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Samstag, April 27, 2024
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    “Grup Yorum machen kulturellen Klassenkampf mit ihrer Musik”

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    Interview mit Sami Baydar über aktuelle Ermittlungsverfahren und Auftrittsverbote gegen die linke türkische Band “Grup Yorum” in Deutschland und der Türkei.

    Sami Baydar ist Theologe in der Syrisch-Orthodoxen Kirche von Antiochien (antike Stadt in Syrien) und ein linker politischer Aktivist, der sich für die Rechte der Aramäer vor allem in der Türkei einsetzt.

    Immer wieder kommt es in Deutschland zu Auftrittsverboten gegen die aus der Türkei stammende Musikgruppe Grup Yorum. Zuletzt verbot die Kölner Polizei ein Konzert der Gruppe und stürmte den Konzertsaal. Wer ist Grup Yorum?

    Seit ihrer Gründung im Jahr 1985 beteiligt sich Grup Yorum an den sozialen Kämpfen des Volkes, unterstützt Arbeitskämpfe, stellt sich gegen die Angriffe auf das Volk. In den Liedern Grup Yorums, die auf türkischer, kurdischer, zazaischer, lasischer und arabischer Sprache gesungen werden, geht es immer um die Unterdrückung der Menschen.

    Grup Yorum ruft in den Liedern zur Geschwisterlichkeit unter den Völkern, zu Einheit und Gerechtigkeit auf. Grup Yorums Lieder werden bei jedem Streik, bei jedem Trauerfall, bei jeder Beerdigung gespielt. Millionen von Menschen besuchen die Konzerte, wie zuletzt 2015 in Istanbul, als 1,5 Millionen Menschen das Konzert der Gruppe besuchten.

    Wieso ist Grup Yorum stark im Fokus der türkischen Behörden und welcher Repression muss sich die Gruppe dort stellen?

    Grup Yorum machen kulturellen Klassenkampf mit ihrer Musik. Die Band spielt Lieder gegen Kapitalismus, Faschismus und Imperialismus. Sie setzt sich offen für ein sozialistisches Gesellschaftssystem ein. Das ist auch der Grund, warum sich Grup Yorum in ihrer 34-jährigen Geschichte immer Repressionen ausgesetzt sah.

    Der faschistische türkische Staat versucht deshalb, die Musikband Grup Yorum mit Kopfgeldern, Inhaftierungen, Razzien, Albenverboten als auch Konzertverboten, Folter, allgemeiner Kriminalisierung und Diffamierung zum Schweigen zu bringen.

    Zur Zeit befinden sich mehrere Mitglieder der Gruppe im Hungerstreik. Was sind ihre Forderungen?

    Derzeit sind vier Mitglieder von Grup Yorum inhaftiert, fünf weitere Mitglieder befinden sich seit über vier Monaten im unbefristeten Hungerstreik. Grup Yorums Forderungen sind:

    • Das “Idil Kulturzentrum” (in Istanbul, Anmerk. der Redaktion) soll nicht mehr gestürmt werden!
    • Die Konzertverbote sollen aufgehoben werden!
    • Die Namen sollen von der Fahndungsliste gestrichen werden!
    • Die inhaftierten Mitglieder von Grup Yorum sollen freigelassen werden!
    • Alle Strafverfahren sollen fallen gelassen werden!

    In welchem Zusammenhang stehen die aktuellen Repressionen gegen die Musikgruppe in der Türkei und in Deutschland?

    In Deutschland wird versucht, die Musikband daran zu hindern, auf Konzerten aufzutreten wie auf dem Solidaritätskonzert am 24. November in Köln, das von der deutschen Polizei verhindert wurde.

    Den Mitgliedern werden Einreiseverbote erteilt, der Verfassungsschutz reist durchs ganze Land und bedroht Hallenbetreiber damit, selbst angeklagt zu werden, sollte Grup Yorum auftreten.

    Der faschistische türkische Staat und die imperialistische BRD werfen der sozialistischen Musikband Grup Yorum vor, integraler Bestandteil der verbotenen marxistisch-leninistischen Organisation “Revolutionäre Volksbefreiungspartei – Front” (DHKP-C) zu sein.

    Zur Zeit finden auch in Deutschland zahlreiche Solidaritätsaktionen statt. Was ist in der kommenden Zeit an weiteren Aktionen geplant?

    Mit dem am 29. November in Köln begonnenen Langen Marsch, der am Dienstag in Nürnberg, am Mittwoch zusammen mit dem Internationalistischen Bündnis München, als auch in Augsburg mit dem Volksrat der Aramäer und anschließend nach Ulm, Stuttgart, Mannheim und nach Frankfurt weiter zieht, will das Solidaritätskomitee von Grup Yorum auch auf politische Gefangene wie den Volksfront-Aktivisten (Halk Cephesi), Mustafa Kocak, oder die Rechtsanwälte des Volkes (Halkın Hukuk Bürosu, HBB) in der Türkei aufmerksam machen und sie unterstützen.

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