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Weltweite Freigabe von Impfpatenten: Industrieländer lehnen zum achten Mal ab

Seit Herbst 2020 wurde bereits acht Mal innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO) darüber diskutiert, Anleitungen zur Impfstoffproduktion weltweit zugänglich zu machen. Am Mittwoch haben erneut führende imperialistische Staaten eine solche Freigabe von Impfpatenten innerhalb der Welthandelsorganisation (WTO) blockiert. Über 100 Länder hatten dies gefordert, um die Produktion von COVID-19-Impfstoffen für arme Nationen anzukurbeln.

Die Covid19-Pandemie ist global und lässt sich auf dem heutigen Niveau internationaler politischer und ökonomischer Vernetzung auch nur global bekämpfen. Über 2,6 Millionen Menschen sind der Pandemie weltweit bereits zum Opfer gefallen. Es entstehen immer neue Virus-Mutationen, die sich über Ländergrenzen hinweg bewegen. Weltweite Impfungen sind deshalb ein zentraler Bestandteil der Corona-Bekämpfung.

Am Mittwoch wurde nun innerhalb der Welthandelsorganisation WTO erneut darüber beraten, ob die Erfindungsschutzrechte für Impfstoffe, die in einigen Ländern bereits entwickelt sind, aufgehoben werden könnten.

Dramatische Appelle

Kurz zuvor hatte Dr. Peter Singer, Sonderberater des Generaldirektors der WHO, einen dramatischen Appell zur Aufhebung der Patente gestartet: „Wenn diese Krise nicht der Moment ist, alles zu tun, um die Impfstoffversorgung zu verbessern, graut es mir davor darüber nachzudenken, was es tatsächlich braucht.“

Auch die Organistaion „Ärzte ohne Grenzen“ fordert eine Aufhebung der Patente. So erklärte der Präsident Dr. Christos Christou: „Der Verzichtsvorschlag bietet allen Regierungen die Möglichkeit, Maßnahmen für eine bessere Zusammenarbeit bei der Entwicklung, Produktion und Lieferung von medizinischen COVID-Instrumenten zu ergreifen, ohne durch die Interessen und Maßnahmen der Privatwirtschaft eingeschränkt zu werden. Er würde den Regierungen entscheidend alle verfügbaren Instrumente zur Gewährleistung des globalen Zugangs zur Verfügung stellen.“

Südafrika und Indien fordern Aufhebung

Bei der Sitzung am Mittwoch in Genf erneuerten dann die Vertreter:innen von Südafrika und Indien ihr Angebot vom Oktober 2020, auf die Regeln des WTO-Übereinkommens über „handelsbezogene Aspekte des geistigen Eigentums“ (TRIPS) zu verzichten, welches Patente schützt.

Südafrika argumentierte, dass das derzeitige TRIPS-System nicht funktioniere. Das Land wies darauf hin, dass es während der HIV/AIDS-Pandemie, die mindestens 11 Millionen Menschen in Afrika das Leben gekostet hatte, nicht gelungen war, lebensrettende Medikamente zu sichern. Indien bekräftigte den Vorstoß ebenfalls. Das Land ist ein bedeutender Hersteller von Generika – also von Medikament-Kopien.

Der Vorschlag von Südafrika und Indien wird offiziell von 58 Regierungen unterstützt und von insgesamt über 100 Ländern begrüßt. In der WTO muss es jedoch einen Konsens geben, damit es zu einem solchen Beschluss kommen kann.

Deutschland und andere lehnen ab

Der Vorschlag wurde dann auch von westlichen Ländern abgelehnt, darunter Großbritannien, die Schweiz, den EU-Staaten und den Vereinigten Staaten. Sie alle haben eine große Pharmaindustrie, deren Patente sie schützen wollen. 80 Prozent der weltweiten Impfungen fanden in bisher gerade mal 10 Ländern statt.

Sie argumentierten, dass der Schutz der Rechte des geistigen Eigentums Forschung und Innovation fördere und dass die Aussetzung dieser Rechte nicht zu einem plötzlichen Anstieg der Impfstoffversorgung führen würde.

Es ist die achte Ablehnung seit Herbst 2020. Im April soll erneut darüber diskutiert werden.

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