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Freitag, März 29, 2024
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    Erleichterter Hochschulzugang für Schüler:innen aus der Ukraine – aber nicht für die aus Afghanistan oder Syrien

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    Aufgrund des Kriegszustands in der Ukraine finden dieses Jahr dort kaum Abschlussprüfungen für Schüler:innen der letzten, elften Klasse, statt. Laut der “Kultusministerkonferenz” (KMK) soll ihnen daraus “kein Nachteil entstehen”. Somit können auch Schüler:innen ohne erfolgreichen Abschluss der Sekundarstufe II sich über den Weg einer “Feststellungsprüfung” an deutschen Hochschulen bewerben. Eine Möglichkeit, die Jugendlichen aus Syrien, dem Irak oder aus Afghanistan nicht offen steht.

    Wenn junge Menschen von einem Land außerhalb der Europäischen Union nach Deutschland fliehen, ist die Frage nach der Anerkennung ihres Schulabschlusses besonders wichtig für ihre Zukunftsplanung hier. Bei der Anerkennung von schulischen Leistungen im Ausland werden dabei normalerweise hohe Hürden gelegt.

    Wer in seinem Heimatland beispielsweise 12 Jahre lang die Schule besucht und einen Abschluss erworben hat, erhält nur selten ein deutsches Abitur oder die Fachhochschulreife anerkannt, sondern oftmals „nur“ den Realschulabschluss. Für das deutsche Bürokratie-Wesen ist beispielsweise das türkische Abitur nach 12 Jahren nicht ausreichend, es bedarf noch einer erfolgreich bestandenen Aufnahmeprüfung für eine türkische Hochschule mit einer bestimmten Punktzahl.

    Wenn ein:e geflohene Schüler:in aus der Türkei diese jedoch aus Fluchtgründen nicht abgelegt hat, bleibt ihr in Deutschland aktuell nur der Weg, noch einmal das deutsche Abitur nachzumachen. Meist bedeutet das, drei weitere Jahre zur Schule zu gehen, da die deutsche Sprache ja auch noch erlernt werden muss.

    Auch wer in Afghanistan nach 12 Jahren die Schule abgeschlossen hat, kann nicht einfach so auf eine deutsche Hochschule. Hier müssen sich die Schüler:innen noch mit dem meist einjährigen Besuch eines „Studienkollegs“ auf die „Feststellungsprüfung“ vorbereiteten. Wenn diese bestanden werden, bekommt man zwar kein deutsches Abitur verliehen, man darf jedoch mit dem im Heimatland erworbenen Schulabschluss ein deutsche Hochschule zu besuchen.

    Ausnahmeregelung für ukrainische Schüler:innen

    Am Donnerstag hat die Kultusministerkonferenz, also die Konferenz der Bildungsminister:innen aller 16 Bundesländer, nun jedoch eine bemerkenswerte Ausnahmeregelung beschlossen – leider nur für Jugendliche aus der Ukraine.

    Dort wird die Hochschulreife regulär nach 11 Schuljahren erreicht. Zusammen mit einer erfolgreichen Feststellungsprüfung war es bisher möglich, sich anschließend an einer deutschen Universität zu bewerben.

    In diesem Jahr finden jedoch laut KMK in der Ukraine kriegsbedingt keine regulären staatlichen Prüfungen zum Erwerb des Sekundarschulabschlusses II statt. „Den betroffenen Schülerinnen und Schülern soll hierdurch kein Nachteil entstehen“, erklärte nun Karin Prien, Präsidentin der Kultusministerkonferenz und Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur des Landes Schleswig-Holstein.

    Sie sollen auch ohne erfolgreichen Schulabschluss die Möglichkeit haben, sich bei Studienkollegs zu bewerben, um nach einer einjährigen Vorbereitung und einer erfolgreichen Feststellungsprüfung dann an einer deutschen Hochschule studieren zu können.

    Auch für Menschen, die in der Ukraine bereits mit dem Studium begonnen haben, gibt es Erleichterungen. Selbst wenn das erste Studienjahr nicht abgeschlossen werden konnte, ist die Aufnahme des Studiums an einer deutschen Hochschule möglich. Bisher benötigte es dafür mindestens ein erfolgreich abgeschlossenes Studienjahr.

    Kritik an Ungleichbehandlung

    Im Netz führt der Beschluss zu scharfer Kritik. „Warum muss ein syrischer Arzt bei minus 0 anfangen, Abitur und C1 Deutsch lernen und ein Ukrainer nicht? Dieses Land unterstellt Geflüchteten aus afrikanischen und arabischen Ländern pauschal geringere Lernfähigkeit und Kompetenzen. Jeden Tag ein neues Ding, das ihr euch leistet“, heißt es etwa bei der Userin Hana Corrales.

    Tatsächlich spielten der Kriegszustand in Ländern wie Syrien, Irak, Jemen oder den Bürgerkriegsgebieten in der Türkei bisher keine Rolle beim erleichterten Zugang zu Studium und Ausbildung in Deutschland. Hier sind nach wie vor hohe Hürden zu überwinden, besonders dann, wenn Schulzeugnisse auf der Flucht zurückgelassen werden mussten.

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