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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Kapitalismus und Umwelt: Zerstörung für Profite!

Die Folgen der kapitalistischen Umweltzerstörung sind heute wohl in kaum einem Teil der Welt mehr zu übersehen. Die Verschmutzung und Zerstörung der natürlichen Umwelt infolge des weltumspannenden kapitalistischen Wirtschaftssystems und der daraus folgende Klimawandel werden zu einer zunehmenden Bedrohung für das Leben von Milliarden Arbeiter:innen auf der Welt. – Ein Kommentar von Kevin Hoffmann

In vielen Teilen der Welt ist die Umweltverschmutzung und die dadurch verursachte Zerstörung der menschlichen Lebensgrundlagen durch die Verwüstung ganzer Landstriche seit Jahrzehnten ein existenzielles Problem. Durch den Klimawandel und Umweltkatastrophen wie die Flut im Ahrtal, das Fischsterben in der Oder und einen der wärmsten Winter aller Zeiten bekommen auch in Deutschland immer mehr Menschen die Folgen zu spüren.

Auslöser dieser Zerstörung der natürlichen Umwelt durch Klimawandel und Umweltkatastrophen ist der mutwillige kapitalistische Raubbau an der Natur. Das auf Profitmaximierung angelegte Wirtschaftssystem ist auf der Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft und den Ressourcen der Natur aufgebaut. Die Konzerne nutzen Mensch und Natur maximal aus, um größtmögliche Profite im Konkurrenzkampf untereinander zu erwirtschaften. Der Kampf um immer höhere Profite wird ohne Rücksicht auf die Folgen für Mensch und Natur geführt.

Infolge dieser Produktionsweise werden, etwa beim Abbau Seltener Erden, von Kohle, Eisenerz oder Uran gigantische Landstriche verwüstet und jedes Leben dort unmöglich gemacht. Die Umweltagentur der Vereinten Nation geht in ihrem Bericht zur globalen Umweltverschmutzung im Jahr 2017 davon aus, dass alle Menschen auf der Erde von Umweltverschmutzung betroffen sind. Laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) leiden 92 Prozent der Menschen auf der Welt unter der zunehmenden Luftverschmutzung. Jährlich sollen mehr als 9 Millionen Menschen an den Folgen der Umweltverschmutzung durch die kapitalistische Produktionsweise und das Wirtschaftssystem sterben.

Müllexporte nach Asien und Afrika

Um das Leben in den imperialistischen Industrienationen trotz aller Umweltzerstörung so angenehm und ungestört wie möglich zu gestalten, versuchen Regierungen und Unternehmen, auch die Abfälle dieses verschwenderischen kapitalistischen Wirtschaftssystems zu exportieren. In Asien und Afrika versinken ganze Landstriche unter dem exportierten Müll, etwa aus den USA oder Europa.

Bis 2018 galt China als die „Müllhalde der Welt“. Hierhin wurden jedes Jahr Millionen Tonnen Müll exportiert, bis die chinesische Regierung diesem Missbrauch im Rahmen des internationalen Konkurrenzkampfes einen Riegel vorschob. Nachdem die chinesische Regierung einen Großteil dieser Exporte verboten hat, wird der Müll nun nach Südostasien verschifft. Allein aus der EU landen jährlich mehr als 1,1 Millionen Tonnen Plastikmüll dort. Nur wenig davon wird tatsächlich recycelt, der größte Teil wird zum Verrotten liegen gelassen oder verbrannt. Dadurch wiederum werden Grundwasser und Luft stark verschmutzt und führen zu tödlichen Krankheiten.

An den Küsten von Bangladesch verschmutzen die Trümmer alter und ausrangierter Schiffe die Umgebung. In Ghana, Burkina Faso und Nigeria türmen sich kaum überblickbare Mengen an Elektroschrott aus Europa. Ähnlich sieht es in der Atacama-Wüste in Chile aus, in der sich gigantische Berge nicht verkaufter oder defekter Textilien türmen. Allein im Jahr 2021 wurden hier 30.000 Tonnen Textilien einfach in der Natur abgeladen.

Flucht vor Umweltzerstörung

Die kapitalistische Umweltzerstörung nimmt weltweit immer größere Ausmaße an und wird aller Voraussicht nach in den kommenden Jahrzehnten immer stärker auch zu einer zentralen Fluchtursache in vielen Teilen der Welt werden.

Auf der einen Seite drängt die Verschmutzung immer größerer Landstriche, die Verwüstung durch Kriege und die Vernichtung der Lebensgrundlagen durch kapitalistische Infrastruktur- und Industrieprojekte immer mehr Menschen zur Flucht. Auf der anderen Seite führt der durch die kapitalistische Umweltverschmutzung ausgelöste Klimawandel dazu, dass mehr und mehr Regionen auf der Welt unbewohnbar oder durch Umweltkatastrophen verwüstet werden.

Fehlendes Trinkwasser, steigende Meeresspiegel, Luftverschmutzung, Hitzewellen und Überschwemmungen treiben schon jetzt jedes Jahr mehr als 20 Millionen Menschen zur Flucht. Die Weltbank geht davon aus, dass die Zahl der Menschen, die aufgrund des veränderten Klimas werden fliehen müssen, bis ins Jahr 2050 auf mindestens 150 Millionen Menschen ansteigen wird.

