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Montag, April 29, 2024
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    Über 6.700 Tote in Gaza – sind die Zahlen glaubwürdig?

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    US-Präsident Joe Biden hegt Zweifel an der Glaubwürdigkeit der palästinensischen Opferzahlen, da sich die Gesundheitsbehörde in Gaza unter Kontrolle der Hamas befindet. Auch in deutschen Medien werden die Zahlen in Zweifel gezogen. Nun hat das palästinensische Ministerium eine detaillierte Opferliste des israelischen Kriegs gegen den Gazastreifen veröffentlicht.

    Die 212-seitige Liste enthält alle registrierten Opfer, die in Gaza in Folge der Eskalation in Israel/Palästina zu Tode kamen: Es sind die Namen von über 6.747 Personen, die zwischen dem 7. und 25. Oktober getötet wurden, 281 weitere Todesfälle konnten noch nicht identifiziert werden. Die Liste enthält Angaben zu Alter, Geschlecht und die Personalausweisnummern.

    In der Vorbemerkung des Papiers wird darauf hingewiesen, dass dort nur die Personen erfasst worden seien, die in den Krankenhäusern des Gazastreifens verstorben seien. Alle Toten, die ohne Krankenhausaufenthalt beerdigt worden seien oder noch unter den Trümmern lägen, seien in diesem Dokument nicht aufgeführt.

    Da sich das palästinensische Gesundheitsministerium im Gazastreifen unter Kontrolle der islamisch-fundamentalistischen Regierungspartei „Hamas“ befindet, waren zuletzt Zweifel an den Zahlen des Ministeriums geäußert worden. US-Präsident Joe Biden erklärte am Mittwoch, er habe „kein Vertrauen“ in die Angaben der Behörde. Der israelische Militärsprecher Richard Hecht fügte am Donnerstag hinzu: „Wenn das Gesundheitsministerium der Hamas Zahlen veröffentlicht, sind diese mit Vorsicht zu genießen.“

    Sind die Zahlen glaubwürdig?

    Auf die Kritik der Politiker:innen hin veröffentliche das Ministerium die Opferliste. Diese ist  tatsächlich überprüfbar. Die Veröffentlichung der Personalausweisnummern der Opfer erlaubt es israelischen Behörden und den Vereinten Nationen, die Liste zu verifizieren. Sie können mittelfristig feststellen, ob die aufgeführten Personen real sind und ob deren Ausweisnummern weiterhin genutzt werden.

    Darüber hinaus gibt es die Berechnungen der Notdienstleister und Menschenrechtsorganisationen, die bei ihrer Arbeit im Gazastreifen auf ähnliche Zahlen kommen und die Angaben des Gesundheitsministeriums für glaubwürdig halten.

    Die Organisation des Roten Kreuzes „Palästinensischer Roter Halbmond“ betreibt rund 30 Ambulanzen im Gazastreifen und erhebt bei ihren Einsätzen eigene Daten. Die Sprecherin der Organisation, Nebal Farsakh, sagte dazu gegenüber SRF News: „Wir decken ungefähr 35 Prozent der Notfalleinsätze im Gazastreifen ab. Unsere Zahlen stützen – wenn man sie hochrechnet – die Angaben des palästinensischen Gesundheitsministeriums.“

    Auch die Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ hält die Zahlen für plausibel. Omar Shakir, der „Direktor für Israel und die Palästinensergebiete“, erklärte: „Als wir unsere eigenen unabhängigen Untersuchungen zu bestimmten Luftschlägen durchgeführt und diese Zahlen mit denen des Gesundheitsministeriums verglichen haben, gab es keine größeren Abweichungen“.

    Bei früheren Angriffen Israels auf den Gazastreifen stellten sich die von den Behörden in Gaza veröffentlichten Opferzahlen nachträglich als relativ genau heraus. „Die Zahlen mögen nicht minutengenau perfekt sein, aber sie spiegeln weitgehend das Ausmaß von Tod und Verletzung wider“, sagte Michael Ryan, Leiter des Nothilfeprogramms der Weltgesundheitsorganisation (WHO), gegenüber der Nachrichtenagentur AP am Donnerstag.

    Hingegen hat der US-Präsident bisher keine Beweise vorgelegt, um seine Zweifel der Zahlen zu unterstreichen. Mittlerweile spricht das Gesundheitsministerium von rund 8.000 Toten.

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