Heute vor 90 Jahren verbrannten die Hitler-Faschisten tausende Bücher jüdischer, kommunistischer und fortschrittlicher Autor:innen. Dieses Verbrechen sollte uns noch heute eine Mahnung sein. Ein Kommentar von Ivan Barker
Am 10. Mai 1933 werden in vielen deutschen Universitätsstädten tausende Bücher auf öffentlichen Plätzen verbrannt. Die Werke jüdischer, kommunistischer und fortschrittlicher Autor:innen wie Kurt Tucholsky, Bertolt Brecht oder Heinrich Mann werden aus Bibliotheken gesammelt und auf Scheiterhaufen gestapelt. Allein in Berlin fallen weit mehr als 20.000 Bücher auf dem heutigen Bebelplatz dem Feuer zum Opfer. Beteiligt sind vor allem Studenten und Professoren.
Unter sogenannten „Feuersprüchen“ werden die Werke vernichtet, so zum Beispiel mit dem Ausspruch: „Gegen Klassenkampf und Materialismus, für Volksgemeinschaft und idealistische Lebenshaltung! Ich übergebe der Flamme die Schriften von Marx und Kautsky.“
Über mehrere Wochen wurden immer wieder Bücherverbrennungen im ganzen Land organisiert. Sie stellten den Höhepunkt der
Kampagne „Wider den undeutschen Geist“ des NS-Studentenbundes dar. Universitäten sollten von jüdischen und linken Wissenschaftler:innen, Autor:innen und Aktivist:innen „gereinigt“ werden. Aber nicht nur Bücher waren das Ziel: Auch zum Beispiel das gesamte 1919 gegründete Institut für Sexualwissenschaft des jüdischen Arztes Magnus Hirschfeld wurde zerstört. NS-Sportstudenten stürmten zunächst das Gebäude, plünderten große Teile der Ausstattung und verbrannten dort aufbewahrte Schriften ebenfalls am 10. Mai.
Der Tag war ein weiterer Vorbote zu dem, was unter der Herrschaft des Hitler-Faschismus noch folgen sollte. Heinrich Heine, dessen Werke auch von den Nazis verboten wurden, ließ eine seiner Figuren schon 1820 aussprechen: „Das war ein Vorspiel nur. Dort, wo man Bücher verbrennt, verbrennt man auch am Ende Menschen.“ Zum Zeitpunkt der Bücherverbrennung war das erste Konzentrationslager in Dachau schon eröffnet.
Heute, 90 Jahre später, können wir in der gleichen Woche die Befreiung vom Faschismus begehen, doch die faschistische Bewegung existiert weiter. Ob rechte Terrorstrukturen im Untergrund, bei Verfassungsschutz und Bundeswehr oder ganz offen im Parlament und den Medien, wieder machen sich Ultrarechte mit ihren rassistischen, antisemitischen und rückschrittlichen Positionen breit. Es ist deshalb unsere Aufgabe, unser Gedenken an die grausamen Verbrechen des Hitler-Faschismus als Aufruf zu verstehen, weiter zu kämpfen.