Am 20. Dezember 2023 führte die Berliner Polizei mehrere gewaltsame Hausdurchsuchungen bei jungen Aktivistinnen der antikapitalistischen Frauenorganisation “Zora” durch. Inspiziert wurden auch öffentliche Räume, in denen sich die Aktivistinnen getroffen haben sollen. Bei einer Pressekonferenz erklärte “Zora”, es handele sich bei den Angriffen um politische Einschüchterungsversuche, die juristisch auf fadenscheinigen Vorwänden beruhten.
Ihre Pressekonferenz in Berlin sieht die Organisation Zora als offensive politische Antwort auf die Polizeigewalt und Willkür, der sie durch die Hausdurchsuchungen ausgesetzt war. Insgesamt bei vier jungen Frauen und einem männlichen Freund und Unterstützer drangen in den Morgenstunden des 20. Dezember 2023 Polizeikommandos ein.
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Die Polizist:innen gingen dabei äußerst brutal vor, verwüsteten Wohnungen und beschlagnahmten persönliche Gegenstände. Eine der Frauen trug sogar Verletzungen davon und musste danach einen Arzt aufsuchen. Dazu wurden auch das in Berlin-Wedding gelegene Interbüro sowie das Café Karanfil in Berlin Neukölln durchsucht, wobei das Vorgehen dort nicht weniger gewaltsam war. Der Vorwand für den Zugriff: Ein einzelner Satz auf einem Flyer, den die Aktivist.innen von Zora im Rahmen ihres Einsatzes gegen den zerstörerischen Krieg in Palästina verteilt habe sollen.
Um Fragen zu dem Fall aus ihrer Sicht zu beantworten und ein Statement zu verlesen, waren bei der jetzt abgehaltenen Pressekonferenz eine Sprecherin von Zora und der eingeschaltete Rechtsanwalt Alexander Gorski anwesend.
Ein klarer Einschüchterungsversuch
Die dünne rechtliche Grundlage für die Einsätze am 20. Dezember, an denen insgesamt 170 Polizist:innen beteiligt waren, bietet der §86 Abs. b. Dieser verbietet das „Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger und terroristischer Organisationen”. Auf einem Flyer, den Zora in Berlin im November verteilt hatte, wurde zur „Stärkung“ „fortschrittlicher Kräfte wie z.B. der PFLP“ aufgerufen.
Bei der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas, Anm. d. R.) handelt es sich um eine 1967 gegründete links-nationalistische und säkulare Organisation, die in den palästinensischen Gebieten aktiv ist. Derzeit ist sie auch an Kämpfen gegen die israelische Armee beteiligt. Die PFLP steht zwar auf der EU-Terror-Liste, wird in Deutschland vom Inlandsgeheimdienst jedoch als „nicht terroristisch aktiv“ charakterisiert und ist hierzulande auch nicht verboten.
Der anwesende Anwalt Alexander Gorski erklärte in der Pressekonferenz, dass die Argumente für einen Anfangsverdacht auf eine Straftat im Sinne des §86 nicht haltbar seien. Die bloße Nennung einer Organisation reiche ausdrücklich nicht aus, um eine Nähe zu ihr herzustellen. Somit gäbe es gar kein „Propagandamaterial”, das den Tatbestand hätte erfüllen können.
Als Zweck hinter den Hausdurchsuchungen sieht Zora einen politischen Einschüchterungsversuch. Die Betroffenen sollen sich aus Angst aus dem politischen Leben zurückziehen. Die gesamte Gruppe solle diffamiert und stigmatisiert werden. Als Antwort auf solche Angriffe des Staats und seiner Klassenjustiz formuliert Zora deutliche Forderungen nach Entschädigung und nach dem Rücktritt der verantwortlichen Berliner Innensenatorin Iris Spranger. Weitere Schritte, juristisch gegen die Polizei vorzugehen, werde die Gruppe in Absprache mit den weiteren Betroffenen und dem Rechtsbeistand prüfen.
Allgemeiner Anstieg der Repression
Die Sprecherin von Zora ordnet die Razzien in den Kontext einer allgemeinen Zunahme von Repression auf deutschen Straßen seit dem 7. Oktober 2023 ein. Palästina-solidarische Gruppen und Personen hätten in den vergangenen Monaten enorme Einschränkungen ihrer Rechte und Freiheiten erfahren. Dazu gehörten Verbote von Demonstrationen, Polizeigewalt auf den Straßen, willkürliche Festnahmen und Anzeigen wegen angeblicher Volksverhetzung und eben auch Verletzung des Schutzes der eigenen Wohnung.
Ihren Einsatz gegen patriarchale Gewalt mit einer internationalistischen Perspektive wollen die Aktivistinnen von Zora unter dem Motto „Jetzt erst recht!” umso entschiedener weiterführen und sich nicht einschüchtern lassen.