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Mittwoch, April 24, 2024
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    Rassistische Polzeigewalt – nur ein Problem in den USA?

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    Vor etwa einem Monat haben schwarze Menschen in Minneapolis eine Protestwelle entfacht, die bis heute anhält. Die Proteste rissen umgehend die Staatsgrenzen ein und wurden über Nacht in vielen verschiedenen Ländern aufgenommen und weitergetragen. – Ein Kommentar von Yusuf Özkan

    Selbst der vermeintlich mächtigste Mann der Welt – Donald Trump – kann sich seit Beginn kaum mit etwas anderem beschäftigen. Der Auslöser für die Proteste war der rassistische Mord von Polizisten an George Floyd. Die DemonstrantInnen fordern mit Nachdruck ein Ende rassistischer Polizeigewalt.

    Doch warum sollte uns hier in Deutschland etwas, das über 7.000 km weit entfernt passierte, auf die Straßen bringen? Existiert das Problem auch hier?

    Rassismus innerhalb der deutschen Polizei

    Nach einer aktuellen Recherche haben in den letzten 30 Jahren mindestens 159 MigrantInnen ihr Leben in staatlichem Gewahrsam verloren oder sind durch die Polizei getötet worden. Zu den Opfern zählen unter anderem Oury Jalloh und Amad Ahmad.

    Beide sind durch ein Feuer in ihren Zellen ermordet worden. Beide Verfahren wurden mit geringfügigen oder gar ohne Konsequenzen für die Polizisten eingestellt. Auch wenn die Behörden anderes behaupten, die Beweise sprechen eine andere Sprache und für Mord. Das Problem ist eher, dass diese Beweise die Gerichte des Staats nicht interessieren.

    Doch wie kann es sein, dass FaschistInnen ungestraft davon kommen? Leider ist es nicht die Ausnahme, sondern die Regel, dass sich PolizistInnen und AmtsträgerInnen gegenseitig decken. So wie im Fall von Amad, in den mindestens zwei Polizeibehörden involviert waren: die Polizei in Kleve und Hamburg. Man konnte nachweisen, dass die Hamburger Polizei erst nach dem Mord von Amad die polizeilichen Datensätze veränderte. Somit versuchte sie, ihre Lüge, man hätte Amad mit einem anderen Gesuchten verwechselt, zu untermauern. Denn Amad war vor seinem Tod – unbegründeter Weise – bereits vier Monate inhaftiert.

    Tod in Dessau

    Hans-Jürgen Rose (1997), Mario Bichtemann (2002) und Oury Jalloh (2005) starben alle im selben Polizeirevier und teilweise sogar in der selben Zelle, in Dessau. Das Innenministerium von Sachsen-Anhalt erklärte dazu 2018: „Zum Todesfall des Hans-Jürgen Rose sind keine polizeilichen Erkenntnisse mehr vorhanden. Es liegen keine Unterlagen vor.“ Wahrscheinlich wurden diese Unterlagen vernichtet, denn sie hätten bei der Prüfung eines Zusammenhangs der drei Dessauer Morde Aufschluss geben können. Außerdem wäre da noch die Frage, warum von jährlich mehr als 2.000 Verfahren gegen PolizeibeamtInnen nur 2% mit einer Anklage bzw. einer Verurteilung enden.

    NSU 2.0

    Innerhalb der hessischen Polizei wurden in der Vergangenheit immer wieder rechtsradikale Netzwerke aufgedeckt. Eine dieser Zellen operiert unter dem Namen „NSU 2.0“. Sie ist verantwortlich für die Drohnachrichten an die NSU-Nebenklägerin Seda Basay-Yildiz und ihre Familie – sie wurden über das Faxgerät der Polizeidienststelle verschickt. Und dass der NSU eng mit dem Inlandsgeheimdienst und Polizeibehörden verstrickt ist, wissen wir ja auch schon längst.

    Doch die mangelhafte Aufklärung der NSU-Morde ist kein bloßer Zufall. Beweise wurden nicht grundlos vernichtet. Wir müssen die weitverbreitete Illusion zurück drängen, dass der Staat auf dem rechten Auge halt ‘nur’ blind sei. Dem ist nicht so, denn genau so, wie es läuft, dient es dem Staat in seiner Rolle als Unterdrücker.

    Rassismus dient dem System

    Der Staat nutzt faschistische Netzwerke und eine unantastbare Polizei, die seine Interessen vertritt, um die Unterdrückung und Spaltung von ArbeiterInnen und MigrantInnen zu gewährleisten. Denn eine solche Spaltung nutzt wiederum den großen Banken und Konzernen, die wirklich sagen, wo es in diesem Staat lang geht.

    Sie profitieren davon, dass MigrantInnen schlecht bezahlte Jobs annehmen und Ausländer sich mit den Ausländer- und Abschiebebehörden rumschlagen müssen – mit einer permanenten Angst vor Konsequenzen, die ihre Existenz bedrohen. So werden sie in Passivität gehalten, damit sie sich nicht wehren. Ebenso profitieren die Herrschenden davon, dass die ArbeiterInnen nach Herkunft gespalten werden, damit sie sich nicht gegen den Chef oder die Chefin zusammenschließen.

    Der Kampf gegen rassistische Polizeigewalt muss also als Teil eines allgemeinen Kampfs gegen Rassismus und Kapitalismus gedacht werden. Und dieser Kampf beginnt bei unserer Solidarität mit unseren KollegInnen im Betrieb und unseren NachbarInnen.

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