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Samstag, April 20, 2024
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    Danger Dan: Der Soundtrack des „militanten“ Reformismus

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    Mit seinem Ende März veröffentlichten Song „Das ist alles von der Kunstfreiheit gedeckt“ erregte der Rapper Danger Dan, bekannt aus der „Antilopen Gang“, viel Aufsehen. Linksliberale und sozialdemokratische Öffentlichkeit, staatliche Medien und Springer-Presse stimmen ihr Loblied auf sein mutiges antifaschistisches Engagement an und bieten ihm Auftritts- und Interviewmöglichkeiten ohne Ende. Doch was steckt dahinter? – Ein Kommentar von Julius Strupp

    In seinem neuen Song teilt Danger Dan aus: Gegen führende Figuren der „Neuen Rechten“ wie Jürgen Elsässer, Götz Kubitschek und Alexander Gauland sowie den Staatsapparat, der den NSU aufgebaut hat und für rassistische Morde wie den an Oury Jalloh direkt verantwortlich ist, wie er richtig bemerkt. Dabei legt er Wert darauf, dass es von der Kunstfreiheit gedeckt sei, wenn man Faschist:innen als das bezeichne, was sie sind. Nämlich Faschist:innen. Soweit, so gut und richtig.

    Diese Zustände sind wohl an kaum einem fortschrittlichen Menschen vorbeigegangen, und doch war ihre Erwähnung durch Aktivist:innen in der Öffentlichkeit bisher eher unbequem und ablehnend aufgenommen worden.

    Was macht Danger Dan also anders? Schließlich erhebt die bürgerliche Presse ein regelrechtes Loblied auf ihn. Sein Terminkalender dürfte mit Interview-Terminen überquellen – eine Erfahrung, die all die, die diese Missstände seit Jahren anprangern, wohl eher nicht gemacht haben.

    Danger Dan hingegen wird sofort ins ZDF Magazin Royal von Jan Böhmermann eingeladen und darf in zahlreichen bürgerlichen Zeitungen seine Ergüsse loswerden. Des Rätsels Lösung ist denkbar einfach: In Wirklichkeit steht auf der gleichen Seite der Barrikade wie die Springer-Presse und der öffentlich-rechtliche Rundfunk – auf der Seite des Kapitals.

    Danger Dan – ein Papiertiger

    So provokativ und kontrovers wie Danger Dans Ausführungen für manch eine:n wirken mögen – sie sind zahnlos. Er ist ein Papiertiger. Denn auch wenn er konkrete Missstände in Polizei und Staatsapparat benennt, so kann er doch keine Lösung des Problems vorschlagen. Am Ende des Lieds meint er lediglich: „Und wenn du friedlich gegen die Gewalt nicht ankommen kannst, ist das letzte Mittel, das uns allen bleibt, Militanz.“

    Zwar stellt er richtig fest, dass faschistische Bewegung und Staatsapparat in Deutschland aufs Engste miteinander verwachsen sind und man sie auch nicht einfach friedlich überwinden kann. Dennoch bleibt er beim Beschwören einer nebulösen „Militanz“ und damit beim Reformismus stehen.

    Dabei sollte klar sein: Der Faschismus und der deutsche Staat sind eben deshalb miteinander verbunden, weil der Faschismus die letzte Lösung des kriselnden Kapitalismus ist, sich vor seiner Überwindung zu retten. Und andersherum ist die Überwindung des Kapitalismus der einzige Weg, den faschistischen Terror und die „Neue Rechte“ loszuwerden. Denn dieses System ist der Boden, auf dem diese scheußlichen Gewächse gedeihen.

    Doch dass Danger Dan nichts davon hält, ein System zu überwinden, dass Millionen von Menschen vor Hunger und Elend stellt und die Grundlage für faschistische Gewalt schafft, hat er bereits mehrfach klargemacht.

    So sagte er 2014 in einem Interview mit dem Neuen Deutschland: „Und ich würde auch tatsächlich, wenn diese Leute sich erheben und das umsetzen wollen, was da zwischen den Zeilen angekündigt wird, dieses reiche eine Prozent – wer auch immer das sein soll – wenn die die jetzt lynchen würden, würde ich auch auf der Seite der Polizei gegen sie kämpfen. Mit Waffengewalt.“

    Mit anderen Worten: Wenn sich die Unterdrückten und Ausgebeuteten in Deutschland erheben würden, würde Danger Dan liebend gern die Rolle spielen, die die Freikorps 1918 und 1919 gespielt haben. Auch er wäre bereit, sie mit faschistischem Terror zu überziehen.

    Eben weil sein Antifaschismus ein reformistischer ist, kommt er am Ende zu dem Schluss, dass ihm der Staatsapparat und sein gewalttätiges Vorgehen dann doch lieber wären als antifaschistische Revolutionär:innen.

    Genau das ist auch der Grund, warum das alles „von der Kunstfreiheit gedeckt“ ist: Die kapitalistische Presse und Öffentlichkeit sowie der bürgerliche Staat müssen sich vor Danger Dan nicht fürchten. Er steht auf ihrer Seite. Koste es, was es wolle.

    Der Systemfrage nicht aus dem Weg gehen!

    Für den Kapitalismus erfüllen pseudo-fortschrittliche Künstler:innen wie Danger Dan zudem die Funktion, dass sie durch die korrekte Benennung von gesellschaftlichen Problemen beim gleichzeitigen Verschweigen ihrer Lösung antifaschistisch und fortschrittlich gesinnten Menschen die Sicht vernebeln und ihrer „Militanz“ so den Wind aus den Segeln nehmen.

    Das darf uns jedoch nicht verunsichern. Es ist richtig, dass die Probleme in diesem Land benannt werden. Es ist schlecht, dass Menschen wie Danger Dan, die ihre Verachtung für alles Fortschrittliche immer und immer wieder öffentlich gemacht haben, es am lautesten tun.

    Es geht jetzt darum, an die entstandene gesellschaftliche Debatte anzuknüpfen, die Systemfrage nicht zu scheuen und die Rattenfänger:innen des Kapitals wie Danger Dan und seine „Antilopen Gang“ als solche zu entlarven. Seinen reformistischen Positionen müssen revolutionäre entgegen gestellt werden.

    Der faschistische Terror kann nur überwunden werden, wenn wir den Kapitalismus überwinden. Das mag nicht von der bürgerlichen Gesetzlichkeit „gedeckt“ sein, ist aber der einzige erfolgversprechende und gangbare Weg – egal, was reaktionäre Rapper:innen versuchen, in die Köpfe zu hämmern.

    • Autor bei Perspektive seit 2019, Redakteur seit 2022. Studiert in Berlin und schreibt gegen den deutschen Militarismus. Eishockey-Fan und Hundeliebhaber. Motto: "Für alles Reaktionäre gilt, dass es nicht fällt, wenn man es nicht niederschlägt."

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