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Donnerstag, März 28, 2024
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    Verbot von Plastiktüten reicht längst nicht aus

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    Vor ca. einer Woche gab Aldi als erster Discounter bekannt, dass es zukünftig keine Einweg-Tüten mehr an den Kassen geben wird. Ein Schritt in die richtige Richtung?

    An den Kassen von Aldi wird in Zukunft jeder Kunde seine eigene Tragetasche mitbringen müssen. Knapp ein Jahr, nachdem Plastikbeutel aus dem Sortiment genommen wurden, geht der Discounter noch einen Schritt weiter: Es werden auch keine Papiertüten mehr ausgehändigt. Es wird nur noch eine Notfallvariante aus 80% Recyclingmaterial geben. Viele Umweltverbände begrüßen die Veränderung zwar, sehen aber den Kern des Problems nicht angegangen.

    Ca. 52.000 Tonnen Plastiktüten enden jedes Jahr in Deutschland im Müll. Doch diese Summe macht weniger als 1 Prozent des gesamten Kunststoffabfalls aus. Wer aus einem Supermarkt mit vollen Einkaufstüten kommt, transportiert das meiste Plastik innerhalb den Tüten: Für die Verpackungen der eingekauften Lebensmittel werden mehr als ein Drittel aller produzierten Kunststoffe verwendet. Und diese Verpackungen landen meistens direkt oder nach kurzer Zeit im Müll, sind technisch nicht zu recyceln und werden daher einfach verbrannt.

    Plastik ist ein äußerst wichtiger Werkstoff in der modernen Ökonomie und Industrie. Es ist billig herzustellen und kann mit verschiedenen Eigenschaften produziert werden: Elastisch oder hart, wärmebeständig oder brennbar, je nachdem, was benötigt wird. Das „World Economic Forum“ schätzte in einem Bericht von 2016, dass sich die Verwendung von Plastik in den nächsten 20 Jahren verdoppeln wird. Es sieht aber auch, dass ca. 95% des weltweit verwendeten Plastiks nach einer kurzen Erstverbrauchsphase dem wirtschaftlichen Kreislauf verloren geht. Es landet auf Mülldeponien, im Meer oder wird verbrannt. Dadurch gehen jedes Jahr „80-120 Millionen US$ verloren“ und „die Produktivität von lebenden, natürlichen Systemen, wie dem Ozean, wird reduziert“.

    Man muss Plastik-Müll nicht als Kostenfaktor ansehen, um zu erkennen, dass er immense Schäden anrichtet. Ungefähr 30 Millionen Tonnen Kunststoffabfälle landen jedes Jahr im Meer. Viele davon sammeln sich in gewaltigen Inseln an der Oberfläche, wie der „Great Pacific Garbage Patch“ im Nordpazifik, der mittlerweile die Größe Mitteleuropas erreicht hat. Doch der größte Teil versinkt auf den Meeresboden. Es dauert ca. 500 Jahre, bis sich Plastik zersetzt. Selbst als zersetzte Teilchen ist Plastik noch gefährlich, es gibt immer noch Schadstoffe wie Bisphenol A, Phtalate usw. ab. Diese reichern sich in den Nahrungsketten der Meeresbewohner an und werden dadurch auch oft von Menschen mit der Nahrung aufgenommen. Die Folgeschäden sind noch gar nicht erforscht.

    Es gilt aber als sicher, dass die Verschmutzung der Meere eine große Rolle bei dem gewaltigen Artensterben (Link) spielt, das gerade in den Meeren zu beobachten ist. Manche Hochrechnungen berichten, dass es in wenigen Jahrzehnten mehr Plastikmüll als Meeresbewohner in den Meeren geben wird. Insofern ist jede eingesparte Plastiktüte natürlich ein Gewinn, der Löwenanteil liegt jedoch an anderer Stelle.

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