Paramilitärische ukrainische Gruppen bekennen sich zu Angriffen auf russische Grenzregion. Russische Behörden rufen „Anti-Terror-Operation“ aus, ukrainische Regierung distanziert sich.
In der Grenzregion Belgorod auf russischem Staatsgebiet kommt es laut russischen Behörden in den letzten Tagen zu Angriffen durch die Ukraine. Vergangene Woche wurden dabei offenbar elf Menschen auf einem Militärgelände getötet.
In den vergangenen Tagen kam es dann mutmaßlich zu einem weiterem Beschuss mehrerer Ortschaften. Laut Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow wurden danach ukrainische Drohnen abgeschossen. Es wurde Terroralarm verhängt und Bewohner:innen sollten die Gebiete verlassen. Laut der Deutschen Presse-Agentur (dpa) handelt es sich um die bislang schwersten Angriffe auf russisches Territorium seit Beginn des Kriegs. Am Dienstag wurde der Alarmzustand wieder aufgehoben, da die „Anti-Terror-Operation“ laut russischer Seite erfolgreich beendet wurde.
Die Kämpfe sollen am Montag im russischen Landkreis Graiworon, nahe der Stadt Belgorod, ausgebrochen sein. Zu den Angriffen bekannten sich auf Telegram bislang zwei Einheiten aus russischen Staatsbürgern, die auf ukrainischer Seite kämpfen: das „Russische Freiwilligenkorps“ und die „Legion Freiheit Russlands“. Sie behaupten, mehrere Dörfer in der Grenzregion eingenommen zu haben. Die „Legion Freiheit Russlands“ ist ein Teil des internationalen Freiwilligenkorps in der ukrainischen Armee.
Der „Russische Freiwilligenkorps“ behauptet seine Teilnahme ebenfalls, was jedoch von der ukrainischen Regierung nicht bestätigt wurde. Er soll von einem in Moskau geborenen und in Köln aufgewachsenem Faschisten, Denis Kapustin, gegründet worden sein. Laut Spiegel–Recherche ist Kapustin ein bekannter Neonazi aus der Kampfsport- und Hooligan-Szene. Er soll maßgeblich an der Professionalisierung rechter Gewalt in Europa beteiligt gewesen sein. Kapustin sagte am Mittwoch Reporter:innen auf der ukrainischen Seite der Grenze: „Ich denke, Sie werden uns wieder auf der anderen Seite sehen“.
Das ukrainische Präsidentenbüro sagt nun, dass die Ukraine nichts mit der Situation in Belgorod zu tun habe. Auch die USA hatten noch einmal betont, dass sie Angriffe auf russisches Gebiet ablehnen würden. Die Ausstattung der Einheiten, die die Kämpfe durchführen, spreche jedoch laut András Rácz von der “Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik” dafür, dass sie der ukrainischen Armee untergeordnet seien. Auch Andrij Tschernjak vom militärischen Geheimdienst der Ukraine hatte am Montag gesagt, dass das „Russische Freiwilligenkorps“ und die „Legion Freiheit Russlands“ eng mit ihnen zusammenarbeiten würden.
Die Situation in der Grenzregion bleibt damit angespannt. Teil der Kriegsführung – sowohl der Ukraine als auch Russlands – ist seit Beginn auch immer der Kampf um Informationen und die eigene Außendarstellung.