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Freitag, April 19, 2024
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    Indien hat 2019 das Internet mehr als 100 Mal abgeschaltet – um Proteste zu unterbinden

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    Die indische Regierung hat das Internet seit 2012 in verschiedenen Teilen des Landes 374 Mal abgeschaltet. Mehr als hundert dieser „Shutdowns“ erfolgten allein im Jahr 2019. In einigen Bundesländern, wo Proteste besonders heftig sind, ist das Internet seit mehreren Monaten nicht verfügbar.

    Die letzte Abschaltung fand am Donnerstag im Bundesstaat Uttar Pradesh statt, als das Netz an mindestens acht Stellen unterbrochen wurde. In Kaschmir gibt es schon seit dem 5. August keinen Web-Dienst mehr – also schon über fast 5 Monate. Es ist die längste Internet-Abschaltung in einem Land, das offiziell als „Demokratie“ bezeichnet wird. Indien ist den Abschaltungen mit großem Abstand weltweit führend.

    Die Anzahl der Staaten, die das Internet in einem oder mehreren Distrikten abgestellt haben, ist von Jammu und Kashmir im Jahr 2012 auf 14 Staaten im Jahr 2019 gestiegen. Am 19. Dezember wurde das Internet dann sogar in einigen Teilen von Indiens Hauptstadt Delhi geschlossen, als Reaktion auf Proteste gegen den „Citizenship Amendment Act“.

    Proteste gegen CAA

    Seit Wochen protestieren zehntausende InderInnen gegen dieses neues Gesetz. Es soll illegal eingereisten Migranten aus den drei mehrheitlich muslimischen Nachbarländern die Einbürgerung erleichtern – ausgenommen davon sind aber ausgerechnet Muslime. Viele muslimische Menschen im Land fürchten nun, zu Bürgern zweiter Klasse degradiert zu werden.

    Seit Tagen kommt es daher zu den Massenprotesten. Besonders stark sind sie in Kaschmir, wo – einzig unter allen indischen Bundesstaaten – eine mehrheitlich muslimische Bevölkerung lebt.

    Bei der Abschaltung des Internets handelt es sich um eine krasse Menschenrechtsverletzung. Die Vereinten Nationen haben den Internetzugang 2016 zu einem grundlegenden Menschenrecht erklärt. In Indien erkennt ihn aber nur der Bundesstaat Kerala als solches an – auf Anordnung des Obersten Gerichtshofs von Kerala im Jahr 2017.

    Unterdrückung von Protesten

    Die Organisation “Access Now”, die weltweit Internet-Abschaltungen beobachtet, sieht in der Maßnahme eine Methode zur Unterdrückung von Protest:

    „Wenn Regierungen das Internet unter Berufung auf die ‚öffentliche Sicherheit‘ abschalten, ist es für Beobachter oftmals offensichtlich, dass Behörden in Wahrheit Proteste befürchten. Durch die Abschaltung des Internets wird den Menschen die Möglichkeit genommen, sich zu organisieren und ihrem Willen Ausdruck zu verleihen – egal ob online oder offline.“

    Neben Indien kam es 2019 auch zu mehreren Shutdowns unter anderem im Iran, Kasachstan, Sudan oder Äthiopien. Aber auch Länder wie das Vereinigte Königreich oder die USA haben gesetzlich die Möglichkeit, das Internet abzuschalten.

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