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Donnerstag, April 25, 2024
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    Entgegen westlichen Wünschen: Russland steht nicht allein da

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    Die NATO versuchte spätestens seit Kriegsausbruch in der Ukraine, Russland international zu isolieren. Zunächst schien der Plan aufzugehen, doch nun, ein Jahr nach Kriegsbeginn, hat Russland wieder starke Partner an der Seite. Womöglich hat sich der Westen verzockt. – Ein Kommentar von Mohannad Lamees

    Als Russland am 24.02.2022 in die Ukraine einfiel, berief der Westen schnell eine große Koalition ein: 141 Staaten unterstützten eine UN-Resolution, nach der sich Russland sofort wieder aus der umkämpften Ukraine zurückziehen solle. Die USA, die EU und andere Staaten verstärkten infolge der russischen Invasion ihre Wirtschaftssanktionen gegen Russland. Tatsächlich reduzierten sich zum Beispiel die russischen Importe von wichtigen Wirtschaftsgütern in Folge der Sanktionen stark.

    Noch im Oktober 2022 erklärte der deutsche Militärexperte Carlo Masala, Russland werde „immer mehr zu einer Art internationalem Paria“. Mit dem Begriff “Paria” werden in diplomatischen Zusammenhängen diejenigen Staaten bezeichnet, die von der internationalen Gemeinschaft ausgeschlossen und geächtet werden. Masala, der unter anderem als Politikprofessor an der Bundeswehrhochschule München arbeitet, sagte damals voraus, dass Russlands Schwäche und das Ausbleiben militärischer Erfolge zu einer weiteren Isolation Russlands auf internationaler Ebene führen werde.

    Nicht nur trotz, sondern auch wegen der Sanktionen: Russland erfährt Unterstützung

    Mittlerweile jedoch zeichnet sich ein anderes Bild ab: Der russische Außenminister Sergei Lawrow verkündete nach einer ausgedehnten Reise in verschiedene afrikanische Staaten, dass der Westen es nicht geschafft habe, Russland international zu isolieren. Vielmehr, so Lawrow, zeige sich, dass immer mehr Staaten die Beziehungen zu Russland intensivierten oder neu aufnähmen. Die Aussagen Lawrows ließen sich womöglich noch als russische Kriegsrhetorik abtun. Doch ein Bericht der New York Times bestätigt den Eindruck, dass Russland weltweit bei weitem nicht so isoliert und verachtet ist, wie es sich der Westen wünschen würde.

    So zeigt sich auf wirtschaftlicher Ebene, dass vor allem China und die Türkei die russischen Importlücken mit ihren Produkten gefüllt haben. Und gerade weil westliche Staaten ihre Verbindungen zu Russland kappten, nahmen andere Staaten die Chance wahr, billig an russische Rohstoffe zu kommen: So importiert Indien nun große Mengen an russischem Öl, das der Westen nicht mehr haben möchte. Auch wenn es Russland mehrere Jahre Zeit kosten wird, die Liefer-Infrastruktur nach Asien nachhaltig auszubauen, so ist bereits jetzt deutlich, dass die russische Wirtschaft noch stark genug ist, um weiter Krieg in der Ukraine zu führen. Das bemerken auch Staaten in Afrika, auf der arabischen Halbinsel und in Asien: Anstatt sich auf die Seite des Westens zu schlagen, warten sie ab und suchen die Nähe zu Russland, sofern dies in ihrem eigenen Interesse ist .

    Das Taktieren Chinas: Ein Paradebeispiel

    Ganz besonders anschaulich können wir dieses Taktieren im Sinne der eigenen Interessen momentan am Beispiel Chinas beobachten: Nicht nur stiegen die Handelsumsätze zwischen den beiden imperialistischen Staaten Russland und China im Jahr 2022 auf 178 Milliarden Euro. China stellt zudem deutlich die Freundschaft mit Russland heraus, um im Säbelrasseln mit den USA um Taiwan Stärke zu demonstrieren. Gleichzeitig prescht China nun mit einem Friedensplan für die Ukraine vor, um wieder in der Gunst der europäischen NATO-Staaten zu steigen – schließlich exportiert China auch nach Westeuropa reichlich. Zusätzlich droht Peking aber auch mit Waffenlieferungen an Russland, solange die NATO die Ukraine mit Waffen unterstütze.

    Was zeigt uns das also? Egal, ob die anfänglich so breite Anti-Russland-Koalition des Westens, die nun wieder auf den NATO-Kern zusammengeschrumpft ist, oder die Beziehung zwischen Russland, China oder Indien: Im Zeitalter des Weltimperialismus gibt es zwischen den imperialistischen Staaten keine echten Freundschaften, sondern nur Zweckbündnisse und interessengeleitete Schulterschlüsse auf Zeit. Am Ende bestimmt der Profit darüber, mit welchen Staaten koaliert oder gegen welche in den Krieg gezogen wird. Der Westen mag Russland zwar kleinreden und als Schurkenstaat bezeichnen – von der internationalen Bühne verschwunden ist Russland aber noch lange nicht. Das liegt nicht zuletzt daran, dass auch andere Staaten ein Interesse daran haben, dass der amerikanische Imperialismus nicht zu leicht seine eigenen Ziele durchsetzen kann.

    • Seit 2022 bei Perspektive Online, Teil der Print-Redaktion. Schwerpunkte sind bürgerliche Doppelmoral sowie Klassenkämpfe in Deutschland und auf der ganzen Welt. Liebt Spaziergänge an der Elbe.

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