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Sonntag, September 8, 2024
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    Olympia 2024 – Welchen Zweck haben die Spiele tatsächlich?

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    Egal ob Fußball-Weltmeisterschaft, Cricket World Cup oder die Olympischen Spiele – um die Austragung der weltweit größten Sportevents streiten sich meistens viele Länder. Und das, obwohl solche Veranstaltungen den Staat Unmengen an Geld kosten. Wie passt das zusammen? wer verdient an Olympia und welche politischen Funktionen haben die Spiele für Regierende? – Ein Kommentar von Herbert Scholle

    Die Kosten für die Olympischen Spiele in Paris in diesem Sommer liegen jetzt schon bei über 9 Milliarden Euro und sie werden vermutlich noch weiter steigen. Mehr als ein Drittel der Gelder kommt dabei direkt aus Steuermitteln. Damit schneidet Paris im Vergleich zu früheren Olympischen Spielen noch eher unterdurchschnittlich ab.

    Wer verdient an Olympia?

    Doch das ist nicht alles: Bei Sportgroßereignissen wie Olympia müssen Städte und Länder neben den offiziellen Kosten in der Regel noch gewaltige Investitionen für den Ausbau und die Sanierung von Infrastruktur einplanen, wie etwa Flughäfen oder Straßen. Natürlich rechnen sie auf der anderen Seite mit Einnahmen durch Tourismus und Werbedeals.

    Das wirkliche Geschäft mit Olympia machen aber nicht die Staaten, sondern das „Internationale Olympische Komitee” (IOC): Offiziell eine Non-Profit-Organisation, kassiert das IOC die immensen Bewerbungsgebühren der möglichen Austragungsorte und verkauft außerdem die Rechte für die Ausstrahlung und Vermarktung der Spiele. Olympia ist daneben ein Riesengeschäft für Großkonzerne, die viel Geld in Werbung und Sponsoring investieren, um ihre Waren bekannt zu machen. Daran verdienen wiederum Fernsehsender und andere Medien, die Betreiber von Stadien und überhaupt die Werbeindustrie. Nicht zu vergessen unter den Profiteur:innen von Olympia sind auch Hotels, Airbnb, Restaurants, Gastronomieketten, Handelskonzerne und viele mehr.

    Wessen olympische Spiele?

    Warum aber reißen sich regelmäßig so viele Länder bzw. Städte darum, Events wie die Olympischen Spiele auszutragen? Dafür gibt es – neben der Vernetzung von Staat und kapitalistischen Konzernen – auch einige politische Gründe: Der offensichtlichste und vermutlich auch wichtigste ist hierbei die Außenwirkung.

    Der Gastgeber einer weltweit berühmten Veranstaltung zu sein, bringt jede Menge Prestige. Die französische Regierung kann sich in diesem Jahr im eigenen Land als diejenige Kraft darstellen, die Olympia nach Frankreich geholt hat. Außerdem dient ein solches Spektakel natürlich als wunderbare Ablenkung – beispielsweise von Skandalen oder unbeliebten politischen Entscheidungen.

    Olympia als politisches Werkzeug

    Dieses Prestige gibt es natürlich auch auf internationaler Ebene und wird manchmal als „Sportswashing“ bezeichnet. Dieses hat eine lange Tradition, denkt man etwa an die Fußballweltmeisterschaften in Katar in 2022 oder an Argentinien während der Militärdiktatur 1978 und Italien im Faschismus 1934.

    Auch Hitlerfaschist:innen nutzten die Olympischen Spiele in Berlin im Jahr 1936, um ihr internationales Image gehörig aufzupolieren. Auf diese Weise missbrauchen die Herrschenden immer wieder Sportereignisse zur Steigerung ihres politischen Ansehens.

    Mehr Kontrolle durch mehr „Sicherheit“?

    Darüber hinaus nutzen Staaten die Olympischen Spiele und andere Sportgroßereignisse auch als Vorwand, um die innere Aufrüstung im eigenen Land voranzutreiben. Am Beispiel der diesjährigen Olympischen Spiele kann man das gut erkennen, denn der französische Staat baut im Zuge der Veranstaltungen beispielsweise öffentliche Überwachungsmaßnahmen massiv weiter aus.

    Auch nutzen Staaten solche Ereignisse, um ihr Repressionspersonal wie Polizei und Sondereinheiten darin zu trainieren, große Menschenmengen zu kontrollieren und im Zaum zu halten: zum Beispiel durch die Errichtung von Checkpoints in Paris oder die allgemein stark erhöhte Polizeipräsenz. Die daraus gezogenen Erfahrungen kann der Staat später dann gegen politische Bewegungen nutzen – hier hat der französische Staat bereits jede Menge Erfahrung.

    Ob als „Brot und Spiele“ zur Ablenkung der Bevölkerung, als politisches Instrument zur Hebung des eigenen Ansehens oder einfach als Geschäft – Kapital und Staat nutzen große Sportereignisse auf vielfältige Art für ihre Zwecke.

    Dieser Text ist in der Print-Ausgabe Nr. 88 vom Juli 2024 unserer Zeitung erschienen. In Gänze ist die Ausgabe hier zu finden.

    • Perspektive-Autor seit 2023 und -Redakteur seit 2024. Der Berliner Student schreibt besonders gern über Arbeitskämpfe und die Tricks der kapitalistischen Propaganda. Er interessiert sich außerdem für Technologie und Fußball sowie deren gesellschaftliche Auswirkungen.

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