Ende 2016 wurde der türkischstämmige Musa Aşoğlu in Hamburg festgenommen. Seitdem befindet er sich in Untersuchungshaft. Nach 60 Verhandlungstagen ist er nun wegen Mitgliedschaft in der türkischen verboten Organisation DHKP-C zu 6 ¾ Jahren Haft verurteilt worden. Militante Straftaten wurden ihm nicht nachgewiesen.
Am Dienstag ist Musa Aşoğlu vom Hamburger Oberlandesgericht wegen „Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung“ nach §129b Strafgesetzbuch zu 6 Jahren und 9 Monaten Haft verurteilt worden. Über zwei Jahre davon hat Aşoğlu bereits in Isolationshaft abgesessen.
Ihm wird vorgeworfen, von Ende 2009 bis zu seiner Festnahme am 2. Dezember 2016 für die Führung der türkischen Organisation DHKP-C (Revolutionäre Volksbefreiungspartei/-front) verantwortlich gewesen zu sein. In Deutschland ist die Organisation seit 1998 verboten, von den USA und der EU wird sie auf „Terrorlisten“ geführt. Der Organisation werden mehrere Anschläge in der Türkei, insbesondere gegen Polizeistationen und Einrichtungen der USA, zugeschrieben.
In der Urteilsbegründung warf die Vorsitzende Richterin dem Angeklagten Aşoğlu vor, nicht friedlich gegen den amtierenden Machthaber Erdogan zu demonstrieren, sondern das System umstürzen zu wollen: „Für die Errichtung einer marxistisch-leninistischen Gesellschaftsordnung befürwortet er den bewaffneten Kampf, und er nimmt in Kauf, dass Menschen getötet werden.“
Konkrete militante Aktionen wurden Aşoğlu jedoch in der der Urteilsbegründung nicht nachgewiesen. Neben der Mitgliedschaft in der DHKP-C wird ihm zur Last gelegt, Kundgebungen und Konzerte der bekannten türkischen Band „Grup Yorum“ organisiert zu haben. „Mitglied in einer Organisation zu sein, Konzerte und Kundgebungen zu organisieren genügen im Rechtsstaat Deutschland offenbar um hinter Gitter zu gelangen.“, so die Unterstützungsorganisation „Freiheitskomitee“.
Solidarität im Gerichtssaal
Der Saal, in dem die Urteilsverkündung gegen Musa Aşoğlu stattfand, war mit rund 60 UnterstützerInnen des Angeklagten voll besetzt. Als dieser von den Sicherheitskräften in den Gerichtssaal geführt wurde, ertönten in deutscher und in türkischer Sprache: „Hoch die internationale Solidarität“, „Freiheit für alle politischen Gefangenen“, „Revolutionär zu sein ist kein Verbrechen“. Auch nach der Urteilsverkündung blieben die Sympathisanten nicht ruhig und riefen unter anderem „Klassenjustiz!“. Aşoğlu lächelte seinen UnterstützerInnen immer wieder zu. Nach dem Prozess kamen sie noch einmal zu einer kurzen Kundgebung zusammen.
In einer anschließenden Erklärung wertete das Freiheitskomitee den Prozess gegen Aşoğlu als „politischen Prozess“: „Folgerichtig wird er auch nicht für seine Taten, sondern für seine Gesinnung verurteilt. Das solches im „Namen des deutschen Volkes“ und ihm Namen des Rechtes geschehen kann, ist unerträglich. Nicht der unterdrückerische türkische Staat wird angeklagt, sondern diejenigen, die dieses Unrecht bekämpfen. Nicht die deutsche Militärmaschinerie, die inner- und außerhalb der NATO an allen Fronten gegen die Völker kämpft, wird angeklagt, sondern diejenigen, welche diese barbarischen Angriffe bekämpfen.“
Die Rechtsanwältin des Angeklagten, Fatma Sayin, erklärte, Revision gegen das Urteil einlegen zu wollen.
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