Am Samstag den 19. August wollen hunderte Faschisten in Berlin marschieren. Anlass ist der 30. Todestag des Hitlerfaschisten Rudolf Heß. Zahlreiche antifaschistische Initiativen rufen zu Gegenprotesten auf.
Wer war Rudolf Heß?
Rudolf Heß ist in der militanten, sich am Hitler-Faschismus orientierenden faschistischen Bewegung zu einer Symbolfigur geworden. Heß, der ein führendes Mitglied der NSDAP und bereits in den 1920er Jahren Teil der faschistischen Bewegung war, wird von ihnen als „Märtyrer“ verehrt.
Unter anderem arbeitete Heß mit an den „Nürnberger Gesetze“, die zum Beispiel die Ehe zwischen Jüdinnen und Nichtjuden verbot und den Start der antijüdischen Gesetzgebung einleiteten.
Heß wurde in Kriegsgefangenschaft genommen, als er an einem geheimen Flug nach Schottland teilnahm und sein Flugzeug abstürzte. In den Nürnberger Hauptkriegsverbrecherprozessen wurde er zu lebenslänglicher Haft verurteilt, die er im Militärgefängnis in Spandau verbrachte. Schon zu seinen Lebzeiten hatte er in der militanten neofaschistischen Bewegung eine große Bedeutung. Immer wieder kam es zu Kundgebungen vor dem Gefängnis. 1986 verübte sogar eine sich „Befreiungskommando Rudolf Heß“ nennende Gruppe einen Sprengstoffanschlag auf das Gefängnis in Spandau. Befreien konnten sie ihn aber genauso wenig wie die Gnadengesuche seiner Familie. Am 17. August 1987 beging er dort Selbstmord.
Um die Person Rudolf Heß ranken sich Mythen und Verschwörungstheorien. Unter anderem wird sein Selbstmord angezweifelt und es wird verbreitet, er sei von den Alliierten umgebracht worden. Dabei hatte Heß bereits mehrere Selbstmordversuche hinter sich und galt allgemein als psychisch labil.
Rudolf-Heß-Gedenkmärsche
Seit 30 Jahren eint der Todestag von Rudolf Heß die militante faschistische Bewegung. Seit dem ersten Jahrestag seines Selbstmord 1988 veranstalteten Faschisten bis 2005 jedes Jahr Gedenkmärsche in Wunsiedel, wo er begraben lag, oder anderen Orten. Dabei kamen bereits in den 1990ern verschiedene Teile der faschistischen Bewegung zusammen, bis hin zu faschistischen Terroristen, wie Beate Tschäpe und Uwe Mundlos. Höhepunkte dieser Aufmärsche waren Anfang der 1990er mit über 1000 Teilnehmern und 2004 mit fast 5000 Teilnehmern. In anderen Jahren konnten die Aufmärsche teils durch die großen antifaschistischen Gegenproteste vereitelt werden. 2005 wurde der Gedenkmarsch dann erstmals verboten. Seitdem kam es nur noch zu kleineren Aktionen der Faschisten rund um den Todestag.
Dieses Jahr mobilisieren Faschisten bundesweit und sogar im Ausland zu einem Gedenkmarsch nach Berlin-Spandau. Unter dem Motto „Mord verjährt nicht“ wollen die Parteien NPD, „die Rechte“, sowie Kameradschaften und „Autonome Nationalisten“ vom S-Bahnhof Spandau zum ehemaligen Kriegsverbrechergefängnis marschieren. Die Veranstaltung ist bisher für 500 Teilnehmer angemeldet. Die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus Berlin“ (MBR) warnt aber in ihrer Einschätzung, dass die mobilisierende Wirkung des 30. Todestages nicht unterschätzt werden dürfe. Einer der Gründe dafür sei, dass auf einem Rechtsrock-Konzert in Themar, an dem 6000 Faschisten teilnahmen, zum Gedenkmarsch aufgerufen wurde (Link). Deshalb wird mit einer Zahl von mindestens 1000 anreisenden Faschisten gerechnet.
Gegenproteste
Seit vielen Wochen rufen verschiedene Bündnisse zu Gegenprotesten auf. Neben Bündnissen aus SPD, Grünen und kirchlichen Verbänden, rufen auch zahlreiche antifaschistische Initiativen zu Protesten auf. Am Samstag wollen sie um 11 Uhr am Bahnhof Spandau starten. Ziel ist es den Aufmarsch zu verhindern durch Blockaden und andere Störaktionen.