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Samstag, Oktober 5, 2024
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    Türkischer Faschismus: Pogrome gegen syrische Geflüchtete

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    Seit mehreren Tagen greifen Mobs in mehreren türkischen Städten syrische Geflüchtete an. Vorbereitet wurden die Pogrome von jahrelanger faschistischer Hetze und unverhohlenem Rassismus der bürgerlichen Parteien.

    Am Sonntagabend verbreitete sich in türkischen sozialen Netzwerken die Nachricht, dass ein syrischer Geflüchtete ein minderjähriges Mädchen sexuell missbraucht habe. In der zentralanatolischen Stadt Kayseri stürmte daraufhin ein Mob türkischer Faschist:innen auf die Straßen und griff gezielt Läden, Häuser und Autos syrischer Geflüchteter an. Auch in anderen Städten wie die entlang der syrisch-türkischen Grenze gelegenen Urfa, Gaziantep und und Reyhanlı brannten Türk:innen syrische Läden nieder. Mittlerweile berichten Beobachter:innen von mindestens einem Lynchmord, bei dem ein syrischer Jugendlicher getötet wurde.

    Dazu kommt, dass Ende der Woche quasi über Nacht die persönlichen Daten von knapp drei Millionen, in der Türkei lebender Syrer:innen auf Telegram geleakt wurden. Zum Teil seien die konkreten persönlichen Informationen zwar veraltet, doch schon vorher haben türkische Faschist:innen Gruppenchats in Messenger-Diensten genutzt, um gezielte Angriffe zu koordinieren – was sich mit dem Datenleck noch zuspitzen könnte.

    Angestachelt werden die Angriffe auf Syrer:innen außerdem durch die sich momentan ebenfalls ausbreitenden Unruhen in Nordsyrien, wo sich Syrer:innen gegen die türkischen Besatzer wenden. Dort gehen die vormals von Erdoğan unterstützten Islamist:innen nun gegen die türkische Armee vor – aus Vergeltung dafür, dass Erdoğan offenbar eine Aussöhnung mit Syriens Präsidenten Bashar al-Assad anstrebt.

    Hetze gegen Syrer:innen hat System

    Der Vorsitzende der faschistischen „Zafer”-Partei „Ümit Ozdağ” sprach in Bezug auf die Pogrome gegen syrische Geflüchtete anerkennend von einer „Explosion des Zorns“. Doch nicht nur die Zafer-Partei hetzt systematisch gegen Migrant:innen und Geflüchtete – Rassismus gehört auch bei bürgerlichen Oppositionspolitiker:innen wie Kemal Kılıçdaroğlu fest zum Repertoire. Syrische Geflüchtete wurden vom türkischen Präsidenten Erdoğan außerdem immer wieder als „Verhandlungsmasse” und Faustpfand in politischen Erpressungsversuchen mit europäischen Staaten, vor allem auch der BRD, benutzt.

    Die „Ezilenlerin Sosyalist Partisi” (deutsch: Partei der Unterdrückten, kurz ESP) verurteilt die Pogrome und erklärt in einem Statement: „Die nationalistische, chauvinistische Politik des faschistischen Regimes, welche uns armen Arbeiter:innen spaltet, nimmt heute Kindesmissbrauch als Aufhänger und macht syrische Flüchtlinge zum Sündenbock.” Die sozialistische ESP unterstreicht dabei die Rolle des faschistischen Systems, das sowohl die Vertreibung der Geflüchteten aus Syrien selbst als auch den Rassismus gegen sie hervorbringt: „Es ist der ‘Terror’ dieses faschistischen Regimes, der die syrischen Flüchtlinge vertreibt. Das ist der Trugschluss der Besatzungs- und Expansionspolitik. Unser Elend rührt durch die Kapitalisten und das faschistische Regime, welches sich den Profit, der durch billige und wertlose Arbeit durch Geflüchtete entsteht, aneignet.”

    Immer wieder Pogrome und Attentate

    Die derzeitigen Pogrome sind nicht die ersten Gewaltexzesse, mit denen sich türkische Faschist:innen gegen Minderheiten richten. Erst am 2. Juli jährte sich zum Beispiel das Pogrom von Sivas zum 39. Mal. 1993 verbrannten und erstickten dabei 35 Menschen alevitischen Glaubens in einem Hotel, nachdem Islamisten Brandsätze auf das Gebäude geworfen hatten. Die Polizei hatte damals den islamistischen Angreifern geholfen.

    Am 20. Juli jährt sich außerdem der Bombenanschlag auf sozialistische Jugendliche in der türkisch-syrischen Grenzstadt Suruç. Dort hatten 2015 türkische Grenzbeamte einen islamistischen Selbstmordattentäter passieren lassen, der anschließend eine Jugendbrigade der ESP und ihres Jugendverbandes SGDF angriff und 33 Jugendliche ermordete. Auch in Deutschland werden rund um den 20. Juli wieder zahlreiche Demonstrationen und Kundgebungen in kämpferischem Gedenken an die ermordeten sozialistischen Jugendlichen stattfinden.

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