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Sonntag, April 28, 2024
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    Proteste der Bäuer:innen und Landarbeiter:innen – Gegen Ampelregierung und Agrarkonzerne

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    An den großen, hupenden Traktoren führt in den letzten Wochen kein Weg vorbei. In Konvois bahnen sie sich – mit Fahnen und Schildern bestückt – ihre Wege über Stadt und Land zu den vielen Protestaktionen vor Regierungs- und Verwaltungsgebäuden, auf Hauptstraßen und Marktplätzen. Die Wut auf die Ampelregierung und die Kürzungspolitik ist groß. – Von Mario Zimmermann.

    Ein Pfeifkonzert schlägt dem Finanzminister Christian Lindner bei seiner Rede vor den protestierenden Bäuer:innen und Arbeiter:innen am bundesweiten Protesttag, dem 15. Januar vor dem Brandenburger Tor, entgegen. Mit Hetze und Spaltungsversuchen gegenüber Geflüchteten, Arbeitslosen und Umweltaktivist:innen möchte er die Protestbewegung kontrollieren und ruhig stellen. Dabei macht er deutlich: Weitere Zugeständnisse bei der Rücknahme der Kürzungen dürfen die Bäuer:innen von der Bundesregierung nicht erwarten. Doch das Pfeifen und Buhen der Bäuer:innen zeigt: Sie lassen sich weder auf Lindners Beschwichtigungen noch die Appelle von Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbands ein, der die Interessen der Agrarkonzerne vertritt. Auch in den Folgetagen verstummen die Proteste nicht. Sie richten sich nicht nur gegen die aktuellen Kürzungen der Regierung, sondern auch gegen unübersichtliche EU-Verordnungen, die an der Realität der Klein- und Mittelbäuer:innen vorbeigehen: gegen hohe Bodenpreise, knebelnde Lieferverträge und niedrige Kaufpreise, sowie den hohen internationalen Konkurrenzdruck durch Freihandel.

    Dabei verbieten sich Schnellschlüsse über die Bauernproteste ebenso wie der Versuch, sie in die rechte Ecke zu stellen. Je nach Region und Betrieb gibt es Unterschiede, die sich auch in den Verbandsstrukturen widerspiegeln. Von einer Zersplitterung der Protestbewegung kann jedoch nicht die Rede sein: Denn die Grundprobleme, vor denen sie stehen, sind die gleichen. Zusätzlich wird der Schulterschluss mit anderen Unternehmer:innen und Arbeiter:innen aus dem Handwerk und der Logistik gesucht. Bei letzteren überwiegt die generelle Unzufriedenheit mit der Ampelregierung gegenüber ihren klaren Forderungen.

    Die Krise hat System

    Bei den Bauernprotesten ist nicht ohne Grund der Funke so schnell übergesprungen. Eine Vielzahl von Widersprüchen durchzieht die landwirtschaftliche Produktion im Kapitalismus: Da sind die Klein- und Mittelbäuer:innen, die mit immer höheren Pacht- und Kaufpreisen für Ackerland zu kämpfen haben. Der Anstieg in den letzten zehn Jahren war enorm, im Bundesdurchschnitt haben sich die Kaufpreise mehr als verdoppelt. Einerseits verkleinert sich so die landwirtschaftlich nutzbare Fläche von Jahr zu Jahr, gleichzeitig drängen immer mehr Immobilienkonzerne und andere Großinvestor:innen auf den Markt.

    Der Kampf um dieses wichtige Produktionsmittel der Landwirtschaft belastet die Bäuer:innen vor allem in ihrem Preiskampf mit riesigen Agrarkonzernen und anderen landwirtschaftlichen Großbetrieben. Diese Agrarmonopole diktieren den kleineren Bäuer:innen die Kaufpreise für ihre Produkte, die durch Importe – z.B. auch aus der Ukraine – noch stärker gedrückt werden.

    Diese ruinösen Preise sorgen unter anderem dafür, dass die Löhne in der Landwirtschaft so extrem gering sind: Nur 7% der festangestellten Landarbeiter:innen verdienen mehr als 18 € pro Stunde. Für die Saisonarbeiter:innen aus Osteuropa sind die Arbeitsbedingungen und Löhne noch viel schlechter. In brennender Mittagshitze arbeiten sie schwer für Hungerlöhne, von denen sie dann noch einen großen Teil für ihre Massenunterkunft gleich wieder abgeben müssen.

    Letztendlich profitieren wieder nur die Kapitaleigner:innen – ob sie in der Lebensmittelindustrie und im Handel die Verbraucherpreise erhöhen oder durch Pacht und Spekulation sowie niedrige Einkaufspreise die Bäuer:innen und Landarbeiter:innen auspressen und daran verdienen.

    Das zeigt deutlich: Arbeiter:innen und Bäuer:innen werden von denselben Großkonzernen ausgepresst. Deshalb gehören die Kämpfe von Stadt und Land zusammen. Sie brauchen gemeinsame Forderungen und den Schulterschluss auf der Straße.

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