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Freitag, September 13, 2024
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    Bundeshaushalt 2025: Kommen noch mehr Kürzungen?

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    Nach zähen Diskussionen hat die Ampel-Regierung einen neuen Entwurf für den Haushalt 2025 vorgelegt. Trotz bereits geplanter Kürzungen in den Bereichen Arbeitslosengeld, Gesundheit und sozialer Inklusion bleibt die Finanzierung unsicher. Weitere Kürzungen des Sozialstaats sind nicht auszuschließen.

    Im Entwurf für den Bundeshaushalt 2025 klafft eine Lücke von ca. 12 Milliarden Euro. Wie diese zu schließen wäre, war in den vergangenen Monaten ein zentrales Streit-Thema bei der Ampel-Regierung. Eigentlich war der Haushaltsentwurf nämlich schon Ende letzten Monats „beschlossen“. Finanzminister Christian Lindner (FDP) hatte jedoch aufgrund rechtlicher und wirtschaftlicher Bedenken Gutachten in Auftrag gegeben, die seine vorgetragenen Vorbehalte teilweise bestätigten.

    Streit um Haushaltsentwurf wegen Schuldenbremse

    So sollten ursprünglich 4,9 Milliarden Euro, die eigentlich für die Gas- und Strompreisbremse vorgesehen waren, nun für den Haushalt 2025 verwendet werden. Dieses Vorgehen wurde von den Gutachten und Minister Lindner jedoch als verfassungsrechtlich riskant kritisiert. Nicht ohne Grund: Im vergangenen Jahr urteilte das Bundesverfassungsgericht, dass die Umschichtung von 60 Milliarden nicht genutzter Corona-Hilfen für den Klimaschutz verfassungswidrig waren. Abgeordnete der Unionsfraktion hatten wegen dieser Umgehung der in der Verfassung verankerten Schuldenbremse geklagt.

    Haushalt 2025: Warum sich Kanzler und Finanzminister überwerfen

    Durch finanzielle Tricks und die Umschichtung von Geldern insbesondere bei der Deutschen Bahn konnte die Haushaltslücke etwas verringert werden. Statt Zuschüssen soll die Deutsche Bahn stattdessen zusätzliches Eigenkapital erhalten, darüber hinaus ein Darlehen von 3 Milliarden Euro, das die Schuldenbremse nicht antastet.

    Globale Minderausgabe von zwölf Milliarden Euro

    Dennoch bleiben 12 Milliarden Euro, deren Finanzierung nicht geklärt ist. Die Lösung? Die sogenannte „Globale Minderausgabe” (GMA): Bei dieser wird davon ausgegangen, dass ein Teil der geplanten Ausgaben nicht abfließen werden. Dies kann beispielsweise daran liegen, dass sich geplante Projekte verzögern. Und tatsächlich sind auch – Stand heute – insgesamt 76 Milliarden an nicht genutzten Mitteln für Bund und Länder aus dem vergangenen Jahr vorhanden. Hierbei geht es zum Beispiel um milliardenschwere, aber noch nicht umgesetzte Bauprojekte, aber auch um Förderprogramme, um die sich viele Kommunen aufgrund des bürokratischen Aufwands erst gar nicht bewerben. Diese nicht ausgegebenen Gelder bleiben dennoch zunächst für die entsprechenden Projekte reserviert – und können nicht so einfach umgeschichtet werden.

    Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) zeigt sich deshalb auch nicht sonderlich zufrieden mit der angeblich durch die GMA-gedeckten Haushaltslücke: „Es wäre üblich, den Haushalt mit einer Deckungslücke von 2 Prozent, also rund 9 Milliarden, zu verabschieden. Eine Lücke von 12 Milliarden ist aber eher unüblich. Weil es zu viele Vorfestlegungen gegeben hat, ist es noch nicht gelungen, sie zu verkleinern.” „Unüblich” ist die Lücke tatsächlich – sie ist die größte Finanzierungslücke in einem Bundesetat seit zwanzig Jahren.

    Steuerverschwendung mit dem Geld der Arbeiter:innen

    Final ist der Bundeshaushalt 2025 also immer noch nicht durch. Im September werden sich Bundestag und Bundesrat wieder zum Haushalt beraten. Ende November diskutiert dann der Bundestag den Haushalt in zweiter und dritter Lesung erneut und beschließt ihn. Die endgültige Veröffentlichung des Haushalts geschieht dann erst Ende Dezember 2024. In diesem ganzen Prozess können erneut einige der geplanten Kürzungen zurückgenommen, jedoch auch weitere Kürzungen beschlossen werden.

    Einsparungen durch sozialen Kahlschlag

    Bereits jetzt zeichnet sich ab, dass der Bundeshaushalt 2025 eine weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen für Arbeitslose darstellen wird: Die Bundesregierung will im Vergleich zu 2024 für Arbeitslose 5,5 Milliarden weniger ausgeben. Auch will sie mit mehr Anreizen und Sanktionen Menschen in die (meist prekäre) Lohnarbeit drängen. So kündigt Habeck nicht nur ein „Prämienmodell“ für Langzeitarbeitslose – sollten sie in den regulären Arbeitsmarkt gehen – an, sondern zusätzlich auch, „dass die Überwachung dessen, dass man angebotene Arbeit auch annimmt, strenger durchgeführt wird, dass also die Sanktionen nachgeschärft werden“. Menschen, die ‘schwarz’ arbeiten, sollen somit noch härter sanktioniert werden.

    Auch die Kürzungen im Gesundheitswesen sollen weitergeführt werden. Flossen 2023 noch 24,48 Milliarden in die Gesundheit, waren es bereits 2024 nur noch 16,7 Milliarden, und für das kommende Jahr sind 16,4 Milliarden geplant. Migrantische und geflüchtete Menschen werden weiterhin in prekäre Jobs gedrängt – und schließlich sollen selbst Sprachkurse, die für viele Jobs eine zentrale Voraussetzung sind, künftig nur noch mit 500 Millionen statt mit 1,1 Milliarden gefördert werden. Die Inklusion von Menschen mit Behinderung wird ebenfalls als Einsparmöglichkeit gesehen: Wurden im Haushalt 2024 noch 532,7 Millionen Euro veranschlagt, sind es jetzt nur noch 409,65 Euro.

    Haushalt 2025: Frauen im Schatten der Zeitenwende

    Für Christian Lindner sind diese Sozialkürzungen anscheinend immer noch nicht genug. Mit weiteren Einsparungen muss also gerechnet werden: Ein mögliches Gebiet für sozialen Kahlschlag wird die Rente sein: Wie bereits von der sogenannten „Wirtschaftsweisin” Veronika Grimm empfohlen, könnte die 2014 eingeführte „Mütterrente” abgeschafft werden. Diese wird von 9 Millionen Frauen bezogen, die vor 1992 ihre Kinder bekamen und somit zumindest zeit- und teilweise aus dem Arbeitsmarkt wegfielen. Ihnen würden bei Streichung der Mütterrente durchschnittlich 107 Euro monatlich fehlen. Die ärmsten 20 Prozent der Frauen hätten damit noch einmal gut 8 Prozent weniger Einkommen.

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