Während Bundespräsident Steinmeier seine Weihnachtsansprache vor einem üppig geschmückten Baum hält, leben tausende Menschen aller Religionen in Asyllagern. EU-Länder weigern sich, Menschen aufzunehmen und PolitikerInnen in der BRD heucheln Menschlichkeit. – Ein Kommentar von Olga Wolf
Die Aufnahmelager in Griechenland sind überfüllt. Die unbegleiteten Minderjährigen aufzunehmen ist eine freiwillige Entscheidung, und die EU-Staaten fällen sie äußerst zögerlich. Dementsprechend wird die Situation in den Lagern immer belastender und gefährlicher.
Ihr Kinderlein kommet?
Auch Deutschland sperrt sich, die Menschen aufzunehmen. Mit der Parole „Ihr Kinderlein kommet“ forderte der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck, bis zu 4.000 junge Menschen von griechischen Inseln aufzunehmen. Sein Vorschlag wäre ein guter Schritt voran, der die Lage auf den griechischen Inseln entspannen könnte. Leider spricht die Praxis seiner Partei eine ganz andere Sprache.
Die Parteichefin Baerbock sprach sich für „Härte“ bei Abschiebungen aus. Sicher solle es Ausnahmen geben, wie die Abschiebung nach Afghanistan, die unmenschlich wäre. Wenige Stunden später verabschiedete die Grüne als Teil einer schwarz-grünen Regierungskoalition in Hessen einen Koalitionsvertrag, nach dem Abschiebungen in dieses Kriegsgebiet sehr wohl durchführbar sind.
CSU-Sprecher stellt Frauenfeindlichkeit unter Beweis
Selbst gegen Habecks Phrase, die in Anbetracht seiner politischen Praxis keinerlei Gefahr für Seehofers menschenfeindliche Politik darstellt, ging Seehofer an.
Und der Sprecher der CSU, Franz Stangel, stellte mit seiner Reaktion auf Habecks Aufforderung seine rassistische und frauenfeindliche Haltung unter Beweis. Nicht nur, dass er die Dringlichkeit der Situation nicht erkennen wollte. In Manier des mächtigen, weißen Mannes ließ er über Twitter verlauten: „Wendet sich Ihr Tweet gegen über 100.000 abgetriebene Kinder im Jahr, oder wie ist er zu verstehen? Nur eine Verständnisfrage. Und nein, ich verurteile niemanden.“
Nicht reinfallen auf leere Versprechen
Die Weihnachtszeit scheint einige PolitikerInnen dazu zu verleiten, sich mit Menschlichkeit und Nächstenliebe zu schmücken. Habecks Vorschlag ist gut, aber unglaubwürdig. Er baut eine menschliche Fassade für seine Partei, die Fluchtursachen schafft und Abschiebungen durchsetzt.
Zu hoffen, dass jemandem das „Ihr Kinderlein kommet“ im Hals stecken bleibt, ist ganz nett. Mit der eigenen Partei aber in das selbe rassistische Horn zu blasen, ist furchtbar. Nicht nur die Kinderlein sollen kommen – alle, die zur Flucht gezwungen wurden, müssen ankommen dürfen!
Und darüber hinaus: Die Kinderlein sollten bleiben können, wo sie gelebt haben, wenn sie das wollen. Krieg und Klimakrise machen das aber unmöglich. Auch in diesen Politikfeldern ist die Politik der Grünen progressiver Schein und rückschrittliches Sein.