer Freiburger Aktivistin zeigt erneut, dass sich der deutsche Staat dabei nicht immer an seine eigenen Regeln hält – und „linke“ Zionist:innen quasi ein Vortrupp der Polizei sind. – Ein Kommentar von Mark Färber.

    Am 13. Oktober 2023 fand in Freiburg eine Kundgebung unter dem Motto „Palästina-Solidarität ist kein Verbrechen!“ statt. Die Kundgebung wurde durch eine Allgemeinverfügung der Stadt Freiburg verboten und kurz nach Beginn von der Polizei umstellt. 6 Menschen wurden festgenommen und bekamen wegen der „Teilnahme an einer verbotenen Versammlung“ Bußgelder, wogegen einige der Aktivist:innen Einspruch einlegten. Am 11. Juni kam es nun zum ersten Gerichtsprozess am Amtsgericht Freiburg.

    Interview vor Gerichtsprozess: „Palästina-Solidarität ist kein Verbrechen!“

    Solidarische Prozessbegleitung vor dem Amtsgericht

    Vor dem Gerichtsgebäude versammelte sich am Dienstagvormittag eine Gruppe von Menschen, die sich solidarisch mit der Angeklagten zeigen wollten. Zuvor war von der Föderation Klassenkämpferischer Organisationen (FKO) zu einer Kundgebung vor dem Gerichtsgebäude und zur Prozessbegleitung im Gerichtssaal aufgerufen worden.

    In einem Statement erklärte die Angeklagte Hanna ihre Entscheidung, den Prozess politisch zu führen: „Weil der Prozess politisch ist […], weil die Repressionen, die wir erfahren haben und immer noch erfahren, politisch [sind] und weil es wichtig ist, politisch dafür aufzurufen, dass der Genozid in Gaza endet, dass Deutschland die Waffenlieferungen einstellt und dass die Repressionen gegen die palästinasolidarische Bewegung, in Deutschland und auf der ganzen Welt aufhören.“

    Polizei und „linke“ Zionist:innen Hand in Hand

    Im Prozess zog der Richter die Allgemeinverfügung der Stadt Freiburg, Polizeiberichte und interne Emails sowie Social Media-Posts von sogenannten „Antideutschen“ – Zionist:innen, die sich selbst dem linken Spektrum zuordnen – als Beweismittel heran. Hieraus ergaben sich absurde Argumentationsketten der Repressionsbehörden.

    Einerseits liefen die Begründungen der Stadt für das Veranstaltungsverbot auf typische Feindbilder gegen Palästina-solidarische Proteste hinaus. Die Stadt und Polizei gingen davon aus, dass es auf der Kundgebung zu Islamismus, Antisemitismus und Gewaltbereitschaft kommen könnte. Außerdem würde eine Gefahr von gewaltvollen Auseinandersetzungen zwischen Kundgebungsteilnehmer:innen und möglichen Gegendemonstrant:innen ausgehen.

    Interessanterweise ging aus den Emails der Polizei hervor, dass Polizei und Stadt von der Kundgebung erst durch Posts aus der „antideutschen“ Szene auf X/Twitter erfahren hatten. In diesen wurde auch zum Gegenprotest aufgerufen.

    Dagegen stand die tatsächliche Situation während der Kundgebung, die durch Aussagen der Angeklagten vor Gericht deutlich wurde: Auf der Kundgebung waren weder islamistische Kräfte, noch kam es zu antisemitischen Aussagen oder gewaltbereitem Verhalten. Auch die Polizei konnte in ihren Berichten über die Situation keinen der Vorwände bestätigen, wegen der die Versammlung ursprünglich verboten worden war.

    Dieser Gegensatz zwischen Verbotsbegründung und tatsächlicher Kundgebung führte auch schließlich zum Freispruch. In seiner Urteilsbegründung benannte der Richter das Verbot der Stadt und das Vorgehen der Polizei als nicht gerechtfertigt. Nach dem Freispruch kam es zu einer Spontandemonstration durch die Freiburger Innenstadt.

    Palästina-Soldidarität und der deutsche Staat

    Die Repression gegen die Kundgebung in Freiburg ist nur eine von vielen Einschränkungen, mit welchen der deutsche Staat Palästina-solidarischen Protesten begegnet. Die bekanntesten Beispiele hierfür sind wohl das Verbot des „Palästina-Kongresses” in Berlin oder die Räumung eines Protestcamps an der Freien Universität Berlin.

    Insbesondere beim Verbot des Palästina-Kongresses waren von den Repressionen auch viele jüdische Aktivist:innen, z.B. von der Organisation „Jüdische Stimme”, betroffen. Der deutsche Staat begründet die Repressionen gegen Palästina-Solidarität jedoch immer weiter mit dem vorgeblichen „Kampf gegen Antisemitismus“. Damit werden Proteste von vornherein unter Generalverdacht gestellt, mit unsinnigen Demonstrationsauflagen belegt oder, wie im Fall der Freiburger Kundgebung, gleich verboten.

    Immer wieder wird dabei von Zionist:innen und den Repressionsbehörden eine fehlende Distanzierung von oder eine konstruierte aktive Unterstützung der Hamas als Grund für die Repression angeführt. Doch selbst dann, wenn sich – wie in diesem Fall – im Aufruf von der Hamas distanziert wird, werden genau die gleichen rassistischen Vorurteile als Gründe für Verbote oder Einschränkungen herangezogen und zeigen die Absurdität der bedingungslosen Unterstützung des israelischen Apartheidstaats.

    Der Protest bleibt legitim

    Seit dem Beginn des Genozids an der Bevölkerung des Gazastreifens nach dem 7. Oktober, ist eine große internationale Protestbewegung entstanden. Diese ist wie andere Antikriegsbewegungen in der Geschichte teils massiven Repressionen ausgesetzt. Egal, wie oft dabei Demonstrationen, Kundgebungen und Protestcamps durch die Polizei aufgelöst werden, egal ob man in Bezug darauf vor Gericht siegt oder nicht: solange das Morden nicht aufhört, bleibt der Protest legitim.

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