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Montag, August 26, 2024
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    Schweiz: Freispruch nach rassistischem Polizeimord

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    Im Jahr 2018 starb der Nigerianer Mike Ben Peter in Lausanne durch Polizeigewalt. Nun hat das Kantonsgericht die verantwortlichen Polizisten freigesprochen.

    Vor mehr als sechs Jahren wurde der 39-jährigen Mike Ben Peter in der Schweizer Stadt Lausanne getötet. Er geriet ins Visier einer Drogenkontrolle der Polizei und sollte dabei verhaftet werden. Als Peter sich weigerte, dem Polizisten seine Hände auszustrecken, damit dieser ihm Handschellen anlegen konnte, sprühte der Polizist ihm Pfefferspray direkt ins Gesicht und trat ihm mehrfach in die Genitalien, während er Verstärkung rief.

    Peters Anwalt Simon Ntah schildert gegenüber der Plattform Watson: „Sechs Polizisten drückten Mike Ben Peter auf dem Bauch zu Boden und legten seine Hände hinter den Rücken. Sie hielten den Druck mit den Knien aufrecht, während sie seine Beine anhoben“. Minutenlang setzt sich das Geschehen fort, eine Zeugin berichtet von lauten Schmerzschreien. Als Peter irgendwann nicht mehr atmete, riefen die Beamt:innen einen Rettungswagen und versuchten ihn zu reanimieren.

    Nur einen Tag später verstarb der Mann im Krankenhaus. Laut der Autopsie war die Todesursache Peters ein Herzstillstand, Spuren von Drogen wurden bei der Untersuchung seines Blutes nicht festgestellt. Während die Polizist:innen erst einmal im Dienst blieben, nahm die Lausanner Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen fahrlässiger Tötung auf. Erst im vergangenen Jahr wurden alle sechs Polizist:innen freigesprochen, zusätzlich entschädigt und sind seitdem wieder im Dienst bei der Polizei.

    Der Gerichtsprozess – Gerechtigkeit für Mike oder Klassenjustiz?

    Nachdem Mikes Witwe und Bruder Einspruch gegen das Urteil erhoben hatten, wurden die Polizist:innen am letzten Montag nun endgültig freigesprochen. Außerdem wurden die Angeklagten vom Vorwurf des Familienanwalts freigesprochen, Amtsmissbrauch begangen zu haben.

     „Bilel ist ein Kämpfer“ – Demonstration gegen Polizeigewalt in Herford

    Während solidarische Aktivist:innen im Zuge des Gerichtsprozesses Gerechtigkeit für Mike forderten, zielte die Argumentation der Verteidigung vor allem auf eine rassistische Entmenschlichung durch staatliche Stellen ab.

    Das gesamte Vorgehen der Polizei in der Tatnacht wurde hauptsächlich dadurch legitimiert, dass Mike Ben Peter angeblich gefährlich oder widerständig gewesen sei. Die Fakten sprechen jedoch klar dagegen. Sogar aus der Schilderung einer der Täter:innen wird deutlich, dass Peter die Beamt:innen nie angegriffen hat. Während des Prozesses diskutierten die Verteidiger:innen der beklagten Polizisten klar an der Sachlage vorbei und betonten immer wieder den „kräftigen Körperbau“ des Getöteten. Weiterhin bezeichneten sie seinen Hilfe- und Schmerzensschrei als „Laute“ und „Grunzen“.

    Wie geht es weiter?

    Zu den Gerichtsterminen der vergangenen Wochen erschienen spontan viele solidarische Menschen vor dem Gerichtssaal zu einer spontanen Protestaktion. Ebenso finden in Reaktion auf die neueste Urteilsverkündung vielfache Aktionen gegen Polizeigewalt statt. Außerdem mobilisiert das Kollektiv „KIBIKO” gemeinsam mit der Familie dazu, in einer zweiten juristischen Etappe aktiv zu werden.

    Das Kollektiv rief des Weiteren zu einer Demonstration in Gedenken an Mike Ben Peter in Lausanne in der Nähe seines Todesorts auf. Schon seit Jahren organisiert die Gruppe immer wieder Veranstaltungen gegen rassistische Polizeigewalt.

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