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Sonntag, April 28, 2024
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    „Ein WIR gibt es nur als Jugend der Arbeiter:innenklasse“

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    Wir haben mit Sina von der Organisation Internationale Jugend über ihre Kampagne „One Class, One Struggle“ gesprochen.

    Zum Anfang direkt: Was denkt ihr über die aktuelle politische Lage, was sind besonders wichtige Punkte zur Zeit?

    Aufrüstung, die Frage nach einem neuen Weltkrieg, die Geflüchtetenthematik, aber auch wie der deutsche Staat mit dem Klimawandel umgeht, wie er probiert Steuern „gegen den Klimawandel“ auf unsere Kosten einzuführen und so weiter. Was dabei interessant ist, ist, wie der deutsche Staat all das zur Zeit legitimiert oder versucht zu legitimieren. Unserer Meinung nach hetzt er uns nämlich dafür gegeneinander auf.

    Könntest du das noch mehr ausführen? Wie und gegen wen werdet ihr aufgehetzt?

    Ich probiere es mal an einem Beispiel zu erklären, was wir damit genau meinen: Zum Beispiel die innere und äußere Aufrüstung und der Versuch die deutsche Gesellschaft wieder kriegsfreudig zu machen: Seit Beginn der russischen Invasion in die Ukraine ist Krieg ja wieder sehr präsent, und der deutsche Staat unterstützt die Ukraine mit großen Waffenlieferungen, und die Bundeswehr wird aufgerüstet.

    Wenn man sich so die Rhetorik von Bundeskanzler Olaf Scholz, Kriegsminister Boris Pistorius und Co. anschaut, stellt man fest, wie oft von einem „wir“ gesprochen wird. „Wir“ müssen als „freiheitlich-demokratischer“ Westen gegen das „autokratische“ Russland zusammenstehen und Menschenrechte und die demokratische Ordnung Europas verteidigen. Darum sei es nun einmal notwendig, Unsummen für die Bundeswehr bereitzustellen und womöglich die Wehrpflicht wiedereinzuführen, auch ein verpflichtendes soziales Jahr wird ins Spiel gebracht.

    Dabei sind Deutschland und die NATO kein Stück weniger imperialistisch als Russland. Die Auslandseinsätze der Bundeswehr in Afghanistan, Mali etc. haben nirgendwo die Lage verbessert, vielmehr wurden Rohstoffquellen für deutsche Großkonzerne gesichert. Auch in der Ukraine geht es jetzt darum, die eigenen Einflusssphären zu erweitern.

    Deutsche Monopole profitieren also doppelt, einmal durch die aktuellen Waffenlieferungen, die die Aktienkurse von Rheinmetall und Co. steigen lassen, ein zweites Mal durch den Wiederaufbau der Ukraine, auf den schon spekuliert wird.

    “Deutsche Monopole profitieren also doppelt”

    Und um das alles zu legitimieren und auch durchzudrücken, hetzt der deutsche Staat ganz gezielt gegen „die Russen“. Aber es ist doch ganz klar: Das, was der deutsche Staat alles sagt, darauf können wir nicht vertrauen. Der deutsche Staat will Krieg, und er will eine Bevölkerung, die da mitmacht.

    Unsere Verbindung mit den Arbeiter:innen aus Russland, die auch kein Interesse an imperialistischen Kriegen haben, will er uns damit nehmen. Er tut so, als ob „wir“ als Deutsche einfach zusammenhalten müssten gegen „die anderen“. Aber eigentlich sind „wir“ die Arbeiter:innen der ganzen Welt und „die anderen“ die Reichen und Kapitalist:innen der ganzen Welt. Die Kriege wollen nicht wir Arbeiter:innen, sondern die Kapitalist:innen der jeweiligen Länder. Die Grenze verläuft nicht zwischen den Nationen, sondern zwischen oben und unten. Das zu verschleiern, nennen wir Spaltungsversuch.

    Geht es euch jetzt gerade nur um die Militarisierung, also die innere und äußere Aufrüstung?

    Nicht nur. Eine weitere Spaltungslinie kann man bei der Asylpolitik sehen. Vor kurzem wurde von der Ampel-Regierung ein neues Asylgesetz durchgesetzt, das das Recht auf Asyl quasi abschafft. Man möchte die „Rückführung“ von Personen in ihre Herkunftsländer ‘erleichtern’, also schneller abschieben.

    Da ist es besonders ironisch, dass die Ampel-Regierung jetzt Veranstaltungen „gegen die AfD“ unterstützt, weil vor kurzem Pläne von AfDlern und anderen Faschist:innen zur „Remigration“ Thema wurden. Dabei setzt die Regierung mit nur anderen Worten um, was Faschist:innen schon lange fordern!

    Auch hier gibt es kein „wir“, weder mit der AfD, noch mit den Regierungsparteien. Ein „wir“ gibt es nur als Jugend der Arbeiter:innenklasse, egal welcher Herkunft – aber auch gleich welcher sexuellen Orientierung oder Geschlechts. Gegen all diese Spaltungsversuche wollen wir Widerstand leisten.

    Das ist auch Inhalt eurer aktuellen Kampagne. Wieso eine Kampagne und was sind eure Ziele damit?

    Genau, gerade hat bei uns die Kampagne unter dem Titel „One Class, One Struggle – Jugend kämpft international“ begonnen. Hier liegt unser Fokus eben darauf, die Gemeinsamkeiten der Arbeiter:innenjugend im Kapitalismus auf der ganzen Welt hervorzuheben, entgegen den Spaltungsversuchen der herrschenden Klasse.

    Wir haben eben gesehen, wie stark diese Spaltungsversuche in Deutschland geworden sind und wollen jetzt ganz gezielt dagegen Widerstand leisten.

    Es gibt eine Reihe von bedeutenden Tagen in den nächsten Wochen, wo wir auf Aktionen die Gemeinsamkeit der Jugend betonen werden. Bald steht ja z.B. der Jahrestag des Beginns des Ukraine-Kriegs an. Da werden wir auf die Pläne zur Wiedereinführung der Wehrpflicht aufmerksam machen. Außerdem machen wir öffentliche Vorträge und Jugendcafés zu diesen Themen. Aber auch in unseren Treffen diskutieren wir regelmäßig über aktuelle politische Entwicklungen. Alle, die Interesse haben, können bei uns gerne vorbeischauen.

    Wir wollen mit der Kampagne auch genau da ansetzen, wo wir sowieso den Großteil der Zeit sind: in den Schulen. Also genau diese Politik auch in die Schulen tragen, die ja sowieso schon politische Orte sind – nur bisher nicht unbedingt fortschrittliche. Das ist auch unsere Politik, wenn wir mal keine Kampagne machen, denn

    “wir sind eine bundesweite sozialistische Organisation von vor allem Schüler:innen”

    wir sind eine bundesweite sozialistische Organisation von vor allem Schüler:innen, die gegen das kapitalistische System kämpfen. Wir denken, dass auch die Systemfrage eigentlich viel häufiger gestellt werden muss, weil der Kapitalismus und das Patriarchat die eigentlichen Probleme sind.

    Deswegen haben wir uns organisiert und wollen andere Jugendliche ermutigen, das auch zu tun: Denn den Widerstand gegen den Kapitalismus können wir nicht alleine in der Schule oder sonstwo führen. Wir sind viel stärker, wenn wir das gemeinsam machen und zusammen an einem Strang ziehen. Wir machen zu unterschiedlichen Themen Arbeit und probieren immer, auch offen für alle zu sein. Vielleicht kommt ihr ja im Rahmen unsere Kampagne mit uns in Kontakt.

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