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Sonntag, September 8, 2024
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    Haushalt 2025: Frauen im Schatten der Zeitenwende

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    Ein Haushaltsplan der Kriegstreiber steht auch 2025 bevor. Besonders vernachlässigt wird dabei die Lage der arbeitenden Frauen. Ihnen wird das Leben zunehmend schwerer gemacht. – Ein Kommentar von Anna Müller.

    Mitte Juli hat die Ampelregierung den Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 beschlossen. Darin sind Ausgaben in Höhe von 480,6 Milliarden Euro geplant. Wie 2024 soll etwa ein Zehntel davon durch Kredite finanziert werden. Während medial vorab viel über einen „Sparhaushalt“ geschrieben wurde, fallen die Einsparungen aber tatsächlich moderat aus. Grundsätzlich ist dennoch absehbar, dass der Haushalt neben der steigenden Militarisierung auch ein Konjunkturpaket für die Unternehmen bereit hält – und gleichzeitig bei Arbeitslosen und Migrant:innen kürzen will. Doch auch die Situation von Frauen wird durch den Haushalt verschärft.

    Haushalt 2025: So will sich die Regierung durchwurschteln – und die Reichen verschonen

    Kürzungen im Gesundheitswesen

    Während im Jahr 2023 noch 24,48 Milliarden in die Gesundheit flossen, waren es 2024 nur noch 16,7 Milliarden. Für 2025 soll der Etat nochmals auf 16,4 Milliarden zurückgehen. 2023 machte das Gesundheitsministerium noch 5,31 Prozent des Haushalts aus, 2024 nur noch 3,5 Prozent. Die Senkung des Etats für Gesundheit wirkt sich für Frauen auf verschiedene Weise aus.

    Zum einen dadurch, dass Frauen oft neben der Berufstätigkeit zuhause kranke Angehörige pflegen müssen. Die professionelle Pflege ist oft zu teuer, und bis die notwendige Pflegestufe – und damit Teilfinanzierung durch die Krankenkasse – anerkannt ist, können oft Monate vergehen. Durch die weitere Streichung der Gelder werden Frauen nochmals stärker dazu gedrängt, die Pflege privat und unbezahlt innerhalb der Familie zu leisten.

    Zum anderen verschlechtern die Kürzungen die Lage der Frauen in Pflegeberufen, in denen sie im Juni 2023 ganze 82 Prozent ausmachten. Pflegekräfte sind häufig hohen körperlichen und emotionalen Belastungen ausgesetzt. Dies umfasst sowohl die physische Anstrengung als auch die psychische Belastung durch den Umgang mit kranken und oft sterbenden Menschen. Zudem sind in der Pflegebranche Schichtarbeit, sowie Wochenend- und Feiertagsdienste üblich, was Pflegekräfte besonders belastet. Auch die Bezahlung in Pflegeberufen liegt unter dem Durchschnitt anderer Berufe. Dazu kommt noch eine Lohnungleichheit innerhalb des Pflegeberufs, da Frauen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen oft schlechter bezahlt werden.

    Prekäre Beschäftigung von Frauen

    Parallel zu den Diskussionen um den Bundeshaushalt forderte Finanzminister Lindner in den vergangenen Monaten bereits, Überstunden in Zukunft steuerfrei auszubezahlen. Yasmin Fahimi, die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), nannte den Vorschlag eine „verrückte Idee“ und warnte vor einer Beförderung von geschlechterungleicher Verteilung von Arbeit. Denn Frauen profitieren durch ihre wirtschaftliche Rolle meist weniger von staatlichen Subventionen und Steuervergünstigungen.

    Jede dritte Frau befindet sich in einem atypischen Beschäftigungsverhältnis, arbeitet also beispielsweise in Teilzeit oder einem Minijobs und nicht in einem festen Vollzeitjob. Durch die oftmals prekäre Lage von Frauen in Beschäftigungsverhältnissen entsteht teils auch die Notwendigkeit, ohne Anmeldung zu arbeiten, um Kinder, kranke Angehörige oder allein sich selbst zu finanzieren.

    Im Bereich von Betreuung und Pflege schätzt die „Promedica Gruppe” – Deutschlands größter Anbieter von Betreuungsleistungen in häuslicher Gemeinschaft – den Anteil der Schwarzarbeit auf rund 85 Prozent. Ein Forschungsprojekt der Uni Mainz ermittelte mindestens 150.000, mehrheitlich osteuropäische Frauen, die sich durch eine solche prekäre Arbeit finanzieren müssen.

