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Dienstag, November 12, 2024
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    Militär-Putsch in Myanmar – was steht dahinter?

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    Im südostasiatischen Land Myanmar ist es zu einer Eskalation von Kämpfen innerhalb der herrschenden Klasse gekommen. Das Militär hat die Macht übernommen und den Ausnahmezustand erklärt. Zudem wurde die lang vom Westen unterstütze zivile Staatschefin Aung San Suu Kyi am frühen Morgen festgenommen.

    Am heutigen Morgen wurde auf einem durch das Militär gestützten Fernsehkanal eine Nachricht ausgestrahlt, wonach die Macht dem Oberbefehlshaber der Streitkräfte, Generalmajor Min Aung Hlaing, übergeben worden sei. Die Militärherrschaft werde ein Jahr lang in Kraft bleiben, hieß es.

    Myo Nyunt, der Sprecher der regierenden „Nationalen Liga für Demokratie“ (NLD), hatte zuvor erklärt, dass die Parteivorsitzende Aung San Suu Kyi, Präsident Win Myint und andere Spitzenpolitiker:innen in den frühen Morgenstunden festgesetzt wurden.

    Laut Aussagen der NLD habe Aung San Suu Kyi die Öffentlichkeit aufgefordert, den Putsch nicht zu akzeptieren und Widerstand zu leisten. „Die Aktionen des Militärs sind Aktionen, um das Land wieder unter eine Diktatur zu bringen“, so die NLD in einer Erklärung.

    Pakt zwischen NLD und Militär zerbrochen

    Myanmar (das frühere Birma oder Burma) war einst eine britische Kolonie, wurde 49 Jahre lang vom Militär geführt, bevor 2008 ein Übergang zu einer kapitalistischen Demokratie begann.

    Die NLD und insbesondere Suu Kyi werden seit langem von NATO-Staaten gestützt. Sie stand immer wieder unter Hausarrest. Bei den Parlamentswahlen 2015 hatte ihre Partei die absolute Mehrheit des 657 Sitze umfassenden Unter- und Oberhauses errungen. Insbesondere danach wurde ihr Land für den „freien Welthandel“ geöffnet. Zugleich hielt das Militär wichtige Ministerposten inne und einen Mindestanteil im Parlament von 25% der Sitze. Das Militär wird derweil insbesondere von China gestützt.

    In ihre Regierungszeit fällt auch der Prozess ethnischer Säuberung im Jahr 2017 gegen die muslimische Minderheit der Rohingya, der insbesondere vom Militär durchgeführt wurde. Im Jahr 2019 forderte sie das Militär auf, den Aufstand einer weiteren ethnischen Minderheit rund um dieArakan Army niederzuschlagen. Beobachter:innen sprachen deshalb von einem Pakt zwischen Militär und NLD. Dieser wurde in den letzten Monaten scheinbar von Seiten des Militärs aufgekündigt.

    „Wahlbetrug“

    Bei den Wahlen im Jahr 2020 soll die NLD-Partei wieder die Mehrheit errungen haben, was jedoch von Seiten des Militärs in Frage gestellt wurde, sie sprach von Wahlbetrug.

    Anfang vergangener Woche erklärte nun der Armeesprecher, Brigadier General Zaw Min Tun, dass die Streitkräfte „in Aktion treten“ würden, wenn die Wahlen nicht aufgeklärt würden. Am 28. Januar erklärte die Wahlkommission jedoch, dass es keinen Wahlbetrug gegeben habe. Am heutigen Montag übernahm jetzt das Militär die Macht – genau an dem Tag, an dem das Parlament in der Landeshauptstadt Naypyidaw eröffnet werden sollte.

    Währenddessen war der Mobilfunk- und Telefonnetzwerke gestört, das staatliche Fernsehen unterbrochen. Wie Al Jazeera berichtet, hätten Menschen in Yangon, der größten Stadt und Handelshauptstadt des Landes, in Solidarität mit der Regierungspartei begonnen, die rote Fahne der NLD von ihren Balkonen zu hissen.

    Zudem seien auf den Straßen Transparente aufgestellt worden, auf denen die Unterstützung der gewählten Regierung erklärt wurde. Das gesellschaftliche Leben sei jedoch bisher ruhig weiter verlaufen.

    USA: „in Aktion treten“

    Die neue US-Administration unter Joe Biden verurteilte den Putsch und erklärte, ebenfalls  „in Aktion zu treten“, sollte die Machtübernahme nicht rückgängig gemacht werden. China dagegen erklärte, beide Seiten sollten ihre „Differenzen lösen“. Die USA kämpfen seit längerem mit China um die Vormacht in dem 50 Millionen Menschen umfassenden Land.

    Myanmar hat eine hohe geostrategische Bedeutung. Das Land bietet insbesondere China Zugang zum Indischen Ozean und ist eine wichtige Drehscheibe für die Eindämmung seines aufstrebenden Rivalen Indien, mit der es an der gemeinsamen Grenze zusammengestoßen ist. Der Indische Ozean bietet außerdem wichtige Schifffahrtswege für Chinas Rohölimporte aus Westasien. Zudem führen wichtige chinesische Pipelines durch das Land.

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