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Freitag, April 19, 2024
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    Armut in Ost und West?!

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    Armut gibt es nur im Osten Deutschlands? Von wegen – in den letzten Jahrzehnten haben sich auch in Westdeutschland ganze Armutszonen entwickelt. Dazu gehören etwa das Ruhrgebiet, Bremen/Bremerhaven oder Teile des Saarlands. Der Kapitalismus, das beste aller Ausbeutungssysteme, produziert sie jeden Tag aufs neue. – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann

    Was war das hauptsächliche Resultat der sogenannten „Deutschen Einheit“? Was sind seine bis heute bestehenden Nachwirkungen? Die Antworten auf diese Fragen sind so einfach, wie die Lebensrealität vieler Menschen in Deutschland hart ist. Die Angliederung der ehemaligen DDR an die Bundesrepublik Deutschland hat viele Menschen in unfassbare Armut gestürzt und gleichzeitig die westdeutschen FabrikbesitzerInnen und Manager unfassbar reich gemacht.

    Heute finden wir nicht nur im Osten Deutschlands, sondern auch in immer mehr westdeutschen Regionen einen starken wirtschaftlichen Abschwung. Hiervon besonders betroffen ist das Ruhrgebiet. Hier muss gar von einer regelrechten Deindustrialisierung durch den Rückbau der Kohle- und Stahlproduktion, die Schließung von Autowerken etc. gesprochen werden.

    Hunderttausende Arbeitsplätze gingen durch den sogenannten „Strukturwandel“ verloren. Ähnlich wie in Ostdeutschland wurden hier als „Ersatz“ vor allem Jobs im Niedriglohnsektor geschaffen. Exemplarisch dafür stehen die großen Callcenter.

    Aus dem lange Jahre bestehenden Armutsgefälle Ost-West entwickelte sich so in den vergangenen Jahrzehnten zunehmend ein Nord-Süd-Gefälle. Oder um es mit anderen Worten zu sagen: Ein bestimmter Teil der ArbeiterInnen in Süddeutschland blieb von der aggressiven Ausbeutung durch schlecht bezahlte Niedriglohnjobs bisher verschont. Dies könnte sich in der aktuellen Wirtschaftskrise ein Stück weit ändern.

    Schon jetzt ist klar, dass mit der aktuellen Weltwirtschaftskrise auch auf Deutschland ein neuer „Strukturwandel“ in der Industrie und großen Teilen der Arbeitswelt zukommt. Bis zu einer Million ArbeiterInnen sollen entlassen werden. Die Automobilindustrie zum Beispiel steht durch die kommende Umstellung der Antriebsart vor einer kompletten Umstrukturierung der Produktion,.

    Für uns muss klar sein, egal ob in Ost oder West, ob in Nord oder Süd: unsere Armut hat ihren Ursprung allein in dem Reichtum einer kleinen Minderheit von KapitalistInnen. Die FabrikbesitzerInnen, Manager und Banken sind es, die durch die Ausbeutung unserer Arbeitskraft immer reicher werden.

    Die Spaltung liegt nicht zwischen Ost und West, sondern verläuft zwischen den Klassen. 30 Jahre nach der Wiedervereinigung wird es Zeit, dass wir uns als Arbeiterinnen und Arbeiter wieder vereinen und gemeinsam und geschlossen für unsere Interessen kämpfen. Denn das ist die Voraussetzung für unsere kommenden Siege auf dem Weg hin in eine gerechte, eine sozialistische Gesellschaft.

    • Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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