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Montag, Juli 1, 2024
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    Hessische Apotheker:innen streiken zwei Tage gegen Apothekenreform

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    Kürzere Öffnungszeiten, Filialverbünde, Abwesenheit von Fachkräften von Ort und schlechtere Versorgung: Apotheker:innen befürchten durch Lauterbachs neue Reform eine drastische Verschlechterung der Versorgungslage in Deutschland. 1.000 Personen nahmen an einer Protestkundgebung in Frankfurt teil.

    Am vergangenen Donnerstag, 27.06./Freitag, 28.06. blieben in Hessen landesweit die Apotheken – bis auf eine medizinische Notversorgung – geschlossen. Anlass für den Streik war der Gesetzesentwurf zur Apothekenreform, der Mitte des Monats durch das Gesundheitsministerium unter Minister Karl Lauterbach (SPD) veröffentlicht wurde.

    1.000 Teilnehmer:innen versammelten sich deswegen am Donnerstag auf dem Frankfurter Opernplatz, um ihrer Wut Ausdruck zu verleihen. Der Vorsitzende des „Hessischen Apothekerverbands”, der zu dem Streik aufgerufen hatte, bezeichnete die Reform als „Generalangriff“ auf den gesamten Berufsstand, dher sich zulasten der „Versorgung der Bürgerinnen und Bürger“ sowie der „Arzneimittelsicherheit“ auswirke. Hintergrund der Reform ist der stetige Abbau von Apotheken – insbesondere in ländlichen Regionen.

    Schlechtere Versorgung mit Arzneimitteln

    Die Befürchtung der Apotheker:innen knüpft an die mit der Reform geplanten Änderungen an: Sogenannte „Filialverbünde” sollen die Öffnungen von bis zu zwei „Zweigapotheken“ pro Apotheker:in ermöglichen. Diese sollen dann in unterversorgten Regionen nur vier Stunden geöffnet haben. Momentan ist werktags eine Öffnungszeit von 08:00 Uhr bis 18:30 Uhr vorgeschrieben.

    Schwerer wiegt jedoch, dass in diesen „Zweigapotheken“ kein:e Apotheker:in mehr vor Ort anwesend sein muss. Vor Ort sind dann Pharmazeutisch-technische Assistent:innen (PTA). Im Gegensatz zu Apotheker:innen dürfen PTA Medikamente nicht selbst anrühren bzw anmischen und Schmerzmittel oder andere Medikamente, die unter das Betäubungsmittelgesetz fallen, nicht herausgeben. In diesen Filialen soll bei Bedarf ein Apotheker per Video zugeschaltet werden.

    Die Befürchtung der Apotheker:innen ist, dass anstelle von richtigen Apotheken insbesondere in unterversorgten Regionen solche „Zweigstellen“ öffnen werden, die keine gleichwertige Versorgung und Beratung sicher stellen können. Dies könne dazu führen, dass die Versorgung im ländlichen Raum schlechter statt besser werde. Ferner droht auch eine Bagatellisierung des Arzneimittelverkaufs, der zu einer bloßen Ware werde.

    Honorarabbau trotz prekärer Rahmenbedingungen

    Als Grund für die Schließung von Apotheken in unterversorgten Gebieten wird regelmäßig angegeben, dass die Apotheker:innen keine Nachfolge aufgrund von „prekären wirtschaftlichen Rahmenbedingungen“ finden. Die Vergütung von Apotheken und den dort Arbeitenden wurde trotz Inflation und Wirtschaftskrise seit 20 Jahren nicht mehr angepasst.

    Statt dessen sieht der Gesetzesvorschlag eine Reduzierung des Apothekenaufschlags von 3% auf 2% vor. Diese Maßnahme wird schätzungsweise zu einem zusätzlichen Verlust von 30.000 Euro pro Jahr führen und gerade keine Anreize dazu bieten, neue Apotheken in ländlichen Regionen zu öffnen.

    Proteste gehen kreativ weiter

    Es ist zu erwarten, dass der Bundestag am 17. Juli über den Gesetzesentwurf in der 2. und 3. Lesung abstimmt. Gegen diese Abstimmung haben die Apotheken kreative Aktionsformen ins Leben gerufen: Apotheker:innen werden dazu aufgerufen, sich selbst zu filmen bei denjenigen Leistungen in ihren Apotheken, die eben nur von Apotheker:innen erbracht werden dürfen, und diese Videos dann online zu posten.

    Damit soll bildlich nachgewiesen werden, an welchen Leistungen es in den „Zweigapotheken“ mangeln wird. In dieser ersten Phase soll dadurch eine „intensive Auseinandersetzung“ mit dem Thema erreicht werden. Damit soll dann letztlich ein starkes Zeichen in Richtung Politik erfolgen.

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