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Samstag, April 20, 2024
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    Proteste in Warschau nach Verhaftung von LGBTI+ -Aktivistin

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    Am Freitagabend wurde in Warschau eine LGBTI+ -Aktivistin festgenommen. Nun ist sie für zwei Monate in Untersuchungshaft. Bei Protesten für ihre Freilassung wurden mehr als 50 Menschen festgenommen.

    Der nicht-binären Aktivistin Margot wird dabei vorgeworfen, einen Kleinbus einer faschistischen Organisation beschädigt zu haben. An diesem klebten zutiefst LGBTI+-feindliche Plakate. Letzte Woche soll Margot mit anderen AktivistInnen außerdem bekannte Denkmäler in der polnischen Hauptstadt mit Regenbogenflaggen geschmückt haben, darunter die Jesus-Statue an der Heilig-Kreuz-Kirche.

    Diese Aktionen waren eine Reaktion auf die LGBTI+-feindliche Politik und Rhetorik der polnischen Regierung um die rechte Partei PiS und des Präsidenten Andrzej Duda.

    “Fühlt ihr euch stark?”

    Als die Aktivistin sich am Freitagabend bei einer queeren Organisation in der Warschauer Innenstadt Rechtshilfe einholen wollte, wurde das Lokal von der Polizei umstellt. Auch das Fernsehen war da.

    Nach und nach sammelten sich auch UnterstützerInnen, um Margots Verhaftung zu verhindern. Diese trat aus dem Gebäude und konfrontierte die Staatsmacht: „Was wollt ihr? Fühlt ihr euch stark? Ihr schlagt auf Schwule ein, werft sie zu Boden – und jetzt wagt ihr es nicht, mich vor Allen und den Fernsehkameras zu verhaften?“, rief sie in Anbetracht der anfänglichen Untätigkeit der PolizistInnen.

    Daraufhin wurde sie festgenommen und in ein nicht gekennzeichnetes Fahrzeug der polnischen Polizei verschleppt. Beim Versuch, die Freiheit der Aktivistin zu verteidigen, wurden weitere Menschen festgenommen.

    Zwei Monate Untersuchungshaft

    Margot wurde auf Drängen der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Warschauer Gericht zu zwei Monaten Untersuchungshaft vor ihrem Gerichtsverfahren verurteilt. JuristInnen und MenschenrechtlerInnen halten dies für unverhältnismäßig – schließlich lautet der Vorwurf lediglich auf Sachbeschädigung. Derweil erwarten die Aktivistin miserable Bedingungen – sie befindet sich im Männerarrest. Wo genau, ist noch unklar.

    Nach den Verhaftungen kam es zu Protesten in der Innenstadt. Auch Sitzblockaden wurden von AktivistInnen organisiert. Die Lage spitzte sich mehr und mehr zu. Die Polizei wandte Gewalt in vorher ungekanntem Ausmaß an. Viele Demonstrierende wurden verletzt. Beispielsweise wurden ihre Handgelenke verdreht oder ihre Halsschlagadern abgeklemmt. Auch eine Abgeordnete wurde trotz parlamentarischer Immunität von PolizistInnen geschlagen.

    Aburteilung im Schnellverfahren

    Mehr als 50 Personen wurden bei den Protesten von der Polizei inhaftiert. Sie wurden zu verschiedenen Polizeistationen geschleppt, wobei es zu massiver Polizeigewalt kam.

    Einige wurden nach dem sogenannten „Hooligan-Gesetz“ im Schnellverfahren abgeurteilt. Anschuldigungen waren falsch und es wurde versucht, den Kontakt zu AnwältInnen unmöglich zu machen.

    Mindestens 53 Personen befinden sich derzeit noch in Haft. Was ihnen vorgeworfen wird, ist nicht bekannt. 16 Personen wurden bis ins 40 Kilometer entfernte Mińsk Mazowiecki gebracht. Eltern suchten in der Nacht verzweifelt nach ihren inhaftierten Kindern.

    Nach den Festnahmen demonstrierten am Wochenende in Warschau Tausende für die Freilassung der AktivistInnen.

    Verschärfung der Repression

    Es deutet sich an, dass die polnische Regierung einen härteren Kurs gegen LGBTI+-Personen fahren will. Generalstaatsanwalt und Justizminister Zbigniew Ziobro nannte Margot kriminell und benutzte konsequent falsche Namen oder Pronomen und sprach von ihr als Mann. Außerdem seien die Festgenommenen „Banditen“.

    Der Ton der polnischen Politik hatte sich schon im kürzlich zu Ende gegangenen Wahlkampf verschärft: „Man versucht uns einzureden, dass dies Menschen seien, aber dies ist ganz einfach eine Ideologie“, äußerte Präsident Duda. In Homosexualität und Aufklärungsunterricht sieht er Gefahren für die traditionelle Familie.

    Auch die katholische Kirche spielt eine stützende Rolle für die Regierung. In den letzten Jahren haben dort rechte Vertreter Schlüsselpositionen besetzt.

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