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Samstag, April 20, 2024
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    100 Jahre Kommunistische Partei Deutschlands – eine Chronik

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    Heute vor hundert Jahren wurde die Kommunistische Partei Deutschlands (KPD) gegründet. Was ist seit dem geschehen? Eine kleine Chronik von 1919 bis heute.

    Das war echt knapp: Im November 1918 begann mit der „Novemberrevolution“ der erste Versuch, in Deutschland den Kapitalismus zu stürzen und eine andere Gesellschaft, den Sozialismus aufzubauen – doch es fehlte an einer Organisation aller Sozialisten! Diese hatten sich noch zu lange in der SPD aufgehalten, die den ArbeiterInnen bereits mehrfach in den Rücken gefallen war. In einem dreitägigen Parteitag wurde dann vom 30.12.1918 bis zum 1.1.1919 die Kommunistische Partei Deutschlands gegründet.

    Sie versuchte aufs schnellste die Kämpfe die in ganz Deutschland am Gange waren zusammenzuführen. Doch schon zwei Wochen nach der Gründung wurden ihre Anführer Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht ermordet. Die Münchener und Bremer Räterepublik, in welcher die ArbeiterInnenklasse schon die Macht übernommen hatten, konnten niedergeschlagen werden. Auch weil die Kommunisten zu lange gezögert hatten, sich in einer revolutionären Organisation zusammenzuschließen, scheiterte der erste Versuch, den deutschen Kapitalismus grundlegend zu überwinden.

    Die KPD der Weimarer Republik (1919 – 1933)

    Doch die KPD gab nicht auf. In den kommenden Jahren kam es immer wieder zu großen Kämpfen: Im März 1920 verhinderte die Rote Ruhrarmee den ersten faschistischen Putschversuch, den Kapp-Putsch. 1923 gab es mit dem Hamburger Aufstand erneut einen Versuch, die sozialistische Revolution in Deutschland anzustoßen, der jedoch ebenfalls misslang. Eine Phase relativer Stabilität setzte ein.

    Die KPD war mittlerweile zu einer großen Partei mit mehreren hunderttausend Mitgliedern angewachsen. Sie besaß Zellen und Verbindungen in viele tausend Betriebe und Stadtteile. Sie vertrieb Dutzende verschiedener Zeitungen, baute die Internationale Arbeiterhilfe und die Rote Hilfe Deutschlands auf. 1924 schuf sie mit dem Roten Frontkämpferbund (RFB) die mächtigste Kampforganisation gegen den aufziehenden Hitler-Faschismus.

    Mit dem eEnsetzen der Weltwirtschaftskrise um 1929 vergrößerte sich das Elend der ArbeiterInnenklasse. Die KPD trat damals auch zu Wahlen an: Noch im Jahr 1932 erhielt sie bei der Reichtstagswahl 6 Millionen – und damit 16,9% aller Stimmen. Doch obgleich die KPD eine starke Verankerung in der ArbeiterInnenklasse hatte, war auch die SPD noch einflussreich und die NSDAP gewann an Zustimmung.

    Auch nach mehrmaligen Angeboten von Seiten der KPD an die SPD, zusammen gegen Hitler anzugehen, lehnte diese ein antifaschistisches Bündnis ab. Der SPD-Innenminister Carl Severing setzte 1929 sogar das Verbot des RFB durch. Eine Einheitsfront von KPD und SPD kam nicht zu Stande, sodass Hitler 1933 erfolgreich die Macht ergreifen konnte.

    Die KPD im antifaschistischen Widerstand (1933 – 1945)

    Nach der Machtergreifung wurden zehntausende Kommunisten, Sozialdemokraten und Linke ins Gefängnis gesteckt, tausende in den späteren Konzentrationslagern ermordet.

    Mängel in der Vorbereitung auf den Untergrund hatten Hitler die Verfolgung der KPD leicht gemacht. So fanden die Nationalsozialisten bei Erstürmung der KPD-Zentralen teilweise umfangreiche Mitgliederlisten der Organisation vor.

    Dennoch leisteten die Kommunisten unter Hitler antifaschistischen Widerstand, sowohl durch illegale Häftlingsstrukturen, als auch außerhalb der der Konzentrationslager. Einige Tausend deutsche Kommunisten gingen nach Spanien, um sich dort den Internationalen Brigaden im Kampf gegen den Franco-Faschismus anzuschließen.

