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Donnerstag, März 28, 2024
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    10 Jahre Kunduz-Massaker – 10 Jahre ohne Gerechtigkeit

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    Vor genau 10 Jahren, am 4. September 2009, befahl der deutsche Oberst Georg Klein um 2 Uhr nachts die Bombardierung von zwei Tanklastwagen in der Nähe der afghanischen Stadt Kunduz. Bei dem Massaker wurden bis zu 150 Menschen ermordet. Bis heute gibt es keine Gerechtigkeit für die Opfer, geschweige denn eine Verurteilung der Täter. – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann

    „Aufständische vernichten“

    Für Oberst Georg Klein, der nach dem Massaker zum General befördert und in die Kölner Lüttich-Kaserne versetzt wurde, musste es sich bei den Tanklastern um eine potentielle Gefahr handeln und die Menschen-Traube um die Laster konnte nur aus gefährlichen Aufständischen bestehen… Deshalb drängte Klein in dieser Nacht zwei amerikanische Kampfflugzeuge dazu, die „Aufständischen zu vernichten“.

    Jegliche andere Methoden, etwa die Menschen von den Lastwagen zu verscheuchen, lehnte Klein entschieden ab und bestand auf der Tötung möglichst aller Menschen. Dies geht aus dem aufgezeichneten Funkverkehr zwischen den Flugzeugen und dem deutschen Afghanistan-Kommando hervor. Ganze fünf Mal fragten die Soldaten nach, ob sie die Bomben wirklich abwerfen sollten. Klein blieb bei seinem Befehl!

    Aufklärung? Fehlanzeige!

    Zahlreiche Ausschüsse, Kommissionen, Gerichte und militärische Stellen beschäftigten sich in den vergangenen zehn Jahren mit dem Massaker, dem konkreten Ablauf, den Opfern und Tätern. Bis heute konnte die genaue Zahl der Toten jedoch nicht geklärt werden. Auch sonst konnte bzw. sollte nicht viel über diese verhängnisvolle Nacht aufgeklärt werden.

    „Aber die Kernfrage, nämlich wie viele Menschen ließ Deutschland in jener Nacht umbringen: Da steht selbst im dicksten Bericht am Ende nur ‚zwischen 17 und 142 Opfer‘. Das fanden wir so unverschämt, ja obszön, dass man Menschen umbringen lässt und ihnen dann noch nicht einmal den Respekt entrichtet, sagen zu können, wen man da umgebracht hat, wie viele man umgebracht hat“, so beschreibt der Journalist Christoph Reuter den Umgang der zuständigen NATO-Stellen mit dem Massaker.

    Schadensersatz? Niemals!

    Oberst Klein wurde von allen Gerichten freigesprochen. Scheinbar hat er nach militärischer Logik und zur Durchsetzung deutscher Interessen korrekt gehandelt, als er dieses Massaker anordnete.

    Auch der Schadensersatzprozess von Hinterbliebenen des Massakers vor dem Bonner Landgericht stellte dies im Dezember 2013 nochmals klar. Die Klage der Angehörigen wurde abgeschmettert. Das Gericht argumentierte damals mit ähnlichen Urteilen zu den Massakern der SS in Griechenland. Auch hier hatte der deutsche Staat jegliche Entschädigung abgelehnt.

    AntimilitaristInnen zeigten damals bereits vor der Urteilsverkündung, was sie von Klein hielten: Sie färbten die Fassade des Bonner Landgerichts blutrot und hinterließen die Schriftzüge Oberst Klein = Mörder und Kunduz = Bundeswehrmassaker.

    Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

    • Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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