Kapitalistische Klimastrategie: „Greenwashing“

Auch die kapitalistischen Unternehmen haben sich mittlerweile an die Entwicklung anpassen müssen und eigene Strategien im Umgang mit der Umweltzerstörung und dem Klimawandel entwickelt.

Kapitalistische Unternehmen nutzen heute ihr angebliches Engagement für den Umweltschutz gar als Werbemittel und als Argument, besser nicht bei der Konkurrenz zu kaufen. Kaum ein Produkt wird mehr angeboten, ohne auf die angeblich doch so besonders klima- und umweltfreundliche Herstellung von Produkt und Verpackung hinzuweisen und den Kund:innen vorzugaukeln, als hätten sie mit ihrem Kauf noch etwas Gutes für die Umwelt getan. Mit der Realität hat das in den wenigsten Fällen etwas zu tun.

Selbst strategische Entscheidungen großer Monopole, wie die z.B. Umstellung der deutschen Wirtschaft auf eine möglichst eigenständige Energiebasis zu ihrer Sicherung in den kommenden größeren internationalen Auseinandersetzungen und Kriegen, wird heute als Schutz der Umwelt und der Menschenrechte getarnt. Dabei war dies bereits schon eines der großen Ziele des deutschen Faschismus vor und im zweiten Weltkrieg.

Wachsende Proteste gegen Umweltzerstörung

Fridays for Future, „Letzte Generation“ und die Proteste in dem kleinen Dorf Lützerath im rheinischen Braunkohlerevier dürften wohl den allermeisten Menschen in Deutschland ein Begriff sein. Die Menschen, die sich in diesen Gruppen und Protesten engagieren, haben gemeinsam, dass sie gegen die Folgen der Umweltzerstörung und den daraus resultierenden Klimawandel protestieren. In den vergangenen Jahren hat die Umweltbewegung nicht nur in Deutschland, sondern weltweit einen großen Zulauf erfahren.

Ein Großteil der Bewegung verbleibt mit seinen Protesten dabei jedoch in einem begrenzten politischen Rahmen und hat damit geholfen, die Grünen in die Bundesregierung zu hieven. Dabei werden viele dieser Gruppen direkt durch kapitalistische Stiftungen wie den „Climate Emergency Fund“ mitfinanziert und richten ihre Politik vor allem auf Forderungen an die Bundesregierung. Zum Teil sind auch direkt kleinere und mittlere Unternehmen beteiligt, die darauf drängen, eine „grüne Industrie“ aufzubauen und die sich durch den Protest auf der Straße Wettbewerbsvorteile erhoffen.

Ein Teil der „radikaleren“ Gruppen der Umweltbewegung fällt besonders durch seine Rhetorik und Symbolik eines baldigen Untergangs der Welt auf und erinnert stark an religiöse Sekten. Dabei stecken hinter ihrem radikalen Auftreten meist gar nicht so radikale Forderungen. Eine grundlegende Lösung gegen die kapitalistische Umweltzerstörung bieten sie meist nicht an, sondern appellieren etwa an die Regierungen, die Wirtschaft und die Bevölkerung mit immer neuen Auflagen und Umweltschutzgesetzen zu belegen. Dabei übergehen sie in aller Regel, dass die eigentliche Ursache der systematischen Umweltzerstörung im kapitalistischen Wirtschaftssystem liegt.

Proteste, die sich allein gegen die eine oder andere Maßnahme der Politik oder eines Wirtschaftskonzerns richten, können sicher richtig sein, müssen aber in letzter Konsequenz wie ein Tropfen auf den heißen Stein verpuffen, wenn sie nicht in den Kampf für die Überwindung des umweltzerstörenden kapitalistischen Wirtschaftssystem als Ganzes eingebettet sind.

Kampf gegen das kapitalistische Wirtschaftssystem

Der Kampf für einen wirklich nachhaltigen Umweltschutz muss an die Wurzel gehen und seine konkrete Ursache bekämpfen. Diese Ursache liegt in einem Wirtschaftssystem, in dem eine kleine Minderheit von Kapitalist:innen gigantische Reichtümer auf Grundlage der Ausbeutung von Mensch und Natur anhäuft und durch die eigene verschwenderische Lebensweise die Umweltzerstörung immer weiter anheizt.

Immer höheren Steuern und Abgaben auf notwendige Verbrauchsgüter sowie der Finanzierung des Umbaus der deutschen Industrie auf neue Energieträger durch die Steuern der Arbeiter:innenklasse müssen wir eine klare Absage erteilen. Ein nachhaltiger Natur- und Umweltschutz kann nicht durch Maßnahmen auf dem Rücken der Arbeiter:innenklasse oder durch die Forderung nach immer mehr freiwilligem Verzicht und Einschränkungen geschaffen werden, sondern nur durch den Kampf gegen das herrschende kapitalistische Wirtschaftssystem.

Der Kampf gegen die weitere Zerstörung unserer natürlichen Umwelt ist lebensnotwendig, kann aber nur als Kampf für die Überwindung des kapitalistischen Wirtschaftssystems erfolgreich geführt werden. Diese Klarheit über Richtung und Ziel eines wirksamen Kampfs um den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen ist eine notwendige Voraussetzung für den bewussten Kampf der Arbeiter:innen- und Umweltbewegung.

Kevin Hoffmann
Kevin Hoffmannhttps://kevinhoffmann.home.blog
Autor bei Perspektive seit 2017 und Teil der Print-Redaktion. Freier Autor u.a. bei „Junge Welt“ und „Neues Deutschland“

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