Nach annährend als zwei Jahren steht Hans-Josef Bähner als Angeklagter vor Gericht. Das rechte CDU-Mitglied wird angeklagt, im Winter 2019 einen Jugendlichen nicht nur rassistisch beleidigt, sondern ihm auch mit einer nicht registrierten Waffe durch die Schulter geschossen zu haben.
Schon um acht Uhr waren Unterstützer:innen des Betroffenen, Krys, vor dem Kölner Landgericht versammelt. Mit Bannern machten rund 30 Personen auf den #TatortPorz aufmerksam und stellten die Frage: „Habt ihr den Schuss nicht gehört?“.
Im Kölner Stadtteil Porz hatte der CDU-Politiker Hans-Josef Bähner (73) am 30.12.2019 auf einen jungen Mann geschossen und ihn an der Schulter getroffen. Der 20-Jährige musste schwer verletzt ins Krankenhaus. Beim mutmaßlichen Täter zuhause wurden fünf scharfe Waffen gefunden. Die Schusswaffe, mit der Krys verletzt wurde, war nicht auf Bähner registriert.
Stigmatisierung in der Berichterstattung
Auf die rechte Gewalttat folgte eine Berichterstattung, die eine Täter-Opfer-Umkehr nahe legte. Während der Name des Schützen geheim blieb, wurde der Getroffene als polizeibekannt vorgestellt. Der Fall wurde mit Konflikten von Drogenkonsument:innen im Stadtteil in Verbindung gesetzt, in die weder Krys noch seine Freunde verwickelt waren.
Doch auch eine starke Bewegung in Solidarität mit Krys formierte sich: Zunächst stürmten Freund:innen und Mitstreiter:innen von Krys eine Porzer Ratssitzung, an der Bähner seinen Rücktritt erklären ließ. Zum Jahrestag des Angrifft demonstrieren hunderte durch den Kölner Stadtteil. Im Aufruf des Bündnisses zur Kundgebung heißt es unter anderem: „Nur eine breite und kritische Öffentlichkeit kann verhindern, dass die Betroffenen des rassistischen Anschlags von Porz im bevorstehenden Prozess zu Tätern gemacht werden. Gemeinsam dem rechten Terror entgegentreten, denn niemand ist allein!“
Der Prozessauftakt wurde damals für den März 2021 angekündigt. Doch es sollte noch viel Zeit vergehen, bis Bähner sich tatsächlich vor Gericht verantwortet.
Turbulenter Prozessauftakt
Heute wurde Hans-Josef Bähner vor dem Landgericht Köln angeklagt wegen Beleidigung, Verstoß gegen das Waffengesetz und gefährliche Körperverletzung. In einer durch seinen Anwalt Mutlu Günal verlesenen Erklärung weist Bähner jegliche Vorwürfe, rassistisch gehandelt zu haben, von sich. Im gleichen Atemzug distanziert er sich von der Migrationspolitik der Bundes-CDU und spricht von einer „Flüchtlings-Krise“, die er als nicht händelbar wahrnahm.
Anwalt Günal vertrat in der Vergangenheit unter anderem Mitglieder des terroristischen „Islamischen Staats“.
Den Opferzeugen Krys hörte das Gericht anschließend mehrere Stunden lang an. Während seiner Anwesenheit im Saal kam es mehrmals zu Streitigkeiten darum, ob Fragen des Anwalts Günal an Krys zulässig seien. Die Stimmung, auch zwischen dem vorsitzenden Richter und Günal, war zeitweise so angespannt, dass die Sitzung pausiert wurde.
Dabei konzentrierte sich Bähners Rechtsbeistand zeitweise auf die Vergangenheit und ein vermeintliches Gewaltpotential des Betroffenen, was seine Anwältin entschieden unterbrach. Auch die Unterstützer:innen, die den Besucher:innenbereich des Gerichtssaals füllten, nahmen dieses Vorgehen nicht unkommentiert hin.