Mitte Mai verstirbt ein junger Geflüchteter in einem Chemnitzer Wohnheim. Am Abend zuvor sei er von einer Auseinandersetzung in der Stadt schwer verletzt nach Hause gekommen. Die Polizei ermittelt auch auf Druck von Angehörigen, Augenzeug:innen vermuten ein rassistisches Tatmotiv.
Sein Name ist Bilal Jaffal, ein junger Mann aus dem Libanon. Seit zwei Monaten wohnte er in einem Chemnitzer Wohnheim. In der Nacht vom 18. auf den 19. April sei er, so sein Mitbewohner, mit einem großen Bluterguss am Kopf und Schürfwunden im Gesicht nach Hause gekommen.
Sie hätten noch etwas gegessen und eine Zigarette geraucht, danach seien beide schlafen gegangen. Als der Mitbewohner am nächsten Morgen nach Bilal sieht, ist dieser tot. Die Familie wird umgehend informiert und macht sich auf den Weg nach Chemnitz, um sich von der traurigen Realität zu überzeugen. Sein Cousin Hussein Jaber kontaktiert die Polizei um herauszufinden, wie es weitergehen soll. Von dieser wird er anfangs jedoch weggeschickt: es gebe „augenscheinlich keine Anzeichen für eine unnatürliche Todesursache“.
Bilal Jaffal sei somit „ganz natürlich“ an seinem Erbrochenen erstickt. Dass so etwas eben nicht ohne Fremdeinwirkung passiert, und dass die schwere Kopfwunde hierbei vermutlich eine entscheidende Rolle spielt, hätte den Beamt:innen eigentlich klar sein müssen. Auf Nachfrage von Jaber, antwortet ihm die Kriminalpolizei, Bilals Körper sei auch noch nicht freigegeben. Dementsprechend würde eine Obduktion noch anstehen, und Aussagen wie „keine Anzeichen für eine unnatürliche Todesursache“ seien noch nicht fundiert.
Anonyme Augenzeug:innen haben inzwischen ausgesagt, die Ereignisse in der Nacht zum 19. April beobachtet zu haben. Inklusive der mutmaßlichen Täter. So habe es einen Streit zwischen einem Bekannten von Bilal Jaffal und einer Männergruppe gegeben, in dem dieser geschlagen worden sei. Später am Abend sei es wieder zu einem Aufeinandertreffen von Bilal mit der Männergruppe gekommen, wobei dieser „mit zwei Flaschen in der Hand auf diese zu gelaufen sei“. Daraufhin hätten zwei der Männer ihn mit Faustschlägen ins Gesicht und einer Whiskyflasche auf den Hinterkopf attackiert.
Die Tätergruppe wollen einige Augenzeug:innen als eine stadtbekannte Gruppe erkannt haben, die sich selbst die “Atzen130” nennt. Angehörige Jaffals und AktivistInnen vermuten einen rassistischen Hintergrund der Tat. Die taz berichtete bereits über die rechte Gesinnung der “Atzen”. Einer der Männer, die von Augenzeug:innen ausgemacht wurden, äußert gegenüber der taz, vor Ort gewesen zu sein.
Am 3. Juni haben die Familie von Bilal Jaffal zusammen mit solidarischen Aktivist:innen zu einer Kundgebung am Roten Turm in Chemnitz aufgerufen. Die Ermittlungen bezüglich des Todes dauern noch an, inzwischen wurde Bilal von seiner Familie im Libanon beerdigt. Welche Rolle ein rassistisches Tatmotiv gespielt hat, ist derzeit noch unklar. Die Unterstützer:innen setzen sich weiterhin dafür ein, dass Jaffals Tod sorgfältig aufgeklärt und auch ein rechtes Tatmotiv nicht ausgeschlossen wird.