Der 8. März ist der „Internationale Frauenkampftag”. An diesem Tag gehen seit über 100 Jahren Frauen weltweit auf die Straße, um gegen bestehende Ausbeutung, Unterdrückung und für bessere Lebensbedingungen zu demonstrieren. Auch dieses Jahr finden zahlreiche Proteste statt. – Im Interview erläutert Julia Wolff, warum der Frauenkampftag immer noch aktuell ist.
Welche Bedeutung hat der 8. März für Arbeiterinnen in Deutschland?
Am 8. März als Internationaler Frauenkampftag gehen weltweit Frauen und Mädchen auf die Straße, um zu zeigen, dass sie sich nicht mit ihrer Lebensrealität zufrieden geben, sondern gegen ihre Ausbeutung und Unterdrückung ankämpfen. Der Tag steht in einer langen Tradition von über 100 Jahren weltweiter Frauenkämpfe, in denen wir nicht isoliert kämpfen, sondern die Kämpfe aller Frauen international verbinden.
Dementsprechend hat er auch eine große Bedeutung für die Arbeiterinnen hier in Deutschland. Denn wenn wir uns die aktuelle Lage anschauen, dann können wir sehen, dass unsere Kämpfe international zusammenhängen und verschiedene Probleme weltweit die selben Ursachen haben.
…und welche Ursachen wären das?
Kurz und knapp: Die Ursachen sind der Kapitalismus und das Patriarchat. Denn das bestehende System, in dem wir leben, beruht auf der Ausbeutung der Arbeiter:innenklasse und auf der besonderen Ausbeutung der Frau. Das heißt, zusätzlich zur Ausbeutung durch die Lohnarbeit müssen wir als Frauen noch kostenlose Reproduktionsarbeit leisten. Wir werden also doppelt ausgebeutet. Aus diesen Formen der Ausbeutung ergeben sich die verschiedenen Problemlagen, die Arbeiter:innen und Frauen weltweit erleben, obwohl die Auswirkungen natürlich unterschiedlich sein können.
Welche Kämpfe führt ihr als Frauen aktuell in Deutschland?
Die aktuelle Lage ist geprägt von Kriegen, Asylrechtsverschärfung und wirtschaftlichen Krisen.
In Deutschland erleben wir aktuell weitere Angriffe auf unsere Klasse und demokratischen Rechte. Im Vordergrund stehen insbesondere die Hetze gegen Migrant:innen und ein so offen ausgetragener Rassismus, wie schon lange nicht mehr, während die Ampel-Koalition mit der Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems GEAS faktisch das Asylrecht aufhebt. Gleichzeitig stehen wir der Haushaltskrise gegenüber, wobei Ende 2023 Strom- und Gassperren ausgelaufen sind und beim Bürgergeld die Totalstreichung hinzu kommen kann, sowie der Wegfall des Bürgergeldbonus.
Als Frauen müssen wir gegen diese Entwicklungen kämpfen, denn sie stellen massive Angriffe auf unsere Klasse dar. Gleichzeitig sind wir als Frauen von diesen Themen besonders betroffen. Egal ob es um Haushaltskrise und Teuerungen geht oder das Erstarken faschistischer Kräfte. Dabei müssen wir uns vor Augen führen, dass in Krisen- und Kriegszeiten die Gewalt an Frauen ansteigt und erkämpfte Fortschritte zurück gedrängt werden. In Palästina und Kurdistan werden unsere Klassengeschwister nach wie vor angegriffen und getötet. Solidarische Kräfte werden hierzulande kriminalisiert und erfahren Repressionen.
Wir können also sehen: es ist höchste Zeit aufzustehen und sich dagegen zu wehren. Denn als Frauen sind wir nicht nur von Krieg, Krise und Rechts-Ruck besonders betroffen, sondern sind auch besonders starke Kämpferinnen vereint im Kampf gegen Kapitalismus und Patriarchat. Unsere Befreiung als arbeitende Frauen wird uns nicht geschenkt, wir können sie nur selbst erkämpfen und das international vereint. Deswegen gehen wir auch am 8. März auf die Straße gegen Rassismus, Imperialismus und Patriarchat!
Was macht das „Frauenkollektiv” am 8. März?
Als Frauenkollektiv sind wir am 8. März bundesweit auf der Straße. In Berlin, Freiburg, Köln und Leipzig organisieren wir klassenkämpferische Demonstrationen und Aktionen anlässlich des Internationalen Frauenkampftages. Darüber hinaus organisieren wir davor und danach Vorträge und Frauencafés zu den Themen Rassismus, Imperialismus und Patriarchat.
… und wie geht es danach weiter?
Wir müssen uns vor Augen halten, dass der 8. März ein wichtiger Kampftag ist für uns proletarische Frauen. Aber er ist halt auch eben nur einer von 365 Tagen. Unser Kampf gegen Kapitalismus und Patriarchat muss aber jeden Tag stattfinden. Als Frauen sind wir von allen Problemen besonders betroffen, deswegen müssen wir auch bei all diesen Themen über das ganze Jahr hinweg Widerstand leisten. Dafür ist es notwendig, sich politisch zu organisieren. Denn unsere Befreiung als Frauen werden wir nicht in diesem System erreichen. Um dem Kapitalismus und Patriarchat wirklich etwas entgegen setzen zu können, müssen wir eine klassenkämpferische Arbeiterinnenbewegung aufbauen, mit der wir die Frauenrevolution erkämpfen können.
Was versteht ihr unter der „Frauenrevolution”?
Die Frauenrevolution ist eine Revolution, mit der wir das Patriarchat bekämpfen und alle Geschlechter befreien werden. Wir haben ja bereits gesagt, dass wir als als proletarische Frauen mehrfach ausgebeutet und unterdrückt werden durch Kapitalismus und Patriarchat. Die beiden Systeme sind untrennbar miteinander verwoben. Um also das Patriarchat zu bekämpfen, müssen wir auch den Kapitalismus bekämpfen in Form der sozialistischen Revolution. Aber gleichzeitig ist die Arbeit damit nicht getan. Denn das Patriarchat ist das älteste Unterdrückungsverhältnis der Welt und gut darin, sich zu erneuern und an neue wirtschaftliche Bedingungen anzupassen. Mit der Frauenrevolution bekämpfen wir das Patriarchat gezielt auf allen Ebenen, bis wir es schlussendlich zerschlagen haben.
Dabei ist es wichtig zu verstehen, dass die Frauenrevolution nichts ist, was erst in der Zukunft angegangen werden kann. Die Frauenrevolution beginnt schon hier und heute. Wenn wir bspw. unser patriarchal anerzogenes Konkurrenzdenken unter Frauen zurückdrängen und stattdessen Frauensolidarität üben. Oder wenn wir unser Geschlechtsbewusstsein weiter entwickeln und als Frauen zu starken Kämpferinnen werden gegen das Patriarchat.
Das bedeutet, wenn wir am 8. März in Deutschland auf die Straße gehen, dann lassen wir die Frauenrevolution lebendig werden, indem wir im Kampf vereint Seite an Seite mit unseren Schwestern weltweit für eine bessere Zukunft kämpfen.