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Montag, Mai 20, 2024
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    Sächsischer Ministerpräsident fordert 40-Stunden Woche für alle

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    In einem Interview mit dem Handelsblatt bezeichnet Michael Kretschmer das Recht auf Teilzeit als einen Fehler. Ebenso findet der sächsische Ministerpräsident, dass Einsparungen im Rentensystem „an einer oder mehreren Stellen“ nötig seien.

    „Es war ein Fehler, dass wir Möglichkeiten wie die Teilzeit von der Ausnahme zur rechtlich abgesicherten Regel erklärt haben. Teilzeit ist die Ausnahme, nicht die Regel. Nur so ist der Wohlstand Deutschlands zu erhalten.“ So äußerte sich kürzlich Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) im Interview mit dem Handelsblatt.

    Das Recht auf Teilzeit ist in Deutschland seit 2001 im Gesetz verankert. Fordert ein Arbeiter oder eine Arbeiterin eine Verringerung der Arbeitszeit, so muss die Unternehmensführung dem prinzipiell nachkommen. Abgelehnt kann der Wunsch auf Teilzeit, sollten „betriebliche Gründe“ dagegen sprechen, die durch Tarifverträge festgelegt werden können.

    Teilzeit und unbezahlte reproduktive Arbeit bei Frauen

    Die Teilzeitquote ist seit einigen Jahren moderat steigend. Im vergangenen Jahr arbeitete gut ein Drittel aller Beschäftigten in Teilzeit. Hierbei sind Frauen überrepräsentiert. Aufgrund des hohen Maßes an reproduktiver Arbeit, den Frauen leisten – Kinderbetreuung oder Haushalt beispielsweise – ist es für viele Frauen gar nicht möglich, einer Vollzeitstelle nachzugehen. So verrichteten Frauen 2022 hier knapp doppelt so viel unbezahlte Arbeit wie Männer.

    Dies zeigt sich dementsprechend auch auf dem Arbeitsmarkt. Die Hälfte aller arbeitenden Frauen arbeiteten 2023 in Teilzeit, während dies nur bei 13 Prozent der Männer der Fall war. Während Männer als Gründe für Teilzeitbeschäftigung häufiger Weiterbildung wie ein Studium angeben, ist für gut ein Drittel der Frauen Kinderbetreuung der Grund. Teilzeitbeschäftigung ermöglicht also unter anderem, dass Frauen in den Arbeitsmarkt eingebunden werden können, ohne dass dabei die Grundfeste der bürgerlichen Kleinfamilie und somit auch patriarchale Rollenverteilungen angegriffen werden.

    Es zeigt sich in der Teilzeitarbeit jedoch nicht nur ein Geschlechter-, sondern auch ein Branchenunterschied: In der Pflege wird ganz besonders oft in Teilzeit gearbeitet: 43 Prozent der Alten- und 39 Prozent der Krankenpfleger:innen sind teilzeitbeschäftigt. Dies liegt zum einen am hohen Anteil von Frauen in der Branche, vor allem aber auch an der außerordentlich hohen Arbeitsbelastung. Diese macht eine Vollzeitarbeit für viele Pflegekräfte auf längere Sicht unmöglich.

    Mit der 40-Stunden Woche aus der Krise, ins Rentensystem „eingreifen“

    Michael Kretschmer hingegen sieht den „Wohlstand Deutschlands“ gefährdet – sowohl durch zu viel Teilzeit als auch durch zu viel Sozialstaat: „Wir können nicht mehr Geld ausgeben, als wir haben. So eine Politik führt in den Staatsbankrott. Wir müssen dafür sorgen, dass wir mit Wachstum und Vollbeschäftigung – das bedeutet für mich die 40-Stunden-Woche für alle – aus der Krise kommen. Dann geht es relativ schnell.“

    Wer mehr arbeitet, der hilft Deutschland aus der Krise, so die Argumentation Kretschmers. Dass der deutsche Staat wiederum nicht den Menschen aus der Krise hilft, macht der sächsische Ministerpräsident auch deutlich: „Wir können nicht das Rentenniveau, die Beiträge, die Bundeszuschüsse und das Renteneintrittsalter unverändert belassen. Das geht nicht! An einer oder mehreren Stellen müssen wir eingreifen.“

    Kretschmer kritisiert die Sozialausgaben der Ampel-Regierung als zu hoch und stellt dem die niedrigen Investitionen in Bildung entgegen. Unerwähnt lässt er in diesem Kontext die rasant steigenden Ausgaben für Aufrüstung: in Deutschland werden in diesem Jahr rund 72 Milliarden Euro für Militär und Aufrüstung ausgeben, während für Bildung und Forschung lediglich 21 Milliarden veranschlagt werden.

    Volksbefragungen für Austeritätspolitik

    Eine 40-Stunden-Woche für alle und weniger Geld für Soziales sind möglicherweise keine beliebten Positionen bei Arbeiter:innen. Dennoch schlägt Kretschmer vor, diese Forderungen den Wähler:innen in einer Volksbefragung zur Wahl zu stellen. Dass diese Befragungen für die Politik jedoch in keiner Weise verpflichtend sind, weiß Kretschmer auch: „Wir sollten keine Angst vor Volksbefragungen haben. Nur so nehmen wir die Menschen mit, auch wenn zuletzt das Parlament entscheidet.“

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