    Kein Schutz vor Ausbeutung und Gewalt

    Migrantische Frauen sind also besonders stark prekären Arbeitsbedingungen ausgesetzt und mit einer großen Unsicherheit und Ausbeutung im Beruf konfrontiert. Die Einhaltung von Arbeitsschutzregelungen ist dadurch beispielsweise unmöglich. Doch auch die Möglichkeit für diese Frauen, einen legalen Zugang zum Arbeitsmarkt zu finden, wird durch den Bundeshaushalt weiter beschränkt. Integrierende Maßnahmen wie z.B. Sprachkurse werden von 1,1 Milliarden auf 500 Millionen gekürzt.

    Die verschärfte Asylpolitik, welche die Aufnahme von Geflüchteten und deren Rechte in Deutschland immer weiter einschränkt, hat auch andere gravierende Folgen: Unter schlechteren Lebensbedingungen steigt die Wahrscheinlichkeit, dass Frauen patriarchaler Gewalt innerhalb und außerhalb der Familie ausgesetzt sind. Doch diese Gewalt betrifft letztendlich alle Frauen in Deutschland. Die Zahlen von Partnerschaftsgewalt sind im Jahr 2023 erneut gestiegen – in den letzten fünf Jahren kontinuierlich um insgesamt 19,5 Prozent.

    Mit dem Koalitionsvertrag hatte sich der Bund dazu verpflichtet, sich an den Kosten für den Ausbau des Gewalthilfesystems zu beteiligen. Die paritätischen Landesverbände Baden-Württemberg, Bayern und Rheinland-Pfalz und die „Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser” (ZIF) forderten in diesem Zuge, das sogenannte Gewalthilfeschutzgesetz zu verabschieden. Dieses sollte allen von Gewalt Betroffenen einen Rechtsanspruch auf einen kostenfreien Zugang zu Schutz und Beratung garantieren. Denn der Istanbul-Konvention zufolge fehlen in Deutschland 14.000 Plätze in Frauenhäusern. Trotz der immer stärker zunehmenden Gewalt gegen Frauen gibt es immer noch keine klare Einigkeit für das Gesetz und keine festen Zusagen für die ausreichende Finanzierung dieses Bereichs im Bundeshaushalt.

    Keine Kindergrundsicherung, aber Geld fürs Militär

    Zudem gibt es keine Sicherheit, ob 2025 endlich die Kindergrundsicherung eingeführt wird. Diese würde vor allem alleinerziehenden Müttern helfen, über die Runden zu kommen. Stattdessen wird der Kindersofortzuschlag um lächerliche fünf Euro erhöht und steht nun bei 25 Euro. Das Budget der Kindergrundsicherung bleibt weiterhin bei zwei Milliarden gedeckelt. Dabei wären laut dem Sozialverband VdK mindestens 25 Milliarden Euro pro Jahr notwendig, um die weitaus höheren Folgekosten in absehbarer Zukunft zu vermeiden.

    Es zeigt sich also, dass nichts getan wird, um die Lage der arbeitende Frauen zu verbessern. Stattdessen werden sie immer weiter in prekäre Bedingungen gedrängt und vernachlässigt. Wofür die Ampelregierung jedoch eifrig Geld ausgibt, sind die Ausgaben für das Militär. Trotz einem Anstieg des Budgets um 1,2 Milliarden Euro fordert unter anderem der Bundeswehrverband deutlich mehr Geld.

    Angesichts der von Olaf Scholz ausgerufenen Zeitenwende und der auf Hochtouren laufenden Kriegspropaganda ist damit zu rechnen, dass die Ampel auf diese Forderungen zumindest teilweise eingehen wird, um Deutschland auch wirklich kriegstüchtig zu machen. Dass die angeblich fortschrittliche Demokratie damit unter anderem die Lage von Frauen immer weiter verschlechtert, scheint bisher niemanden in der Regierung zu stören.

    „Zeitenende statt Zeitenwende?“ – Bundeswehrverband macht Druck nach Haushaltsentwurf

    • Autorin bei Perspektive seit 2024. Schülerin aus Oberfranken, interessiert sich für Klassenkämpfe weltweit und die Frauenrevolution. Denn wie Alexandra Kollontai damals schon erkannte: Ohne Sozialismus keine Befreiung der Frau – ohne Befreiung der Frau kein Sozialismus!

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