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Mittwoch, April 24, 2024
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    Rassistisches Verhalten in der Polizei bleibt ohne Konsequenzen

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    Zwischen dem 20. August 2019 und dem 20.Oktober 2020 gab es mindestens 20 offiziell erfasste, rechte oder rassistische Vorfälle innerhalb der Berliner Polizei. Davon blieben viele ohne Konsequenzen für die Täter:innen.

    19. Februar 2020: ein Berliner Polizeischüler hält seinem Mitschüler ein Feuerzeug unter die Nase, dabei lässt er Gas ausströmen und kommentiert das Ganze mit fremdenfeindlichen und antisemitischen Äußerungen. Später wird gegen den Polizeischüler wegen Beleidigung ermittelt. Das Verfahren wird eingestellt, da es keinen hinreichenden Tatverdacht gäbe. Am gleichen Tag wird eine fremdenfeindliche Beleidigung unter Polizeischülern im Umkleideraum aktenkundig. Auch dieses Verfahren wir eingestellt: es gäbe keinen hinreichenden Beweis, “dass die Äußerungen in Richtung des Geschädigten getätigt wurden”.

    Dies sind nur zwei der offiziell 20 erfassten Vorfälle mit rechtem oder rassistischen Hintergrund in der Berliner Polizei zwischen dem 20. August 2019 und 20. Oktober 2020, zu denen Strafverfahren eingeleitet wurden. Alle 20 Fälle werden von der Innenverwaltung der sogenannten “politisch motivierten Kriminalität (PMK) – rechts” zugeordnet, so die noch nicht veröffentlichte Antwort auf eine schriftliche Anfrage der Linke-Fraktionschefin Anne Helm und des Innenexperten Niklas Schrade. Angefragt hatten die Beiden ursprünglich Zahlen ab 2016. Mit denen konnte die Innenverwaltung allerdings nicht dienen: “Eine strukturierte Erfassung von durch Polizeibedienstete begangene Straftaten mit Bezügen zu Phänomenbereichen der politisch motivierten Kriminalität (PMK) – rechts – erfolgt erst seit dem 20. August 2019“, antwortet sie.

    Zu 7 der bisher 20 Verfahren dauern die Ermittlungen noch an. 2 weitere werden von der Staatsanwaltschaft in Brandenburg und Hessen geführt, zu ihnen gibt es bislang keine Auskünfte.

    Zur Verurteilung ist es – seitdem die Fälle strukturiert erfasst werden, also seit August 2019 – erst drei Mal gekommen. Dabei handelt es sich zum einen um einen Polizeistudenten, der sich im Unterricht mehrfach homo- und transfeindlich äußerte. Er wurde in einem von drei Fällen zu einer Zahlung an eine gemeinnützige Einrichtung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft legte Berufung ein.

    Im zweiten Fall handelt es sich um einen rassistischen Kommentar, der in eine Chatgruppe gepostet wurde. Dieser hatte einen Strafbefehl zur Folge – hier ging der Angeklagte in Berufung.

    Der dritte Fall konnte juristisch abgeschlossen werden: auch hier handelt es sich um Äußerungen, die in einer Chatgruppe getätigt wurden. Dort hatte ein Polizist eine Parole der Hitlerjugend veröffentlicht. Er akzeptierte die Geldstrafe.

    Für den Innenexperten Schrade bleibt die Antwort der Verwaltung unbefriedigend, vor allem deshalb, weil keine Antwort darauf gegeben werde, wie die Polizei selbst mit den Vorfällen umgeht: “Zum Beispiel der Vorfall mit dem Feuerzeug. Da gibt es doch eindeutige Zweifel an der Verfassungstreue der Person. Wie geht die Polizei disziplinarrechtlich damit um?”, so Schrader.

    Die Innenverwaltung gebe nur sehr allgemein an, dass “Disziplinarverfahren, beziehungsweise arbeitsrechtliche Maßnahmen eingeleitet worden“ seien. Sie spezifiziere allerdings zu keinem Zeitpunkt, wie intensiv diese ausfielen. Zusätzlich liefen noch Disziplinarverfahren in sechs weiteren Fällen, in denen erst gar keine strafrechtlichen Ermittlungen eingeleitet wurden. Wenn ermittelt werde, dann wegen Verdachts der ‘Anscheinserweckung rechter Gesinnung, diskriminierender Äußerungen, des Reichsbürgerbezugs und der Verletzung der Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten’. “Besonders verstört mich, dass zwischen den Kategorien der politisch motivierten Kriminalität in der Erfassung überhaupt nicht unterschieden wird“, kritisiert Schrader weiter.

    Am kommenden Donnerstag soll nun in der Abgeordnetenhaus-Sitzung ein Gesetz verabschiedet werden, bei dem es um eine Verhandlung der Koalition zu einem unabhängigen Polizeibeauftragten geht. Laut Schrader sei man sich zumindest über die Kriterien relativ einig: “Es darf keine Person mit Polizeivergangenheit sein.“

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