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Freitag, April 19, 2024
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    Gericht kippt Videoüberwachung gegen faschistisch dominierte Straße in Dortmund-Dorstfeld

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    Die Emscherstraße in Dortmund-Dorstfeld ist eine Hochburg der faschistischen Szene in Westdeutschland. An den Wänden steht „Nazi-Kiez“ und schwarz-weiß-rote Fahnen hängen aus den Fenstern. Doch ein Gericht sieht keinen „Kriminalitätsschwerpunkt“, der eine Videoüberwachung durch die Polizei gerechtfertigt. Jetzt denkt der NRW-Innenminister Reul (CDU) laut über den Begriff der „geistigen Kriminalitätsschwerpunkte“ nach. Dies könnte sich auch insbesondere gegen Linke richten.

    Die faschistische Szene in Dortmund-Dorstfeld hat einen Sieg vor Gericht erlangt. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen hat entschieden, dass eine polizeiliche Videoüberwachung der Emscherstraße nicht zulässig sei. Dort wohnen mehr als 30 Neonazis, organisieren ein Versandhandel und beteiligen sich am Aufbau bundesweiter Nazi-Strukturen. Die faschistische Szene kann dabei auf eine über 30-jährige gewalttätige Kontinuität zurückblicken und ist eine der stärksten in Nordrhein-Westfalen.

    Wie ein Pressesprecher des Gerichts mitteilte, sei es der Polizei jedoch „nicht gelungen zu belegen”, „dass es sich um einen Kriminalitätsschwerpunkt handelt, im Vergleich zu anderen vergleichbaren Stadtteilen. Und sie hat auch keine belastbaren Unterlagen dafür gesehen, dass dort erhebliche Straftaten drohen.“

    Sie hatte nur fünf Nazi-Sprühereien angegeben, wobei bekannt ist, dass die faschistische Szene vor Ort seit Jahren durch regelmäßige Bedrohungen und Gewalttaten auffällt – nur scheint die Polizei solche in diesem Umfeld nicht zu registrieren.

    Tatsächlich scheint die Polizei bei dem Verfahren auffallend schlecht vorbereitet gewesen zu sein. So erklärte der Linkspartei-Politiker und Rechtsanwalt Jaspar Prigge: „Aus meiner Sicht ist es schon absehbar, wenn man wenig Tatsachenmaterial hat, dass das durchaus riskant ist. Gerade, wenn ich eigentlich damit rechnen muss – und das muss man bei den Rechtsextremisten in Dortmund doch durchaus –, dass es zu einer gerichtlichen Überprüfung kommt. Dann soll ich zumindest ein bisschen was in der Hand haben. Wenn ich aber keine Pfeile im Köcher habe, kann ich auch nicht treffen.“

    „Geistige Kriminalitätsschwerpunkte“

    NRW-Innenminister will die schlechte Vorbereitung seiner Behörde nun offenbar nutzen, um polizeiliche Befugnisse noch stärker auszuweiten. So erklärte er zum Urteil, das er akzeptiere, es gebe auch “geistige Kriminalitätsschwerpunkte”. Und dies sei ein solcher. Diese müsse man in Zukunft mehr in den Blick nehmen.

    Damit will Reul in Zukunft auch Gesinnung kriminalisieren können. In der Vergangenheit war der CDU-Innenpolitiker dabei besonders mit Verbalangriffen gegen Linke und von ihnen dominierte Räume aufgefallen. So erklärte Reul 2018, dass Protestierende “aus Hambach ein zweites Hamburg machen“ wollten. Damit verwies Reul auf den G20-Gipfel in Hamburg, der unter anderem wegen der starken linken Bewegung in Hamburg eine umfangreiche Dynamik annahm.

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