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GroKo-Abgeordnete machen Aufschlag für Sex-Kaufverbot

Wie viele Dienstleistungen wurde auch jede Art von Sexarbeit, die körperliche Nähe erfordert, als Pandemiemaßnahme untersagt. Prostitution gehört dabei zu den Berufsgruppen, die ihre Arbeit noch nicht wieder aufnehmen dürfen. In dieser Situation formulieren 16 ParlamentarierInnen den Vorschlag für ein Sex-Kaufverbot in Deutschland.

„Es dürfte auf der Hand liegen, dass Prostitution die Wirkung eines epidemiologischen Super-Spreaders hätte – sexuelle Handlungen sind in der Regel nicht mit Social Distancing vereinbar“. Das haben 16 Abgeordnete aus CDU/CSU und SPD formuliert, unter ihnen der ehemalige Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Karl Lauterbach (SPD), der sich als Epidemiologe zuletzt häufiger zur Corona-Pandemie äußerte.

Doch auch abgesehen vom Infektionsschutz fordern die ParlamentarierInnen ein Sex-Kaufverbot: „Diesen Frauen hilft nicht die Wiedereröffnung der Bordelle, sondern eine Ausbildung oder Tätigkeit in einem existenzsichernden Beruf.“. Dazu empfehlen sie das schwedische Modell, nach dem Sexarbeit  nicht strafbar bleibt, die Kunden jedoch kriminalisiert werden.

In Schweden gibt es dieses Modell seit den 90ern. Seine Wirksamkeit ist jedoch sehr umstritten: Organisierte Kriminalität rund um Sexarbeit hat nicht ab-, sondern zugenommen und die Prostitution wird zunehmend online organisiert. Immer noch hat Deutschland aber 62mal so viele Opfer durch Menschenhandel wie Schweden, obwohl die Bevölkerung nur zehn Mal größer ist.

Deutschland als „Bordell Europas“

Deutschland hat im europäischen Vergleich sehr liberale Gesetze zur Prostitution. Die Frage, wie der Schutz von SexarbeiterInnen gewährleistet werden kann und welche Bedürfnisse dabei überhaupt im Vordergrund stehen, beantworten viele Initiativen rund um Sexarbeit sehr unterschiedlich.

Einzig zur jüngsten Änderung in der Gesetzeslage, dem Prostituiertenschutzgesetz, besteht weitestgehende Einigkeit. Beispielsweise sieht es einen „Hurenausweis“ vor und eine Registrierung bei der jeweiligen Gemeinde. Derartige Maßnahmen würden Menschen in der Prostitution eher noch mehr gefährden, meint hingegen der „Hydra e.V.“. Vor allem SexarbeiterInnen, die etwa transident sind – in deren Ausweis also als Geschlecht zum Beispiel „Mann“ steht, die aber in Person als Frau zu erkennen sind – setze der Ausweis zusätzlich unter Druck.

SexarbeiterInnen in Corona-Armut

Gerade wegen der liberalen Gesetzgebung arbeiten in Deutschland viele Prostituierte aus Osteuropa. Viele zählen zur sogenannten „Armutsprostitution“, also der absoluten Abhängigkeit von einem Bordell, da sie ansonsten beispielsweise obdachlos wären. Einige Hochrechnungen gehen von einem Anteil bis zu 90 % an Armuts- und Zwangsprostitution aus.

Diese Prostituierten haben keinerlei Rücklagen, die Kontaktbeschränkungen stellen sie vor riesige Herausforderungen. Da in Bordellen derzeit nicht gearbeitet wird, wurde zumindest das Übernachtungsverbot aufgehoben, sodass die Räume nun als Schlafräume genutzt werden können.

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