    Die KPD nach Kriegsende (1945 – 1968)

    Nach Kriegsende war die KPD massiv geschwächt. Doch die Schrecken des Weltkriegs, der bedeutende Einsatz der Sowjetunion zur Niederschlagung des Hitler-Faschismus brachten viele Menschen wieder auf die Suche nach einer Alternative zum Kapitalismus. In dieser Zeit konnte die KPD sich wieder stückweise aufbauen, viele der neu eingerichteten Betriebsräte waren KPD-Mitglieder, bei der ersten Bundestagswahl 1949 erhielt die KPD 5,7% der Stimmen.

    Im Zuge der DDR-Gründung vereinigten sich KPD und SPD in Ost-Deutschland zur SED. Im Westen war die KPD immer größerer Repression ausgesetzt. 1950 wurde ein Berufsverbot gegen KPD-Mitglieder im öffentlichen Dienst erlassen. Obgleich die KPD den „revolutionären Sturz der Adenauer-Regierung“ aus ihrem Programm strich, wurde sie dann 1956 vom Bundesverfassungsgericht verboten, das Verbot gilt bis heute.

    Die 68er-Bewegung

    Mitte der 60er Jahre begann mit dem Ende des Wirtschaftsaufschwungs in Deutschland das, was wir heute unter der „68er-Bewegung“ kennen: massenhafte und wilde Arbeiterstreiks, internationalistische Solidaritätsaktionen mit den weltweiten Befreiungskämpfen – insbesondere in Vietnam – und der Widerstand gegen die von Alt-Nazis durchzogenen staatlichen Apparate durch StudentInnen.

    Einige Kämpfer der nun illegalen KPD hatten ihre politische Aktivitäten weitergeführt und wurden zu Initiatoren neuer Projekte, die den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei anstrebten oder sich als solche sahen. Ein Teil gründete in Absprache mit den deutschen staatlichen Behörden und der Sowjetunion die „Deutsche Kommunistische Partei“ (DKP), die jedoch wesentliche Elemente der kommunistischen Theorie – wie die Diktatur des Proletariats – aus ihrem Programm strich.

    Daneben entstanden unter Führung von Ex-KPD-Mitgliedern wie Willi Dickhut oder Ernst Aust weitere Organisationen wie der KABD (Kommunistischer Arbeiterbund Deutschlands) und die KPD/ML. Auch der KB oder KBW (Kommunistischer Bund Westdeutschland) und die KPD/AO (Aufbauorganisation) waren größere Organisationen dieser Zeit, die sich in der Tradtion der KPD sahen. Bis auf wenige Ausnahmen sind fast alle der damaligen Organisationen heute nicht mehr existent. Sie wurden durch Repression zerschlagen, durch warme Posten in Gewerkschaften oder der Grünen Partei integriert oder haben sich selbst durch Sektierertum und Dogmatismus in die Bedeutungslosigkeit verabschiedet.

    Und heute?

    Heute gibt es in Deutschland keine Kommunistische Partei, die wie die KPD der 20er- und 30er-Jahre Millionen-Massen mobilisiert und tausende Revolutionäre in ihren Reihen zählt. Dennoch gibt es Organisationen und Strukturen, die diesen Kampf zum Wiederaufbau der KPD weiterführen. Wer Erfolg haben wird, kann nur die Praxis zeigen.

    Doch auch die objektiven Bedingungen spielen hier eine Rolle. Historisch hat sich die Notwendigkeit einer kommunistischen Bewegung immer wieder dann vergrößert, wenn die  Widersprüche des Systems die ArbeiterInnenklasse zum Widerstand trieben. Und das Jahr 2019 lässt nichts Gutes ahnen: die Zuspitzung von Kämpfen zwischen den Großmächten, eine drohende Weltwirtschaftskrise, immer mehr um sich greifende Klima-Extreme… Wie es Karl-Marx in unserem heutigen Exklusiv-Interview sagt: „Es wird mal Zeit für den Wiederaufbau der Kommunistischen Partei!“

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    • Perspektive-Autor und -Redakteur seit 2017. Schwerpunkte sind Geostrategie, Rechter Terror und Mieter:innenkämpfe. Motto: "Einzeln und Frei wie ein Baum und gleichzeitig Geschwisterlich wie ein Wald."

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