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Zeitung für Solidarität und Widerstand

Wehrpflicht in Deutschland? Jugend leistet Widerstand!

Wehrpflicht wie in Schweden? Laut dem Verteidigungsminister ist das die favorisierte Variante, um Deutschland möglichst schnell zu einem „kriegstüchtigen“ Land zu entwickeln. Die Bundeswehr soll möglichst schnell wieder kriegsfähig gemacht werden. Dagegen braucht es organisierten Widerstand, insbesondere durch die Jugend. – Ein Kommentar von Ruby Pfeifer

Mit regelmäßig aufkommenden Debatten über die Wiedereinsetzung der Wehrpflicht und Drohungen, dass in wenigen Jahren ein Krieg in Europa herrschen könnte, sollen die Arbeiter:innen auf den eingeschlagenen Weg der Aufrüstung und Militarisierung eingestimmt werden.

Verteidigungsminister Boris Pistorius hat es sich zur Aufgabe gemacht, Deutschland auf einen Krieg vorzubereiten und dafür braucht es nicht nur Geld, sondern vor allem auch eine ideologische Vorarbeit. Während die Kapitalist:innen möglichst schnell eine Antwort auf die zunehmenden Krisen und die Kriegsgefahr benötigen, stehen sie aktuell vor der Aufgabe, auch die Arbeiter:innen und besonders die Jugend für ihre Machtkämpfe zu begeistern.

Die Abstände, in denen es Diskussionen über die Wehrpflicht in die Nachrichten schaffen, werden zunehmend kürzer. Mit der „Schweden-Variante“ werden erste konkrete Vorschläge in die Gesellschaft getragen.

Geld alleine reicht ihnen nicht

Der deutsche Staat arbeitet seit Beginn des Krieges in der Ukraine im Februar 2022 auf Hochtouren, um das gesamte Land auf Krieg einzustimmen. Das 100-Milliarden-Paket und die Zeitenwende-Rede von Bundeskanzler Olaf Scholz waren, wie sich aktuell in aller Deutlichkeit zeigt, erst der Anfang. Mit dem Haushaltsplan entbrannte die Debatte der Geldbeschaffung für die Bundeswehr erneut: Während in sozialen Bereichen und im Gesundheitswesen vor allem Kürzungen geplant sind, erwartet die Bundeswehr ein neuer Höchstwert an finanziellen Mitteln.

Seit zwei Jahren wird aber nicht nur finanziell, sondern auch ideologisch daran gearbeitet, die Stimmung der Gesellschaft zu wandeln. Es ist deshalb auch Taktik, wenn Pistorius äußert, dass in fünf bis acht Jahren wieder Krieg in Europa herrschen könne oder dass die Aussetzung der Wehrpflicht ein Fehler gewesen sei. Es soll den Diskussionsrahmen verschieben, wenn über die „Schlagkräftigkeit“ der Bundeswehr gesprochen wird und die Debatte über Wehrpflicht erneut entbrennt.

Stück für Stück wird der Weg zu neuen Kriegen geebnet und der dadurch mit Sicherheit aufkommende Widerstand vor allem von jungen Arbeiter:innen soll damit möglichst vorher abgefangen werden.

Zusätzlich dazu werden Unsicherheit und Angst geschürt. Die Aufmerksamkeit wird abgelenkt von der Ungerechtigkeit der gesellschaftlichen Verhältnisse. Dass imperialistische Kriegsvorbereitungen keinen Frieden schaffen und die anvisierte „kriegstüchtige“ Bundeswehr wohl nicht nur abschrecken, sondern sich vor allem an zukünftigen Kriegen beteiligen soll, wird wohlweislich verschwiegen.

Deutsche Verteidigungsmacht oder ein neuer Verteilungskrieg?

Zwar wird bisher vor allem davon gesprochen, dass Deutschland sich im Falle eines Krieges verteidigen müsse. Die Interessen, die dahinterstehen, sind jedoch breiter: Die herrschenden Kapitalist:innen haben nicht nur ein Interesse daran, ihr Vermögen innerhalb Deutschlands zu verteidigen. Vielmehr geht es ihnen darum, ihre Konkurrenz zurückzudrängen und neue Einflussgebiete zu gewinnen – und dafür auch Kriege zu führen.

Aussagen von einem „krisenfesten“ oder „wehrtüchtigen“ Deutschland sind es, die den Krieg näher an die Arbeiter:innen bringen sollen. Sie bringen Einstimmung nicht nur auf eine Militarisierung nach innen, sondern vor allem auch auf mögliche militärische Einsätze im Ausland.

Jugend besonders im Fokus

Besonders Schüler:innen, Auszubildende und Student:innen stehen im Fokus der Debatte. Denn die geplante schlagkräftige Bundeswehr kann nicht ohne eine neue Generation von Soldat:innen entstehen. Die Aufgabe des Bildungssystems bestand lange vor allem darin, Jugendliche auf die bevorstehende Lohnarbeit vorzubereiten und zu überzeugten Staatsbürger:innen zu erziehen.

Die neue Aufgabe besteht darin, diese Generation nun auch für die Bundeswehr zu begeistern. Die Kapitalist:innen benötigen eine Vielzahl an jungen Erwachsenen, die ideologisch und körperlich darauf eingestellt sind, in den Krieg zu ziehen. Das bekräftigt die Aussage der Bildungsministerin Stark-Watzinger, die Zivilschutzübungen an Schulen fordert, um ein „unverkrampftes Verhältnis zur Bundeswehr“ zu erlangen und die Jugend auf „Katastrophenfälle“ vorzubereiten. Neben Pandemieausbrüchen und Umweltkatastrophen meint sie damit vor allem auch Kriege.

Aktiv werden gegen Krieg und Krise

Weder vom Krieg noch von der Wehrpflicht profitieren die jugendlichen Arbeiter:innen. Die sich zuspitzende Debatte zeigt vor allem, dass der deutsche Staat und dahinter die Kapitalist:innen, sich möglichst schnell darauf vorbereiten müssen, ihre Interessen auch militärisch auf der Welt durchzusetzen. Dass dies nicht die Interessen der Arbeiter:innen sind, zeigt sich durchaus plastisch an geplanten Kürzungen im sozialen Bereich: Die Schließung von Jugendzentren und sanierungsbedürftige Schulen sind dabei kaum einer Erwähnung wert. Auch das Gesundheitssystem wird seit Jahrzehnten kaputt gespart. Dass aktuell immense Summen in den Verteidigungsetat fließen, beweist: Das Geld ist da, es wird nur nicht im Interesse der Mehrheit ausgegeben.

Mit der zunehmenden Gefahr von Umweltkatastrophen, der aktuellen Wirtschaftskrise und Kriegen, die Gefahr laufen sich weiter auszuweiten, sind es die Jugendlichen, die vor einer Welt ohne Perspektiven stehen. Umso wichtiger wird es deshalb, die notwendigen Schritte selbst zu gehen und den Kampf dagegen im eigenen Interesse zu führen.

In Schulen, Universitäten und Betrieben sollen Jugendliche dazu ausgebildet werden, eine Welt am Laufen zu halten, die keine Perspektive für diese Generation bereithält. Aber gerade die Jugend mit ihrer hohen Veränderungsbereitschaft hat auch besonderes Potenzial, für eine Welt jenseits von Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen. Der Kampf gegen die Militarisierung bedeutet, eine Antwort auf die Kriegstreiberei der Herrschenden zu liefern. Eine Antwort, die im Interesse der Arbeiter:innen liegt und insbesondere der Jugend.

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